Gastkommentar Sexismus: Belästigung auch im EU-Parlament
Schluss mit dem Sexismus im EU-Parlament, fordert die Grünen-Abgeordnete Terry Reintke. Für den Niedergang der Macho-Kultur sind alle gefragt.
Das Europaparlament in Brüssel. Ein voller Ausschusssaal. Zu einem interparlamentarischen Austausch sind Abgeordnete aus allen Nationalparlamenten der Mitgliedsländer geladen worden. Es geht um das Thema Entsendung, europäische Beschäftigungspolitik. Ein Abgeordneter beendet seinen Redebeitrag mit dem Kommentar „Schön, dass so viele Frauen in der Politik sind. Dann haben wir zumindest was zum Angucken.“
Oder Folgendes: Harte Verhandlungen. Wenig Schlaf. Rangeleien in der Partei. Verlorene Abstimmungen. Mit gekränktem Ego abends im Büro die Anspannung mit ein paar erniedrigenden sexuellen Anspielungen an die Praktikantin weitergeben. Die sich nicht wehren kann. Endlich wieder Macht spüren. Endlich wieder ein richtiger Mann sein.
Die jüngsten Berichte über sexuelle Belästigung im Europäischen Parlament sind keine Einzelfälle. Sexistische Sticheleien, die bewusst eingesetzt werden, um das weibliche Gegenüber zu verunsichern. Herablassendes Verhalten gegenüber Mitarbeiter*innen, das sie zu Objekten degradiert. Bewusstes Ausnutzen von Machtgefällen, um sexuelle Gefälligkeiten zu erzwingen. Das alles gehört zum Alltag von Frauen.
So kann es nicht weitergehen. Dieses System muss ein Ende haben. Die von den Abgeordneten beschlossene externe Untersuchung der Übergriffsvorwürfe ist ein erster wichtiger Schritt.
sitzt seit 2014 für die Grünen im Europaparlament und ist Mitglied im Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter.
Doch Tausende Jahre Patriarchat geben sich nicht so schnell geschlagen: Sexuelle Übergriffe, Grapschen, sexistische Kommentare – das sind nur einige Ausfälle von Männern, die ihre Macht schwinden sehen und sich deshalb umso verzweifelter an ihre Privilegien krallen.
Für den Niedergang dieser Machokultur sind alle gefragt. Vor allem aber brauchen wir ein neues Bewusstsein bei Männern. Kein Sich-als-Retter-der-Frauen-Aufspielen. Sondern den Willen, im Kleinen etwas zu ändern. Männer, die sexistische Sprüche über Frauen nicht mehr durchgehen lassen. Dann überwinden wir am Ende sogar das Patriarchat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
Klimaziele der EU in weiter Ferne
Neue Klimaklage gegen Bundesregierung
Serpil Temiz-Unvar
„Seine Angriffe werden weitergehen“