Geflüchtete in Suhl: Thüringen sucht den Sündenbock

Nach den Zusammenstößen in einem Flüchtlingsheim: Rot-Rot-Grün gerät von allen Seiten unter Druck, sieht die Verantwortung aber beim Bund.

Ein Polizeifahrzeug vor einem Gebäude

Vor der Unterkunft in Suhl patroulliert die Polizei. Foto: reuters

BERLIN taz | Nach den Ausschreitungen in einer Thüringer Flüchtlingsunterkunft steht die rot-rot-grüne Landesregierung in der Kritik – von links wie von rechts. Der Tenor der Anschuldigungen: Die Erstaufnahmelager im Land seien zu voll.

In einer Unterkunft im südthüringischen Suhl hatten nach Polizeiangaben am Mittwochabend rund 50 Bewohner randaliert. Die Ausschreitungen sollen begonnen haben, als ein afghanischer Bewohner des Heims einen Koran zerriss und einzelne Seiten in die Toilette warf. Daraufhin gingen Mitbewohner auf ihn los. Später beschädigten die Angreifer das Gebäude und attackierten Polizisten und Passanten.

Die Unterkunft ist eigentlich für 1.200 Menschen ausgelegt. Derzeit wohnen dort aber rund 1.800 Menschen. Die Überfüllung könnte zur aggressiven Stimmung beigetragen haben. „Die Ereignisse zeigen, dass die Überbelegung der Erstaufnahmestellen dringend beseitigt werden muss, damit soziale Spannungen verringert werden“, sagte Ellen Könneker vom Flüchtlingsrat Thüringen. Die Organisation hatte die Zustände in Suhl und anderen Erstaufnahmelagern schon vor Wochen kritisiert. Sie fordert die Landesregierung auf, die Kapazitäten zu erhöhen und Flüchtlingen zu erlauben, bei Bekannten unterzukommen.

Auch die Opposition kritisiert die Überfüllung, fordert aber andere Gegenmaßnahmen: „Die Regierung muss dafür sorgen, dass Asylbewerber, deren Anträge abgewiesen wurden, zurück in ihre Heimat gebracht werden“, sagte CDU-Fraktionschef Mike Mohring dem MDR. Bisher führe Rot-Rot-Grün zu wenig Abschiebungen durch.

Ramelow sieht Bund in der Pflicht

In der Staatskanzlei weist man die Vorwürfe zurück und schiebt den schwarzen Peter weiter – an die Vorgängerregierung und nach Berlin. „Wir haben das Erstaufnahmesystem Anfang 2015 mit knapp 500 Plätzen vorgefunden und es bis jetzt auf knapp 3.000 erhöht“, sagte Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linkspartei). Die Überbelegung liege unter anderem daran, dass die Bundesregierung zu wenig Asylsachbearbeiter einstelle.

Ramelow schlug außerdem vor, Menschen verschiedener Ethnien „zumindest dann nicht auf engstem Raum zusammenzulegen“, wenn ansonsten religiöse oder kulturelle Konflikte drohten. So wolle er Ereignisse wie in Suhl künftig verhindern.

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