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Geflüchtete in UngarnKeine Weiterfahrt in Bicske

Etwa 500 Menschen haben die Nacht an einem Bahnhof in Bicske im Zug verbracht. Sie wehren sich gegen ihren geplanten Transport in ein Flüchtlingslager.

Protest am frühen Freitagmorgen in Bicske. Foto: ap

Bicske/Budapest ap/dpa/rtr | Angesichts Tausender Flüchtlinge am Budapester Bahnhof Keleti will Ungarn weitere Maßnahmen gegen unkontrollierte Einwanderung verabschieden. Das Parlament soll am Freitag über eine größere Militärpräsenz und schärfere Kontrollen an der Grenze zu Serbien abstimmen. Damit würden Schlepper, aber auch Migranten abgeschreckt werden, sagte Ministerpräsident Viktor Orban.

Serbiens Regierungschef Aleksandar Vucic warnte allerdings, eine Abweisung der Flüchtlinge in Ungarn könne in seinem Land zu einer gefährlichen Lage führen. Orban hatte zuvor bei Gesprächen mit EU-Spitzenpolitikern in Brüssel gesagt, die Flüchtlinge seien in erster Linie das Problem Deutschlands. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande machten sich ihrerseits für verpflichtende Quoten für alle EU-Staaten stark, über die die EU-Innenminister auf ihrem Gipfel am 14. September beraten sollen.

Etwa 500 protestierende Flüchtlinge haben die Nacht zum Freitag am Bahnhof im ungarischen Bicske im Zug verbracht. Sie wehren sich gegen ihren geplanten Transport in ein Flüchtlingslager. Nach Polizeiangaben nehmen sie das von den Beamten angebotene Essen und Trinken weiterhin nicht an.

Die Polizei will die Flüchtlinge an der Weiterreise nach Westen hindern. Sie waren in Budapest in einen Zug Richtung Sopron an der österreichischen Grenze gestiegen, in der Hoffnung, von dort nach Österreich zu gelangen.

Unerwartet stoppte die Polizei diesen Zug unterwegs in Bicske, 37 Kilometer westlich von Budapest. Sie forderte die Reisenden auf, auszusteigen. 20 Busse standen für ihren Transport in das Flüchtlingslager von Bicske bereit. Auch Dolmetscher waren da. Etwa ein Dutzend Flüchtlinge sei in das Lager gebracht worden, heißt es. Die übrigen blieben aber im Zug und bestanden darauf, nach Westen weiterzureisen.

Laut österreichischer Polizei verkehren weiterhin keine Fernzüge von Budapest nach Wien. Auf alternativen Routen seien am Donnerstag bis zum späten Abend rund 200 Flüchtlinge an den beiden größten Wiener Bahnhöfen angekommen, sagte ein Sprecher der Polizei Wien. Ein Großteil davon befinde sich bereits auf der Weiterreise Richtung Westen.

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4 Kommentare

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  • Es ist die Maskerade des Faschismus und latenten Rassismus versteckt hinter wohlmeinenden doch so schlauen Argumenten die ich auf in manchen Kommentaren entdecke. Es sind die Leute die während einer auf der Straße verblutet darüber diskutieren ob und wie man hilft. Selbst bestenfalls ihr Smartphone zücken um die Bilder kommentiert zu posten. Derweilen der Typ da mit dem Tod ringt.

    Ehrlich gesagt kotzen Sie mich an.

    Diese Gaffer, Dampfplauderer, Pseudointellektuellen,Ja-aber-Sager und P.C.ler.

    ERST MAL HELFEN, DANN WEITERSEHEN. DAS WÄRE MENSCHLICHER.

  • Mal alle Emotionen und Hässlichkeiten Orbans außen vor. Es ist ein unfassbar großes Dilemma - und zwar rein faktuell. Es ist ist nämlich ein sehr DEUTSCHE Sichtweise alle nach Deutschland zu lassen. WIE BITTE? Warum? Deutschland hat 80 Mio Menschen / 40 Mio Arbeitnehmer. Von diesen 40 Mio sind ca. 10 Mio der "Niedriglohnsektor" (Taxifahrer, Putzdienste etc.). Davon wiederum sind über 70% Migranten. Realistisch werden die meisten der Flüchtlinge in diese Sektoren gehen, was die 10 Mio unglaublich unter Druck setzen wird. Die 30 Mio Bio-DEUTSCHEN/Wohlintegrierten werden also von der Konkurrent gar nicht (wesentlich) betroffen sein, da die Sprache und die Kentniss der "Gepflogenheiten" ihnen einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil bringt (wieviele Flüchtlinge schreiben TAZ-Artikel?). Das heisst 10 Mio Niedriglöhner werden von einer "industriellen Reservearmee (Marx)" von 2 oder 3 Mio unter massiven Druck gesetzt. Oder anders? Warum endecken die Arbeitnehmer plötzlich ihre Menschenliebe? Dieselben porschefahrenden Männer die dem Pförtner seit Jahren eine Gehaltserhöhung von 10 € verweigern...Das heisst: die Lösung kann nicht lauten alle in ein oder 2 Länder. Die Folgen tragen nämlich nicht die "Helldeutschen" sondern die sozial Schwächsten und vielen Migranten die schon da sind. Daher finde ich - mit Verlaub - auch wohlfeile Artikel des hochprivilegierten Cohn Bendit für eine Anmassung. Er wird nämlich niemals dem "Verteilungkampf" ausgesetzt werden. Daher kann er schön drüber philosophieren das "WIR" das aushalten müssen.

  • Gibt es in Europa das Recht sich sein Asylland auszusuchen und ggf. per Verweigerung einer Nahrungsaufnahme durchzusetzen?

    Welche Forderungen sind menschlich verständlich und legitim aber dennoch nicht korrekt? Wie will Herr Junker 170.000 Geflüchtete umverteilen wenn die das gar nicht wollen?

    Es wird Zeit für einen europäischen Masterplan!

    Klare Vorgaben: Abholung in den Gebieten bevor den Geflüchteten durch Schlepper Gefahr droht, einheitliche Standards, einheitliche Eingliederung, rasche Eingliederung in die Gesellschaft, fairer Umgang mit Rechten und Pflichten. Uns muss klar sein, dass sich das Geflüchtete - "Problem" auf Jahre hinzieht und die Leute bei uns hemisch werden. Dies sollte Grundlage der Arbeit sein!

    Und es sollte eben kein Problem sein oder dazu werden.

    • @Tom Farmer:

      Viele Ihrer Punkte kann ich nachvollziehen. Nicht einleuchten will mir jedoch, weiso man bei politischem Asyl immer gleich die Migrations- und Einbürgerungskeule auspacken muss.

       

      Ich bin der festen Überzeugung, dass die Zustimmung in der Bevölkerung deutlich zunehmen würde, wenn es sich bei Asyl wirklich um Asyl bis zum Wegfall der Grundlagen und nicht um eine automatische Einbürgerung handeln würde.