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Gebrauchtmöbel für die PolizeiKorruption für Anfänger

Clickbait in der Lokalzeitung: Die arme Polizei, der nette Unternehmer von nebenan und was das Ganze mit Korruption zu tun hat.

Dürfen echt gar nichts annehmen, nicht mal Büromöbel im Wert von mehreren tausend Euro, diese armen Polizisten Foto: Moritz Frankenberg/dpa

V ielleicht sollte ich mich lieber nicht als Medienkritikerin aufspielen, Sie wissen schon, Glashaus, Steine und so, aberrrrr … diesen Artikel in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung fand ich wirklich irritierend. „Marode Dienstgebäude: Warum die Polizei Hannover geschenkte Möbel trotzdem nicht annimmt“ stand da.

Darunter im Foto ein lokaler Unternehmer, dessen Namen ich hier jetzt mal weglasse, vor einer Reihe von Kartons, Bürostühlen und halb demontierten Tischen, der theatralisch ratlos guckt und die Arme hebt wie dieses eine WhatsApp-Emoji.

Der Text steigt ein mit der Passage: „Schimmel in den Duschen, undichte Fenster, Risse in den Wänden, Legionellen in den Wasserleitungen, Ungeziefer und defektes Inventar – die niedersächsische Polizei muss oft in maroden Dienstgebäuden arbeiten.“

Und schildert dann, dass der Unternehmer, der einen Standort aufgibt, der Polizei hochwertige, noch fast neue Büromöbel stiften wollte, die das aber nicht annehmen darf – wegen irgendeiner Korruptionsrichtlinie.

Es braucht nicht immer einen dicken Geldumschlag

Nun stellt sich hier ja gleich als Erstes einmal die Frage: Was genau helfen neue Büromöbel eigentlich gegen marode Gebäude? Kann man Schimmel, Gammel, Legionellen und Ungeziefer vielleicht besser ertragen, wenn man dabei wenigstens auf „ergonomischen Bürostühlen“ an „höhenverstellbaren Schreibtischen“ sitzt? Nee, macht aber nichts.

Man lässt den Unternehmer gern noch erzählen, wie nett und zuvorkommend die Beamten beim letzten Büroeinbruch gewesen seien und wie leid ihm das tue, wenn die unter so schlechten Bedingungen arbeiten müssten. (Dass er möglicherweise auch ein Interesse daran hat, das Zeug ohne viel Aufwand loszuwerden, lassen wir an dieser Stelle mal diskret unter den Bürotisch fallen.)

Was mich aber wirklich reizt, ist die Art und Weise, wie dem die Antikorruptionsrichtlinie gegenübergestellt wird. Alles möglichst in Anführungszeichen und Bürokratensprech – äh, bäh, völlig unverständlich, so ein Quatsch, wer hat sich das denn ausgedacht.

Was ich daran so irre finde: Das total naive Verständnis davon, was Korruption ist und wie sie funktioniert. Hier zählt anscheinend nur Bestechung im engeren Sinn: Wenn ein dicker Geldumschlag rübergeschoben wird und der Beamte auf der anderen Seite des Schreibtisches dann einen Stempel hinmacht, wo eigentlich keiner hingehört.

Im Alltag funktioniert Korruption aber meist anders. Man pflegt erst den netten Kontakt, zahlt ein auf das Freundschaftskonto – und fängt dann an, Gefälligkeiten einzufordern, die mit der Zeit immer größer werden. Mafia-Organisationen beherrschen diese Methodik perfekt.

Natürlich will ich dem Herrn hier auf gar keinen Fall so finstere Absichten unterstellen. Aber man kann so Spielregeln doch nicht einfach aufheben, weil der hier bestimmt ein ganz netter und anständiger Kerl ist.

Kleine Gefälligkeiten erhalten die Freundschaft

Ist es wirklich so total unwahrscheinlich, dass der spendierfreudige Unternehmer beim nächsten Einsatz noch zuvorkommender behandelt wird, bei der nächsten Kontrolle mit zugedrückten Augen rechnen kann oder vielleicht auch einmal die ein oder andere kleine harmlose Information aus dem Polizeicomputer erhält, wenn er darum bittet? Auch das ist Korruption.

Ich finde es richtig, wenn Beamte nicht einfach so Geschenke im Wert von mehreren tausend Euro annehmen dürfen. Für die Ausstattung von Dienstgebäuden und die Schaffung vernünftiger Arbeitsbedingungen ist nun mal der Staat zuständig, alles andere schafft bloß weitere Ungleichheit – es hat ja schließlich nicht jedes Revier spendierfreudige Unternehmer in der Nachbarschaft.

Was ich aber richtig schwierig finde: Wenn Zeitungen sich das so leicht zu eigen machen, wenn irgendwo irgendjemand empört schnauft. Auch wenn das bestimmt gut klickt. Aber Sie wissen schon: Glashaus, Steine.

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Nadine Conti
Niedersachsen-Korrespondentin der taz in Hannover seit 2020
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7 Kommentare

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  • Ich finde es richtig, wenn Beamte nicht einfach so Geschenke im Wert von mehreren tausend Euro annehmen dürfen.



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    Das unterscheidet Parteien & Politiker von Beamten! :-(



    Bei den "Erstgenannten" wäre es mMn. mal nötig, einiges transparenter zu machen, bzw. die gleichen Regeln wie für "Staatsdiener" ein zu führen.



    Denn...



    Fazit: Ob beamtet oder gewählt, "Staatsdiener" sollten gleich behandelt werden! :-( So lange das u.a. für Parteien & Abgeordnete so wie HEUTE gehandhabt wird, ist das, mMn. nicht so ganz on Sinne des u.a.:

    Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland



    Art 21



    (1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.



    usw.

  • Der kann seine Möbel ja auch vielleicht etwas Unverfänglicherem schenken.

    Klüngel/Korruption/Spezlwirtschaft ist teuer.

  • So fängt es an. Früher durfte bei uns das örtliche Polizeirevier ein Vereinsheim kostenlos für die Weihnachtsfeier nutzen. Wenn dann Feiern des Vereins ausuferten und man sich um 3 Uhr mal über den Lärm bei der Polizei beschweren wollte, haben die dort einfach aufgelegt.



    Es sind halt die Kleinigkeiten mit denen es anfängt.

  • Ein guter Freund hat bis zur Pensionierung beim Zoll in einer Spezialabteilung zur Prüfung grosser Unbternehmen gearbeitet.

    Die nehmen noch nicht mal einen Kaffee an.



    Was zur Verfügung gestellt wird ist ein geheiztes Büro und Strom für Licht und die Geräte



    "Punkt"

  • habe gerade mal gecheckt ob es in Hannover noch Pressevielfalt gibt.

    Erster Eindruck ja,



    zwei Tageszeitungen die "HAZ,, die Hannoversche Allgemeine Zeitung" und die "Neue Presse"

    aber dann bei Blick ins jeweilige Impressum ernüchterung.

    Beide aus dem selben Verlag mit der selben Adresse und dem fast selben Personal. :-(

  • Auch so wird der Staat verächtlich gemacht, guter Artikel!

    • @Cornelia Gliem:

      Wo wird denn hier der Staat verächtlich gemacht? die Autorin hat völlig recht, das wäre Korruption, selbst wenn der Unternehmer es nur in guter Absicht vorgeschlagen hat. Sie dürfen einem Polizisten einen Kaffee ausgeben oder eine Zigarette anbieten, alles was teurer ist ist verboten.



      Er kann seine Möbel ja woandershin spenden.