Gemüse ohne Folie wird schlecht: Ohne Plastik noch mehr Müll
Derzeit landen mehr Gurken als üblich im Müll, weil sie ohne Plastikfolie den Transport aus Spanien oft nicht heil überstehen.
Derzeit kommen die Gurken vor allem aus Spanien. Der Weg vom Feld zum Supermarktregal dauert länger als im Juli oder August, wenn die Gurken in Deutschland Saison haben. Und das bei den Deutschen beliebte Gemüse ist von Natur aus sensibler, als man denkt. Hitze, Stöße, all das verträgt sie nicht, da sie zu 96 Prozent aus Wasser besteht. So landen nun tonnenweise spanische Salatgurken auf dem Müll – und die Händler klagen über große Verluste.
„Die Abschriften haben sich verdoppelt“, erklärt Christian Böttcher vom Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels. Die Gurken schrumpelten, würden gelblich, ließen sich nicht mehr verkaufen. Dem Fachblatt Lebensmittel Zeitung erklärte unlängst ein Branchenexperte, es entstünde pro Lkw-Ladung ein Schaden von 25.000 Euro.
Henning Wilts leitet die Abteilung Kreislaufwirtschaft am Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt, Energie. Er sagt: „Nur auf das Plastik zu verzichten, das reicht nicht, Kühlketten müssen umgestellt, Transportzeiten verringert, Zwischenlager minimiert werden.“ Daran arbeiteten einige Ketten bereits. Es gehe.
Kunden stecken in einem Dilemma
Edeka zum Beispiel erklärte dieser Zeitung, bei ihnen gebe es mit unverpackten spanischen Gurken „keinerlei Qualitätsprobleme“, dafür gebe es eine „enge Zusammenarbeit mit den Produzenten vor Ort sowie effiziente Prozesse und Transportwege in der Logistik“.
Doch andernorts stecken „Kunden in einem Dilemma“, sagt Sonia Grimminger, Expertin für Verpackungen im Umweltbundesamt. Für Händler gebe es nach wie vor zwei Gründe, warum sie nicht auf eine Verpackung verzichten wollten: Die Lebensmittel hielten länger frisch, weil sie Sauerstoff, Licht, Reifegase abhielten. Außerdem argumentierten sie, dass sich mit ihnen Bioprodukte von herkömmlichen unterscheiden ließen. Wenn es also eine Verpackung sein soll? Entscheidend sei dann: „Sie muss recycelbar sein.“
In der Ökobilanz schneidet Papier schlechter ab
Tiefkühlhersteller Frosta ersetzt derweil Plastik durch Papier. Das Unternehmen aus Bremerhaven will spätestens Ende 2020 seine Produkte nur noch im Papierbeutel einpacken. Die könnten Kunden in die Altpapiertonne werfen, heißt es dort, sie seien „besonders leicht zu recyceln“. Papier? In der Ökobilanz schneide es oft schlechter ab als Plastik, sagt Expertin Grimminger: „Für die Herstellung wird mehr Energie und Wasser verwendet als bei Plastik.“
Aus Umweltsicht sei es immer am sinnvollsten, Gurken – und jedes andere Gemüse – nur dann zu kaufen, wenn es Saison hat, sagt sie am Ende. Dann müssten die Früchte nicht weit transportiert werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos