Gefängnisskandal in Augsburg: „Dimension der Vorfälle unterschätzt“
Im Augsburger Gefängnisskandal meldet sich nun auch der Justizminister zu Wort. Und es gibt erste personelle Konsequenzen.
Für große Fragezeichen hatte zuletzt vor allem der vom Bayerischen Rundfunk vermeldete Umstand gesorgt, dass Eisenreichs Ministerium schon seit einem Jahr über die Vorwürfe Bescheid wusste. Das bestätigte der Minister bei seinem Auftritt denn auch. Es gingen zu jeder bayerischen JVA regelmäßig Beschwerden beim Ministerium ein. Im Fall der JVA Augsburg-Gablingen habe es im Oktober 2023 jedoch eine E-Mail gegeben, die herausgestochen sei.
Die Mail habe eine damalige Ärztin der JVA geschickt und darin auf massive Missstände bei der Unterbringung von Häftlingen in den „besonders gesicherten Hafträumen“, den sogenannten BgHs, hingewiesen. Das Ministerium habe die JVA daraufhin um eine Stellungnahme und die Ärztin um eine Konkretisierung ihrer Vorwürfe gebeten. Außerdem sei der Fall an die Staatsanwaltschaft Augsburg weitergegeben worden.
Eisenreich nicht informiert
Als die Ärztin sich daraufhin nicht mehr gemeldet habe, seien vonseiten des Ministeriums keine weiteren Maßnahmen ergriffen worden. Insbesondere, darauf legt Eisenreich Wert, sei er selbst nicht informiert worden.
Dass die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ministeriums die Sache nicht zu hoch hängen wollten, erscheint zumindest im Rückblick überraschend – angesichts der Berichte der damaligen Anstaltsärztin, aber auch ehemaliger Häftlinge, Bediensteter und eines Seelsorgers über die Zustände in dem Gefängnis.
Darin geht es darum, dass Häftlinge in den BgHs teils mehrere Tage, in manchen Fällen sogar Wochen untergebracht worden, wobei die Voraussetzungen für eine solche Unterbringung nicht erfüllt waren. Auch die Art, wie dort mit ihnen verfahren worden sei, habe nicht den Regeln entsprochen. So seien sie nackt in die dunklen Kellerräume gesteckt worden, ohne Decke, ohne Matratze. Auch von regelmäßigen körperlichen Misshandlungen berichten Opfer und Ohrenzeugen.
Stellvertretende Leiterin vom Dienst suspendiert
Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft laufen, für eine abschließende Bewertung sei es zu früh, so Eisenreich. Rückblickend müsse man aber sagen, dass bei der Kontrolle von Gablingen noch mehr hätte passieren müssen. Möglicherweise sei die Dimension der Vorfälle im Ministerium auch unterschätzt worden.
Als erste Maßnahmen habe er nun ein Betretungsverbot gegen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verhängt, gegen die ermittelt werde. Ihnen sei auch die Führung der Dienstgeschäfte verboten worden. Die im Zentrum der Vorwürfe stehende stellvertretende Anstaltsleiterin sei vom Dienst suspendiert worden. Aber auch die eigentliche Leiterin, die nicht beschuldigt wird und gegen die auch kein Disziplinarverfahren laufe, sei vorläufig freigestellt worden. Eine neue Stellvertreterin sei kommissarisch eingesetzt worden und leite aktuell die JVA.
Im bayerischen Justizministerium selbst ist jetzt eine abteilungsübergreifende Taskforce eingesetzt worden, die sich um die interne Aufarbeitung kümmern soll. So stehe die Bearbeitung von Beschwerden auf dem Prüfstand. Unter anderem sollen sie künftig auch statistisch erfasst werden, um Auffälligkeiten schneller festzustellen. Besondere Beschwerden müssten künftig dem Minister mitgeteilt werden.
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