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Gehalt für Arbeit im GefängnisHinter Gittern wahre Mickerlöhne

Das Bundesverfassungsgericht verhandelt über Entlohnung von Strafgefangenen. Vielleicht bekommen sie künftig mehr Geld – um mehr abgeben zu können.

Die Häftlinge produzieren für die Anstalten, Behörden oder externe Kunden Foto: Armin Wegel/picture alliance

Karlsruhe taz | Niemand wird in Deutschland so schlecht bezahlt wie Strafgefangene. Sie erhalten im Schnitt 14 Euro für Ihre Arbeit – pro Tag. Dagegen haben zwei Betroffene geklagt. An diesem Mittwoch und Donnerstag verhandelt das Bundesverfassungsgericht über ihren Fall.

Derzeit betragen die Stundenlöhne für Strafgefangene, je nach Qualifikation, zwischen 1,37 Euro und 2,30 Euro. Der Mindestlohn, der in diesem Jahr von 9,82 Euro auf 12 Euro pro Stunde steigen soll, gilt im Gefängnis nicht. In den Strafvollzugsgesetzen der Bundesländer ist definiert, wie die mickrigen Knastlöhne zustande kommen: Es sind genau neun Prozent des Durchschnittsverdiensts der normalen Beschäftigten (auch „Ecklohn“ genannt).

Zwei Häftlinge aus Straubing (Bayern) und Werl (NRW) haben gegen ihre minimale Vergütung Verfassungsbeschwerde erhoben. Die Mickerlöhne verletzten ihre Grundrechte. Der 61-jährige Peter Roth aus Straubing wollte sogar selbst an der Verhandlung teilnehmen, doch sein Anstaltsleiter untersagte dies. Die persönliche Anwesenheit sei nicht erforderlich.

Die niedrige Entlohnung der Strafgefangenen wurde in Karlsruhe schon einmal beanstandet. 1998 entschied das Gericht: Auch Gefangenenarbeit müsse „angemessene Anerkennung“ finden. Den Gefangenen solle durch die Entlohnung „der Wert regelmäßiger Arbeit“ für ein künftig straffreies und selbstverantwortliches Leben vor Augen geführt werden. Dies folge aus dem Resozialisierungsgebot, das im Grundgesetz verankert sei.

Stundenlohn bisher: zwischen 1,37 Euro und 2,30 Euro

Daraufhin wurden die Gefangenenlöhne 2001 fast verdoppelt: von 5 auf nun 9 Prozent des Ecklohnes. Gegen die Neuregelung wurden zwar schnell wieder Verfassungsbeschwerden erhoben, doch Karlsruhe ließ die Regelung in einem neuen Beschluss 2002 passieren. „Die äußerste Grenze einer verfassungsrechtlich zulässigen Bezugsgrenze (ist) noch gewahrt“, hieß es damals.

Nun, 20 Jahre danach, sehen die Ver­fas­sungs­rich­te­r:in­nen aber doch Gesprächsbedarf und beraumten eine zweitägige Verhandlung an. Mehr als ein Dutzend Sachverständige wurden angehört. Zu Beginn verteidigten die Länder Bayern und NRW die Mickerlöhne.

Die Produktivität von Strafgefangenen liege im Schnitt nur bei 15 bis 20 Prozent normaler Beschäftigter, betonte Ministerialrat Marc Meyer aus München. Die Qualifikation sei gering, viele Insassen hätten Suchtprobleme und psychische Krankheiten. Sprachprobleme nähmen zu, immerhin seien 45 Prozent der Strafgefangenen Ausländer. Es dürfe auch nicht übersehen werden, so der Vertreter Bayerns, dass die Gefangenen ja keine Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung haben.

Außerdem betonte der bayerische Beamte: „Wir verdienen nichts an der Arbeit der Strafgefangenen. Im Gegenteil. Die Einnahmen aus der Arbeit im Gefängnis decken nur 7 Prozent der Kosten des Strafvollzugs.“ Bayern habe „keinen Spielraum“ für die Erhöhung der Knastlöhne – wegen der Ausgaben für Corona, ukrainische Flüchtlinge und Klimawandel.

Die Verfassungsrichter zeigten zu Beginn der Verhandlung noch keine klare Tendenz. Richter Peter Müller hielt es für ausreichend, „dass ein Gefangener, der arbeitet, mehr hat als ein Gefangener, der nicht arbeitet“. Seinem Kollegen Ulrich Maidowski genügte das nicht. „Es geht hier doch um Erwerbsarbeit und nicht um Beschäftigungstherapie.“

Die Richterinnen Astrid Wallrabenstein und Doris König ließen Sympathien für das österreichische Modell erkennen. Dort verdienen die Gefangenen deutlich mehr als in Deutschland, müssen dann aber auch für Kost und Logis bezahlen. Obwohl die Häftlinge am Ende nicht mehr Geld auf der Hand hätten, entspreche dies doch eher den Verhältnissen im Leben außerhalb der Mauern, auf das ja vorbereitet werden soll.

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10 Kommentare

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  • Im Radio wurde dazu gesagt, dass ein Knastaufenthalt pro Tag und Person 160 € dem Staat kostet. (Welches Bundesland habe ich mir nicht gemerkt).

  • Falls Sie den Artikel vom 21.07.2021 meinen, darin steht auch



    "Allein in der JVA Burg in Sachsen-Anhalt erwirtschafteten die Gefangenen in den Unternehmerbetrieben im Jahr 2019 einen Überschuss von mehr als 200.000 Euro"



    In einem Jahr, Wahnsinn! Soll das als Jahresüberschuss ein Witz sein? Wie viele Gefangene haben dafür geackert?



    Schon diese Fragen aus dem Artikel zeigen, dass man gar nicht gewillt ist, oder nicht in der Lage, sich betriebswirtschaftlich mit dem Thema auseinanter zu setzen



    "Und wo bleibt die Differenz zwischen dem Stundenlohn, den die Spedition ans Gefängnis zahlt, und dem Stundenlohn, den die Gefangenen erhalten? Immerhin dürften es rund sieben Euro pro Stunde sein." Ein Strafgefangener kostet in NRW übrigens knapp 150 €/Tag.

  • Wenn das Bild real ist und ich mir den Stuhl ansehe, scheint das Arbeitsstättengesetz im Knast ebenfalls nicht zu gelten. Wie soll eine Resozialisierung funktionieren, wenn man sich im Knast den Rücken kaputtgearbeitet hat?

    • @Biks:

      Werden Gefangene gezwungen zu arbeiten?

  • Wie wird denn beim österreichischen Modell Gerechtigkeit ggü. denjenigen hergestellt, die nicht arbeiten können oder es verweigern? Die bekommen doch ohne Bezahlung trotzdem Kost und Logis.

  • laut -correctiv- profitiert vw davon, warum lese ich das hier nicht?

  • zuerst sollten sie mal entschädigungen für ihre opfer bezahlen

  • Wie viel bezahlen Häftlinge für Miete, Heizung, Lebensmittel und Kleidung? Und wieviel bleibt einem Hartz-IV-Aufstocker vom Zusatzverdienst für die Stunde Mehrarbeit?



    Man kann, das ist richtig, nur Ungleiches sinnvoll vergleichen, aber dann muß man auch alle Unterschiede benennen und nicht nur ein paar gezielt gepickte Rosinen.

  • Es wird auf das Prinzip , rechte Tasche, linke Tasche hinauslaufen. Mehr Geld, aber dafür Kost und Logis bezahlen. Ist natürlich nicht netto null, da dann mehr Verwaltungsstellen benötigt werden, muss ja alles zertifiziert und individuell berechnet werden.

  • "Den Gefangenen solle durch die Entlohnung „der Wert regelmäßiger Arbeit“ für ein künftig straffreies und selbstverantwortliches Leben vor Augen geführt werden."



    Dieser Wert drückt sich auch darin aus, welche Unterkunft und welches Essen ich mir leisten kann. Von der Produktivität mal ganz abgesehen. Dann doch gerne das Modell Österreich.