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Geheimtreffen der AfD mit NeonazisEine kleine Rücktrittswelle

AfD-Parteichefin Weidel trennt sich von ihrem Referenten, der an dem Treffen mit Neonazis teilgenommen hatte. Tausende kommen zu einer Demo in Leipzig.

Ein Leuchten gegen Rechtsextremismus: Proteste gegen die AfD am Montagabend in Leipzig

Berlin dpa/taz | Die AfD trennt sich von einem Mitarbeiter der Parteichefin Alice Weidel, nachdem dieser am bekanntgewordenen Treffen radikaler Rechter in Potsdam teilgenommen hatte. Der Arbeitsvertrag von Roland Hartwig als Weidels Referent „wird im beiderseitigen Einvernehmen aufgelöst“, teilte ein Parteisprecher nach einer Sitzung des Bundesvorstands am Montagabend in Berlin mit. Das gelte ab sofort. Eine nähere Begründung nannte er nicht.

In Folge der Recherche war zuvor auch beim Verein Deutsche Sprache (VDS) das Vorstandsmitglied Silke Schröder zurückgetreten, die den Recherchen zufolge ebenfalls an dem Vernetzungstreffen von Unternehmern, Neonazis und AfD-Mitgliedern im November teilgenommen hatte.

Der 69-jährige frühere Bundestagsabgeordnete Hartwig hatte an dem Treffen in einer Potsdamer Villa teilgenommen, wie ein Parteisprecher nach Bekanntwerden einer entsprechenden Recherche des Medienhauses Correctiv bestätigt hatte. Auf dem Treffen hatte der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, über die millionenfache Deportation Deutscher mit Migrationshintergrund gesprochen.

Gewaltsame Deportationen unter dem verharmlosenden Stichwort „Remigration“ hatte auch der Chef der völkischen AfD-Strömung, Björn Höcke, schon 2019 in seinem Buch angekündigt. Darin forderte er „ein großangelegtes Remigrationsprojekt“ mit „wohltemperierter Grausamkeit“.

Tausende kommen zu Protesten in Leipzig

Nach diesen früheren AfD-Angaben wusste Hartwig vor dem Treffen nicht, dass Sellner anwesend sein würde, obwohl dieser in der Einladung angekündigt war. Die Identitäre Bewegung steht auf der Unvereinbarkeitsliste der AfD, die eine Mitgliedschaft bei ihr ausschließt.

Die Berichte über das Treffen hatten breite Empörung ausgelöst. Am Montagabend gingen etwa in Leipzig mehrere tausend Menschen auf die Straße, um gegen die AfD, die Werteunion und Rechtsextremismus zu demonstrieren. Zuvor hatten am Wochenende bundesweit tausende Menschen gegen die AfD demonstriert und auch ein Verbot der extrem rechten Partei gefordert.

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17 Kommentare

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  • von Deportation war aber nirgendwo die Rede. Der Begriff wurde u.a. auch von der taz ins Spiel gebracht.



    Zeitonline am 20.10.2023: Bundeskanzler fordert Abschiebungen im großen Stil



    wo genau liegt jetzt der Unterschied zur AFD Position?



    Frage für einen Freund....

    • @brabbelkötter:

      Da gibts keinen Unterschied. Deportation, Abschiebung, Remigration....alles das Gleiche.

    • @brabbelkötter:

      Der Unterschied liegt darin, dass einzig und allein die AfD der identitären Idee aufgeschlossen gegenübersteht, Menschen mit Doppelstaatsangehörigkeit die deutsche zu entziehen, um sie abschieben zu können.

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    Im beiderseitigen Einvernehmen produzierte „Welle“.



    ==



    Vorsicht vor der Rhetorik in der Außendarstellung. Rechtsradikale greifen Stimmungen ab und reagieren auf Stimmungen. Die damit verbundenen Widersprüche nehmen die Rechtsradikalen in Kauf. Die affd geht davon aus, das dieses Verhalten eher nützlich ist als schadet.

    Faktische sachliche und personelle Zusammenhänge werden durch die affd verschleiert um jedwede sachliche Argumentation zu verhindern.

    Weidel/Hartwig wissen gemeinsam sehr genau was tun:



    Hartwig, der promovierte Assistent, war als Jurist für das Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht tätig um später in der Rechtsabteilung der Bayer AG die Leitung in der zentralen Patentabteilung zu übernehmen. Als Chef war er für die weltweite Verantwortung für den Bereich Recht und Patente des Bayer-Konzerns zuständig.

    Der Mann weiß daher wie man Wellen inszeniert die real betrachtet keine sind – defakto wird sich nichts an Hartwigs wichtiger Rolle als gefühlter Parteisekretär innerhalb der affd und in seinem Verhältnis zu Weidel ändern. Im Gegenteil.

  • Wenn man die Rücktritte noch namentlich aufzählen kann, ist es allerdings eine sehr sehr kleine Rücktritts"welle" ;-)

  • Ich denke, die Massenproteste gegen die AFD wirken.

  • Warum wird unser neuer Österreicher Sellner (aus Braunau?) nicht mindestens unter "unerwünschter Person" in D geführt? Haben denn auch ausländische Rassisten hier jede Narrenfreiheit?

    • @amigo:

      Es muss eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

      Da dies bei Sellner nicht vorliegt, darf er sich innerhalb der EU frei bewegen.

      • @SeppW:

        Dann muss wohl erst die Karre richtig in den Dreck gefahren sein?

        • @amigo:

          Naja, inwiefern gefährdet Sellner denn in schwerem Maße die öffentliche Ordnung oder die öffentliche Sicherheit ? Weil er in privaten Kreisen Vorträge hält und Bücher schreibt ?

          • @SeppW:

            Der Typ proklamiert Deportationen von Millionen Menschen. Er predigt Schwerstverbrechen und soll harmlos sein? Wo leben Sie?

            • @amigo:

              Naja, in einem Universum wo das Ganze nicht so einfch und simpel ist. Da reicht kein Correctiv-Journalismus als Ultima-Beweis aus. Da muss ein bisschen mehr Substanz da sein als nur angeblich gemachte Aussagen bei einer Privatveranstaltung und dem Inhalt mehrerer verfasster Bücher.

              Verstehen Sie das ?

              Aber naja, vieleicht sollte ich mal die Bücher vom Sellner lesen und nachprüfen ob da wirklich Dinge drinstehen, die das Wannseekonferenz 2.0-Framing rechtfertigen. Er legt ja jetzt mit dem Buch "Remigration. Ein Vorschlag" Ende Februar nach.

      • @SeppW:

        na ja, die begründung mußte auch vor gig jahren dafür herhalten, dem trotzkisten ernest mandel ein einreiseverbot zu erteilen. um in den genuß seines vortrages zu kommen mußten wir damals entweder nach wien oder nacch holland oder frankreich fahren. dort haben auch keine permanenten revolutionen stattgefunden, weil ernest mandel da weilte oder lebte. wie komisch - aber typisch für das D, was früher mal noch brauner war.

        • @Brot&Rosen:

          Das Einreiseverbot Mendels fiel zeitlich mit dem Radikalenerlass zusammen.



          Wir sollten froh sein, das wir aus diesen Zeiten raus sind, und sie uns nicht wieder herbeiwünschen.

          • @SeppW:

            Stimmt, mittlerweile bräuchten wir mit Blick auf den rechten Rand mindestens einen Extremisten-Erlass.

  • 6G
    663803 (Profil gelöscht)

    Genau auf die kleine Rücktrittswelle folgt eine weitere Radikalisierungswelle der extremen rechten ….. was ist gut daran? Gar nüscht

    • @663803 (Profil gelöscht):

      Das soll jetzt aber kein Argument dafür sein, dass Correctiv besser die Veröffentlichung unterlassen hätte?

      Die Konsequenzen aus dem vorigen Handeln - Teilnahme an dieser »Lehnitzsee-Konferenz« - hat ja nun jede Person für sich getroffen.



      Dass da nun mit der Aufdeckung der Teilnahme an dieser widerwärtigen »Konferenz«, die Journalisten an den persönlichen Konsequenzen einiger Teilnehmenden »schuld« seien, ist ja wohl pure Heuchelei.



      Hätten sie kein Problem damit gehabt, bestünde ja auch rein subjektiv kein Grund zum Rücktritt.