Geisel in Mali kommt frei: Marokko holt Deutschen raus
Der Geheimdienst Marokkos erreicht die Freilassung von Jörg Lange in Mali. Seit April 2018 befand sich der Deutsche in der Hand von Islamisten.
Die deutsche Hilfsorganisation „Help – Hilfe zur Selbsthilfe“ bestätigte am Samstag in Berlin Langes Freilassung. „Wir sind sehr erleichtert und dankbar, dass unser Kollege Jörg Lange nach über viereinhalb Jahren wieder zu seiner Familie zurückkehren kann. Unser großer Dank gilt allen Personen, die an dieser Freilassung mitgewirkt oder dabei unterstützt haben, insbesondere dem Krisenstab des Auswärtigen Amts, dem Bundeskriminalamt und weiteren beteiligten deutschen Behörden sowie Behörden und Freunden in Mali, Niger und Nachbarländern“, so Help-Geschäftsführerin Bianca Kaltschmitt.
Der Bauingenieur war nach Angaben der Hilfsorganisation deren Landesdirektor in Niger gewesen. Demnach betreute er dort Projekte in den Bereichen Gesundheitsvorsorge sowie Wasser- und Sanitärversorgung. Bewaffnete auf Motorrädern hatten den Mann am 11. April 2018 etwa 25 Kilometer südlich der Stadt Inates entführt.
Medienberichten zufolge erreichte am vergangenen Donnerstag Marokko die Freilassung Langes. Marokkanische Vermittler brachten ihn am Freitag zur deutschen Botschaft in Malis Hauptstadt Bamako, er wurde dann nach Casablanca geflogen.
Noch vier oder fünf weitere westliche Geiseln
Berichte, wonach Marokkos Geheimdienst für seine Tätigkeit eine Aufwandsentschädigung von Deutschland gefordert habe, wollten deutsche Behörden nicht kommentieren. Der „Islamische Staat in der Großen Sahara“ (ISGS) soll ein hohes Lösegeld für Lange gefordert haben – bis zu 20 Millionen US-Dollar, heißt es in einem Bericht. Die Terrorgruppe soll den Deutschen einst von den Kidnappern erworben haben.
Im August 2022 hatten französische Medien schon einmal gemeldet, Jörg Lange sei in der Region von Gao, wo auch die deutsche Bundeswehr im Rahmen der UN-Mission in Mali stationiert ist, gegen ein hohes Lösegeld freigekauft worden. Diese Information wurde dann wieder dementiert. Es wurde nun gemutmaßt, die Verhandlungen mit ISGS unter marokkanischer Ägide hätten sich über mehrere Monate hingezogen.
Bereits im Sommer 2003 soll Deutschland mit Millionensummen mehrere von bewaffeneten Islamisten aus dem Süden Algeriens nach Mali entführte europäische Touristen, darunter Deutsche, freigekauft haben. Dies werteten Kritiker später als unfreiwillige Anschubfinanzierung für die islamistischen Terrorgruppen, die damals begannen, sich aus Algerien kommend in Mali festzusetzen.
Es befinden sich jetzt nach einer AFP-Aufzählung noch vier oder fünf weitere westliche Geiseln in den Händen islamistischer Gruppen im Sahel: der Rumäne Iulian Ghergut (seit 4. April 2015), der Australier Arthur Kenneth Elliott (seit 15. Januar 2016), der US-Amerikaner Jeffery Woodke (seit 14. Oktober 2016), der Franzose Olivier Dubois (seit 5. Mai 2021) und möglicherweise seit dem 20. November 2022 der Deutsche Hans-Joachim Lohre, der damals auf dem Weg zur Sonntagsmesse in Malis Hauptstadt Bamako verschwand.
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