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Gedenkstätte geschändetRechte Drohungen in Hannover

Die Gedenkstätte Ahlem wurde mit antisemitischen Aufklebern geschändet. Ahlemer Bür­ge­r*in­nen wollen rechten Entwicklungen nun etwas entgegensetzen.

Volksverhetzende Aufkleber: Infoschild der Gedenkstätte Ahlem Foto: Gedenkstätte Ahlem/dpa

Hannover taz | „Gedenkstätte Ahlem“ steht auf dem großen Schild am Eingang, das die Be­su­che­r*in­nen begrüßt. Doch an vergangenen Sonntagvormittag lesen die Mit­ar­bei­te­r*in­nen dort auch: „Nazi Zone“ und „Junge Nationalisten“. Auf dem gesamten Gelände finden sie extrem rechte, antisemitische und volksverhetzende Sticker. Die Wand der Namen erinnert an die Opfer des Holocausts, die aus Ahlem deportiert oder vor Ort ermordet wurden. Ihre Infotafeln wurden mit „Israel mordet“ überklebt.

Einige dieser Sticker verweisen auf die Jugendorganisation der Partei „Die Heimat“ (früher NPD), andere geben keine Auskunft über ihren Ursprung. Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (Rias) Niedersachsen hat die Sticker analysiert. Sie schreibt, dass die an der Gedenkstätte verklebten Motive nicht nur in der extremen Rechten Verwendung fänden, sondern auch im antiisraelischen Aktivismus, etwa auf aktuellen antiisraelischen Versammlungen, die den Krieg thematisieren.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Gedenkstätte geschändet wurde. Bereits im vergangenen Jahr beschmierten Unbekannte die „Wand der Namen“ mit extrem rechten Parolen und verhöhnten die NS-Opfer. Im Januar dieses Jahres wurden am Holocaust-Gedenktag Kränze an dieser Wand abgelegt. Noch in derselben Nacht wurden sie von Unbekannten zerstört.

Rechte Sticker und Parolen werden nicht nur an die Gedenkstätte geschmiert, wie Rolf Schulz weiß. Er ist der Bezirksbürgermeister für die Stadtteile Ahlem, Badenstedt und Davenstedt. Schulz sieht einen Zusammenhang zwischen den Schändungen und weiteren rechten Sachbeschädigungen im Stadtteil. „In Ahlem gibt es zwei Orte, an denen rechte Sticker und Graffitis auftauchen: an der Gedenkstätte und rund um das Bürgergemeinschaftshaus“, sagt er der taz. „Ich sehe einen Zusammenhang zwischen den Taten und verurteile sie zutiefst.“

Es müsse etwas getan werden, sagt Schulz. „Das örtliche Jugendzentrum muss besser gefördert werden.“ Denn das versuche die Jugendlichen zu sensibilisieren, aber es fehlten die finanziellen Möglichkeiten.

Bedrohungen im Stadtteil

Doch es bleibt nicht bei Sachbeschädigungen. Hêvî Keskesor (Name geändert) steht an der Kreuzung gegenüber des Bürgergemeinschafts­hauses. Hier sprach sie im vergangenen Jahr eine Gruppe junger Männer an, die im Stadtteil rechte Sticker klebten. Sie wurde beleidigt und mit dem Tod bedroht (taz berichtete). Was ist seitdem passiert? Sie habe Anzeige erstattet, sagt sie. Ob die Bedrohung strafrechtlich weiter verfolgt wurde, wisse sie nicht.

Stattdessen wurde sie in diesem Sommer erneut von einer Gruppe bedroht: „In Ahlem bist du nicht mehr willkommen. Wenn ich will, mache ich deine ganze Wohnung kaputt.“ Sie erkannte zwei der Männer, die im vergangenen Jahr die Morddrohung ausgesprochen hatten, und rief die Polizei. Doch diese nahm die Personalien der Gruppe um Keskesor auf – und zwei Anzeigen gegen sie wegen Beleidigung. Ihr wird vorgeworfen, die mutmaßlichen Täter als Nazis bezeichnet zu haben.

Demonstration „Never again is now – Rechte Umtriebe stoppen!“: Sa, 4. 11., 12 Uhr, Bürgergemeinschaftshaus Ahlem

Keskesor zeigt auf die Mauer, die das Bürgergemeinschaftshaus von der Grundschule trennt. Auf diese wurde „NSDAP“ gesprüht. Die Schrift wurde durchgestrichen, ist aber noch deutlich lesbar. „Das macht mich so wütend“, sagt die Ahlemerin. „In vielen Randbezirken tauchen rechte Sticker und Graffiti auf. Aber die Besonderheit in Ahlem ist, dass Menschen bedroht werden und die Gedenkstätte geschändet wird“, sagt sie.

Mehrheitlich seien diejenigen, von denen sie im Sommer bedroht wurden, migrantisch. Dies sei jedoch kein Widerspruch zu den Geschehnissen in Ahlem, findet Keskesor. „Zwischen migrantischen und deutschen Rechten gibt es eindeutige Schnittmengen: Sie haben einen nationalistischen Stolz, verharmlosen Genozide und sind Antisemiten“, betont sie.

Engagierte Zivilgesellschaft

Ahlemer Bür­ge­r*in­nen wollen diesen Entwicklungen etwas entgegensetzen. Im vergangenen Jahr wurde die Initiative „Ahlem gegen Rechts“ gegründet. Sie entwarf Plakate und Sticker, die sie an die Ahlemer Haushalte verteilte. Auf Instagram postet sie Fotos ihres Erfolges: In Fenstern und auf Briefkästen von Privatpersonen und Geschäften hängen Aussagen: „Kein Kuchen für Nazis“, „Vielfalt ist die Antwort auf alles“ und „Ahlem gegen Rechts“.

Keskesor findet die Aktion toll. „Ich finde es super gut, dass so viel gemacht wird. Das zeigt mir, dass sich Ah­le­me­r*in­nen positionieren.“

In diesen Wochen findet im Stadtteil eine Veranstaltungsreihe vom Bündnis „Ahlem für Vielfalt“ statt. Es gab eine Filmvorführung, in der es um die Terroranschläge des NSU ging, und im Anschluss die Möglichkeit zum Austausch. In den kommenden Wochen finden ein Workshop über Gesellschaft und Vielfalt sowie ein Argumentationstraining gegen rechte Parolen statt.

Am vergangenen Sonntag – jenem Sonntag, an dem die extrem rechten und antisemitischen Sticker an der Gedenkstätte gefunden wurden – wurde bei einer Führung durch die Gedenkstätte der Rechtsruck in Deutschland thematisiert. Ein Mitarbeiter der Gedenkstätte leitete die Führung.

Über die Eindrücke konnten die Teil­neh­me­r*in­nen im Anschluss mit Yevgen Bruckmann diskutieren. Er ist der stellvertretende Vorsitzende der Liberalen Jüdischen Gemeinde Hannover. Auf der Social-Media-Plattform Instagram zieht er eine Verbindung zwischen der Schändung der Gedenkstätte und der Veranstaltung „Die lokalen Nazis finden das wohl nicht so gut“. Als Fazit betont er: „Wir lassen uns von Nazis und Antisemiten nicht einschüchtern.“

Am Donnerstagnachmittag besuchten Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens und Regionspräsident Steffen Krach (beide SPD) die Gedenkstätte. Am Samstag wird demonstriert. Los geht es um 12 Uhr am Bürgergemeinschaftshaus.

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1 Kommentar

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  • Kein Platz für Antisemitismus wurde gestern in Berlin von Faeser und Co. verbreitet.



    Und hier am Beispiel, was wird getan an der Front, da wo man Geld bräuchte für Gegenaktionen, Unterstützung für die Organisation, Öffentlichkeitsarbeit durch die Gemeinde, Auskunfstrecht was aus der Anzeige gegen die Nazis geworden ist, Bedrohung wird als Beleidigung verharmlost; mal einen neue Gesetzesinitiative bei politisch motivierter Gewaltdrohung was formulieren?, Jugendarbeit verbessern....



    Wieder mal übel derlei Bericht. Alleingelassen die Leute vor Ort.