Gastkommentar Trump-Putin-Gipfel: Manipulieren und polarisieren
Es ist kein Zufall, dass Trump die Hackerangriffe im US-Wahlkampf bei seinem Treffen mit Putin außen vor lässt. Die Demokratie ist ihm egal.
U S-Präsident Donald Trump hat im Vorfeld seines Tête-à-Tête mit Staatschef Wladimir Putin angekündigt, dass die russische Desinformationskampagne im US-Wahlkampf kein großes Thema sein wird. Er ignoriert, dass Sonderermittler Robert Mueller kurz vor Trumps Abflug nach Europa Anklage gegen zwölf russische Geheimdienstoffiziere erhob, die den Hackerangriff auf das Hauptquartier der demokratischen Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton orchestriert haben sollen. 13 weitere russische Staatsbürger sind bereits wegen Manipulation der öffentlichen Meinung angeklagt. Kaum vorstellbar, dass Putin nichts wusste.
Wir reden hier nicht von Kleinigkeiten. Twitter identifizierte Tausende von Fake-Accounts, hinter denen die Trollfabrik „Internet Research Agency“ in St. Petersburg steckt. Dazu kamen 13.500 automatisierte Konten (Bots) „in Verbindung mit Russland“. Auch Facebook wurde mit bezahlter Propaganda geflutet. Dieses Muster hatte sich schon in der Brexit-Kampagne bewährt. In Frankreich und Italien gab es ebenfalls Interventionen zugunsten des Front National und der Lega. Politische Allianzen mit rechtsradikalen Parteien, ökonomische Netzwerke und Meinungsmanipulation gehen Hand in Hand.
Damit wir uns nicht missverstehen: Die Gründe für die antiliberale Revolte im Westen sind hausgemacht. Aber angesichts knapper Wahlergebnisse ist der Informationskrieg des Kremls ein massiver Angriff auf die demokratische Willensbildung. Er verstärkt die Polarisierung und das Misstrauen in die Institutionen.
Dass Trump das alles nicht zum Thema machen will, mag daran liegen, dass auch er mit den Regeln demokratischer Öffentlichkeit nichts am Hut hat. Halbwahrheiten und ganze Lügen, Einschüchterung kritischer Journalisten und Hassbotschaften gehören zu seinem täglichen Repertoire. Putin imponiert Trump, keine Frage. Und er hat allen Grund, die Rolle des Kremls im US-Wahlkampf herunterzuspielen. Dahinter steht die Frage, wie souverän Trump gegenüber Putin ist. Die Antwort steht noch aus.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Sport und Krieg in der Ukraine
Helden am Ball