Gendern bei den Öffentlich-Rechtlichen: Meckern auf niedrigem Niveau

In Stellungnahmen zum neuen Medienstaatsvertrag schimpfen viele Bür­ge­r*in­nen übers Gendern. Beim Meckern sind die Deutschen gerne vorn dabei.

Claus Kleber und Gundula Gause im Nachrichtenstudio

Meister des stimmlosen glottalen Plosivs: Claus Kleber und Gundula Gause im ZDF-Nachrichtenstudio Foto: ZDF/dpa

Immer, wenn es was zu meckern gibt, sind wir Deutschen ganz vorn dabei. Vor allem, wenn es um die Öffentlich-Rechtlichen geht. 2.600 Stellungnahmen zum neuen Medienstaatsvertrag, der den Auftrag von ARD, ZDF und Deutschlandradio runderneuern soll, sind bei einer Online-Konsultation der zuständigen Rundfunkkommission der Länder zusammengekommen. Davon ist mit 2.500 Kommentaren der Lö­w*in­nen­an­teil von ganz normalen Menschen. Der Rest stammt aus der Branche selbst, ihren Verbänden und von der Politik.

Am Donnerstag bekommen die Me­di­en­re­fe­ren­t*in­nen der Bun­des­län­de­r jetzt einen ersten tieferen Einblick in die Ergebnisse präsentiert. Was bislang schon rausgesickert ist, stürzt ei­ne*n allerdings in milde Verzweiflung. Denn die meisten Eingaben der Bür­ge­r*in­nen beschäftigen sich höchst negativ mit dem Thema Gendern. Der Tenor ist eindeutig: Gendern ist Schrott, nervt und bitte weg damit! Dabei kommt Gendern im Entwurf für den neuen Medienstaatsvertrag überhaupt nicht vor.

Die ARD hatte Mitte 2021 schon eine ähnliche Befragung gemacht und knapp vier Wochen zum Zukunfts-Dialog aufgerufen. Kann sich zwar kaum wer dran erinnern, weil es immer noch keine Ergebnisse gibt. Aber immerhin stehen bis diesen Mai die eingereichten Ideen und Beiträge noch auf der Website.

Auch hier gab es kritische Stimmen zum Gendern. „Stern und Doppelpunkt sind wohl gut gemeint. Doch als schwuler Mann fühle ich mich durch die Gendersprache eher sexualisiert und markiert. Sie macht alles nur noch schlimmer“, heißt es da beispielsweise in einer Rückmeldung.

„Groteske Sprachexperimente“

„Groteske Sprachexperimente“ würden dafür sorgen, „dass gegenderte Inhalte oder die Probleme der LGBT-Gruppe von einer genervten Mehrheit nicht mehr ernst genommen werden“. Echt jetzt! Und deswegen geschlechtergerechte Sprache abwürgen? Kann die Debatte nicht einfach ein bisschen entspannter geführt werden? Wir üben hier doch alle noch!

Das bedeutet Auswüchse, Absurditäten und seltsamerweise eine bizarre Angst, man(!) würde hier etwas verlieren. „Ist doch aber wichtig, dass alle mitgenommen werden und keiner draußen bleibt. Das Besondere ist, die Achtsamkeit zu haben, was und wie es gesagt wird“, sagt die Mitwohnende.

Denn wie leicht Gendern sein kann und worauf es ankommt, zeigt zum Beispiel das Buch „Gender-leicht“ von Christine Olderdissen. Da heißt ein Kapitel „Respekt! Höflichkeit! Divers!“ und gilt auch fürs Meckern über die Öffentlich-Rechtlichen. Ausführliche Rezension folgt.

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2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"

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