Geld für Klimaschutz: So könnte eine klimafreundliche Schuldenregel aussehen
Im schwarz-roten Vorschlag zur Reform der Schuldenbremse fällt das Klima hinten runter. Eine Denkfabrik schlägt vor, wie es besser gehen könnte.
Dabei bringt es eigene Herausforderungen mit sich, Klimaschutz mit Schulden zu finanzieren. Die Denkfabrik Dezernat Zukunft hat am Mittwoch einen Vorschlag vorgelegt, wie das gelingen könnte.
Unter den derzeitigen Verschuldungsregeln darf die Bundesregierung sich jährlich nur mit 0,35 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung neu verschulden. Seit Jahren kritisieren Ökonom*innen, dass dadurch dringend nötige Investitionen ausblieben.
Das Dezernat Zukunft (DZ) hat deswegen schon in einer anderen Studie vorgeschlagen, die 0,35 Prozent zu ersetzen mit einer Regel, die sogenannte „produktive Staatsausgaben“ zulässt. Damit meinen sie Ausgaben, die die Wirtschaft ankurbeln, indem zum Beispiel intakte Infrastruktur, besser ausgebildete Arbeiter*innen und modernere Maschinen Firmen leistungsstärker machen. Und wenn die Wirtschaft wächst, lassen sich auch die Zinsen aus den dafür aufgenommenen Schulden abbezahlen.
Geld für Klimaschutz ist volkswirtschaftlich sinnvoll
Unter der von CDU und SPD vorgeschlagenen Regel würde weiterhin eine numerische Grenze bei 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung gelten, mit einer Ausnahme für Verteidigungsausgaben.
Der Vorschlag des DZ könnte, je nach Auslegung, viele Investitionen ermöglichen: in Stromnetz und -speicher zum Beispiel. Aber „viele Ausgaben für Klimaschutz sind nicht unmittelbar wachstumsfördernd“, erklärt der Ökonom Felix Heilmann, Co-Autor der DZ-Studie. „Trotzdem sind sie volkswirtschaftlich sinnvoll, da sie zukünftige Schäden vermeiden. Das zeigt das Beispiel der Ahrtalflut.“
Werden zum Beispiel funktionierende Gasheizungen durch Wärmepumpen ausgetauscht, erhöhe sich weder der Kapitalstock noch das Wachstumspotenzial: Firmen können nicht besser produzieren, weil ihre Arbeiter*innen mit Strom statt Gas heizen.
Trotzdem erhöhten Klimaschutzinvestitionen langfristig das Gesamtvermögen der Gesellschaft, sagt Heilmann. Eine Tonne CO₂ in der Atmosphäre sorgt weltweit für 335 bis 940 Euro Klimaschäden. Wenn eine Investition also zum Beispiel 1.000 Tonnen CO₂-Ausstoß vermeidet, werden dadurch 335.000 Euro bis 940.000 Euro Folgeschäden vermieden. Kostet sie weniger, lohnt sich ein Kredit, argumentieren die DZ-Autoren.
Denn der Nutzen – vermiedene Klimafolgen – kommt ja auch zukünftigen Generationen zugute. Müssten nur die gegenwärtigen Generationen für die Kosten aufkommen, wäre das ungerecht. „Kredite beteiligen zukünftige Generationen“, sagt Heilmann, „die Finanzierungskosten werden gestreckt.“
„Öffentliche Klimafinanzierung hat eine sehr eigene Natur“, sagt Ökonom Heilmann. Beim Vorschlag des DZ, nur produktive Staatsausgaben mit Krediten zu finanzieren, braucht es deshalb eine Ausnahme für Klimaschutz. Die greift, wenn der Markt beim Klimaschutz versagt.
Auch im Klimaschutz große Finanzierungsbedarfe
Zum Beispiel lohnt es sich zwar für die allermeisten Hausbesitzer langfristig, eine Wärmepumpe einzubauen. Aber das heißt nicht, dass sie sich den Heizungstausch leisten können. Hier könnte der Staat eingreifen und Kredite vergünstigen oder die Wärmepumpe bezuschussen. Das Gleiche gilt für Batteriefabriken, die ohne Förderung zunächst nicht mit China mithalten können, oder den Ausbau des Wasserstoffnetzes, das erst mal laufen muss, bevor Unternehmen auf Wasserstoff umstellen.
Das DZ lässt offen, wer genau entscheidet, welche Marktversagen vom Staat ausgeglichen werden müssen und wie viel es kosten darf, das zu beheben – ein Punkt, an dem sich in der Umsetzung große Konflikte entzünden könnten.
Aber Studienautor Heilmann sieht den Vorschlag ausdrücklich als Einladung zur Diskussion: „Entscheidend ist, dass es auch für Klimaschutz große Finanzierungsbedarfe gibt, deren besondere Natur in klassischen Reformvorschlägen für die Schuldenbremse oft nicht ausreichend berücksichtigt wird.“
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