Gedenken an Hanau in Berlin: Im Scheinwerferlicht
Antifaschistische Kampagne beleuchtet AfD-, Springer-, und Polizei-Fassaden. Der Vorwurf: Mitschuld an rechter Gewalt.

Auf der gegenüberliegenden Straßenseite steht an diesem Donnerstagabend eine Gruppe von Aktivist:innen mit Generator und Beamer. Sie sind hier, um der Opfer des rassistischen Anschlags in Hanau zu gedenken: Ferhat Unvar, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Kaloyan Velkov, Vili Viorel Păun und Fatih Saraçoğlu.
Gleichzeitig geht es ihnen darum, Bewusstsein für ein gesellschaftliches Klima zu schaffen, in dem Rechtsterrorismus zunimmt. Die Aktivistin Karolina Gabor von Nationalismus ist keine Alternative Berlin (Nika) begründet das so: „Es war die Waffe des Täters, doch die Munition lieferten viele andere.“ Welche Akteure damit gemeint sind, zeigt sich an den drei Fassaden, die an diesem Abend bestrahlt werden: die AfD, der Springer-Verlag und die Polizei.
Als „parlamentarischer Arm des Faschismus“ vergifte die AfD das gesellschaftliche Klima seit Jahren, betont die Aktivistin. Mit ihrer Rhetorik bereite die Partei den Boden für rechtsextremen Terrorismus. Auch die Berichterstattung bestimmter Medien verstärke die Ressentiments. Nach der AfD-Fassade richten die Aktivist:innen ihren Beamer auf das Axel-Springer-Hochhaus. Problematisch sei neben der Boulevardpresse insbesondere die Berichterstattung der Welt, in der regelmäßig Shisha-Bars zum Brennpunkt von Clan-Kriminalität stilisiert werden, heißt es.
Auf ihrer Website teilt Nika eine Audiospur mit Redebeiträgen von Angehörigen und Freund:innen der Ermordeten. Die Reden sollen bundesweite Verbreitung finden, um der Opfer des Anschlags vom 19. Februar zu gedenken.
Serpil Temiz Unvar, Mutter des Ermordeten Ferhat Unvar, mahnt darin: „Der Tod unserer Kinder muss das Ende rassistischer Angriffe sein und der Anfang von etwas Neuem: von einem Zusammenleben, in dem wir alle gleiche Rechte haben.“
Ihren Abschluss findet die Projektor-Aktion vor dem Landeskriminalamt am Platz der Luftbrücke. Durch wiederholte Razzien und einen überzogenen Fokus auf Clan-Strukturen habe die Polizei die Aufmerksamkeit auf Orte wie die Arena Bar in Hanau gerichtet. Lange erscheint der Nika-Schriftzug allerdings nicht an der Fassade des Landeskriminalamts. Als eine Polizistin Ausweise fordert, packen die Aktivist:innen ein und verabschieden sich in die Nacht.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin