Gendergerechte Sprache an Uni Hamburg: Uni-Präsident pfeift Vorstoß zurück
Die Gleichstellungsbeauftragte der Uni Hamburg gibt Empfehlung für gendergerechte Sprache heraus. Doch der Uni-Präsident bittet um Nichtbeachtung.
Paschke-Kratzin hatte eine Empfehlung zu gendergerechter Sprache sowie zu inklusiven Anredeformen veröffentlicht. Diese hat zwar keine rechtliche Grundlage, es seien aber immer wieder Mitarbeiter*innen zu ihr gekommen und hätten um Hilfe zu gendergerechten Formulierungen gebeten, sagt Paschke-Kratzin.
Die gültige Handreichung des Senats ist auf dem Stand von 1955. Diese sieht zwar bereits neutrale Formulierungen vor wie etwa Pluralbildungen, jedoch keine Gendersternchen (*) oder -gaps (_). Zudem gibt es keine Vorgaben für inklusive Anredeformen wie das weitgehend eingebürgerte „Liebe Studierende“ als neutrale Anrede der Lernenden an Hochschulen.
Durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Oktober 2017 ist es möglich, sich neben den bisherigen Geschlechtern männlich und weiblich nun auch einer dritte Option zuzuordnen. Aus diesem Grund sind die bisherigen Leitlinien des Senats für Paschke-Kratzin nicht ausreichend: „Es ist ein Gebot der Höflichkeit und des respektvollen Umgangs, dass alle Menschen in die Sprache integriert werden“, findet sie. In anderen Städten wie Hannover ist das bereits in die Praxis umgesetzt worden, Hamburg hinkt hinterher.
Angelika Paschke-Kratzin, Gleichstellungsbeauftragte
Derzeit prüfe der Senat, wie eine diskriminierungsfreie Verwaltungssprache, die alle gleichermaßen adressiert, ausgestaltet werden könnte, etwa in Anreden oder Formularen; dafür gebe es bereits eine Arbeitsgruppe, sagt Julia Offen, Sprecherin der Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung. „Ziel ist es, auch für Hamburg eine neue Empfehlung auszusprechen.“
Eine klare Positionierung der Politik und den Ersatz des zurückliegenden Senatsbeschlusses durch einen neuen erwartet auch die Universität. Die Pressesprecherin des Präsidenten, Merel Neuheuser, sagt dazu: „Die Politik vermochte es bisher noch nicht, ein so bedeutsames Urteil wie das des Bundesverfassungsgerichts in politische Praxis und in Regierungshandeln umzuwandeln.“
Bis dahin bittet Lenzen, obwohl es keinerlei Überprüfungsmechanismen für Sprachvorschriften gibt, dennoch „darum, in der dienstlichen Kommunikation bis auf Weiteres den bisherigen Regelungen zu folgen“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Preise fürs Parken in der Schweiz
Fettes Auto, fette Gebühr
Rekordhoch beim Kirchenasyl – ein FAQ
Der Staat, die Kirchen und das Asyl