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Geflüchtete in der BerufsausbildungEs gibt noch zu wenige Erfolgsgeschichten

Auf einer Fachtagung ging es um die Probleme von Geflüchteten bei der Berufsausbildung. Mahmood Achikzehi kann von einer Erfolgsgeschichte berichten.

Ein positives Beispiel für die gelungene Ausbildung von Geflüchteten liefert das ibis-Hotel am Potsdamer Platz in Berlin

Von

Marina Mai aus Berlin

Mahmood Achikzehi kam im Jahr 2015 nach Deutschland, als er gerade volljährig geworden war. Nach Asylanerkennung, Deutschkurs und mehreren Praktika begann der Afghane 2019 eine Ausbildung im Hotelfach. Im Hotel ibis Berlin City arbeitet er noch heute und soll bald zum Schichtleiter aufsteigen.

Eine Erfolgsgeschichte. Doch eine, die nicht selbstverständlich war. „Wegen Schwierigkeiten in der Berufsschule hatte ich mehrmals erwogen, die Ausbildung abzubrechen“, räumt der 28-Jährige ein. Schwierigkeiten machte ihm vor allem die Sprache. Zum Durchhalten motivierten ihn vor allem seine Stiefmutter und die Projektleiterin des vom Land Berlin geförderten Trägers ARRIVO Berlin Hospitality, der Geflüchtete auf eine duale Ausbildung vorbereitet.

„Denen bin ich heute noch dankbar“, so Achikzehi am Montag auf der Fachtagung „Wie die duale Ausbildung Geflüchteter im Gastgewerbe gelingt“. Er gibt seinen Optimismus weiter an Menschen mit Fluchterfahrung, die derzeit in seinem Hotel ausgebildet werden. „Ich gehe offensiv auf sie zu, wenn ich sehe, dass es Schwierigkeiten gibt. Ich kenne ja ihre Probleme aus eigener Erfahrung.“

Während die Zahl deutscher Staatsangehöriger sinkt, die in Berlin eine Berufsausbildung absolvieren, steigt die der Azubis mit Migrationshintergrund – allein im vergangenen Jahr um 17 Prozent gegenüber 2023. Im Gastgewerbe, wo Geflüchtete oft sogar Erfahrungen aus dem Herkunftsland mitbringen, haben sogar 44 Prozent der Auszubildenden einen Migrationshintergrund. „Sie kommen hauptsächlich aus Vietnam, Syrien und der Ukraine“, sagt die Integrationsbeauftragte Katarina Niewiedzial. Während die VietnamesInnen überwiegend zur Ausbildung angeworben wurden, sind SyrerInnen und UkrainerInnen oft geflüchtet.

„Hier muss mehr öffentliche Förderung rein“

Auch wenn es dazu keine Statistik gibt, weiß die Integrationsbeauftragte, dass die Abbruchrate in der dualen Ausbildung hoch ist – zu hoch. „Die Geflüchteten scheitern oft nicht an der praktischen Ausbildung, sondern der Berufsschule. Hier muss mehr öffentliche Förderung rein, vor allem Sprachförderung“, sagt sie. Sie frage sich, ob die Berufsschule immer so bleiben muss, „wie sie seit Jahrzehnten ist“, so Niewiedzial.

Ein Problem für den Erfolg von Ausbildungen bei Geflüchteten sei die zu langsame Arbeit des Landesamts für Einwanderung

Ein weiteres Problem für den Erfolg von Ausbildungen bei Geflüchteten sei die zu langsame Arbeit des Landesamts für Einwanderung. In vielen Fällen muss dieses einem Ausbildungsvertrag zustimmen. Hier fordert Niewiedzial eine Personalaufstockung zu Beginn jedes Ausbildungsjahres, denn die Zustimmung dauere oft Monate.

Oft seien Betriebe verunsichert, wenn die behördliche Zustimmung nicht rechtzeitig komme und würden von einem Ausbildungsvertrag absehen – auch bei Geflüchteten, die sich später bewerben. In anderen Fällen stoppt die Ausbildung, weil das Land das befristete Aufenthaltsrecht zu langsam verlängert, wenn es während der dreijährigen Ausbildungszeit abläuft. Auch das, so die Erfahrungen von TagungsteilnehmerInnen, führe oft zum Abbruch. Es gibt auch Fälle, wo Auszubildenden die Abschiebung droht.

Im Flüchtlingsjahr 2015 war Andreas Tölke noch Journalist und begann, sich ehrenamtlich für Flüchtlinge zu engagieren. Inzwischen macht er das hauptberuflich für geflüchtete Auszubildende im Restaurantfach im „Kreuzberger Himmel“. Die Aufnahme einer Restaurantbestellung könne bei Neulingen oft lange dauern, sagt er. „Doch sie werden so motiviert, Deutsch zu lernen, und viele deutsche Restaurantbesucher, die im Alltag nicht mit Geflüchteten zu tun haben, lernen hier Vertreter dieser Gruppe kennen.“

Sein Engagement für die Berufsausbildung Geflüchteter sei nicht allein altruistisch motiviert, sagt der 65-Jährige. „In ein paar Jahren brauche ich vielleicht eine Pflegekraft. Und woher soll die kommen?“

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