Gemeinnützigkeit für Attac: Attac unterliegt in Kassel
Das hessische Finanzgericht entscheidet: Attac ist nicht gemeinnützig. Die Globalisierungskritiker wollen bis zum Bundesverfassungsgericht ziehen.
Die Entscheidung des Hessischen Finanzgerichts in Kassel musste sich am höher stehenden Bundesfinanzhof (BFH) orientieren, der enge Vorgaben gemacht hatte. Der Kasseler Richter Helmut Lotzgeselle kritisierte diese und sagte, der BFH habe sein Urteil vom vergangenen Jahr anscheinend „mit heißer Nadel gestrickt“. Kern des Konflikts ist die Frage, wie politisch gemeinnützige Organisationen handeln dürfen. 2014 entzog das Finanzamt Frankfurt/Main Attac die Gemeinnützigkeit mit der Begründung, es handele nicht zuvörderst im Sinne der steuerbegünstigten Zwecke der eigenen Satzung. Stattdessen verfolgten die Globalisierungskritiker „allgemeinpolitische Ziele“.
Laut seiner Satzung fördert Attac unter anderem „Bildung“ und das „demokratische Staatswesen“. Neben zahlreichen anderen stehen diese Zwecke in der bundesweiten Abgabenordnung, der Basis für die Erteilung der Gemeinnützigkeit. Gegründet wurde Attac allerdings, um eine gerechte Globalisierung und höhere Steuern für internationale Konzerne durchzusetzen. Weil diese Ziele sich nicht in der Abgabenordnung finden, beruft Attac sich hilfsweise unter anderem auf die Bildung.
Die Auseinandersetzung zieht Kreise: Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs entzog das zuständige Berliner Finanzamt der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes die Gemeinnützigkeit, ebenso der Kampagnenorganisation Campact. Deshalb verlangen Umwelt- und Entwicklungsorganisationen wie der Bund für Umwelt und Naturschutz, die Deutsche Umwelthilfe und der Verkehrsclub VCD, die Abgabenordnung zu ändern: Gemeinnützige Zwecke sollen auch überwiegend oder sogar ausschließlich mit politischen Mitteln verfolgt werden dürfen. Zudem gibt es Vorschläge, die förderungsfähigen Zwecke zu ergänzen.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) lässt seine Fachleute schon länger an einer Neuregelung arbeiten – bisher ohne öffentliches Ergebnis. Auch ein Konsens mit den Bundesländern gestaltet sich schwierig. Einerseits hat etwa die CDU-FDP-Regierung von Nordrhein-Westfalen kein Interesse, linken Organisationen mehr Bewegungsspielraum zu verschaffen. Andererseits fällt wohl die Abgrenzung zu politischen Parteien schwer.
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