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Gaspipeline im Schwarzen MeerWunderbare Freundschaft

Mit Türk Stream bewegt sich die Türkei noch einen Schritt auf Russland zu. Europa muss aufpassen, Erdogan nicht in Putins Armen versinken zu lassen.

Solche Projekte schweißen zusammen Foto: Presidential Press Service/ap

Es ist ein Prozess in Zeitlupe, aber er schreitet scheinbar unaufhaltsam voran. Die am Dienstag in Istanbul in Betrieb genommene neue Gaspipeline Türk Stream, von Russland durch das Schwarze Meer an die türkische Küste etwas westlich von Istanbul gebaut, ist ein weiterer Schritt der Türkei Erdoğans weg vom Westen und hin zu Russlands Präsident Putin.

Zwar wurde die Pipeline schon vor langer Zeit geplant und dann jahrelang verlegt – doch ihre Fertigstellung kommt nun zu einem denkwürdigen Zeitpunkt. Mit Türk Stream wird die Ukraine neben der fast fertig gebauten Nord-Stream-2-Pipeline erneut umgangen, was Putin gerade jetzt besonders willkommen ist. Der Türkei wiederum bringt sie billigeres Gas und größere Energiesicherheit als der frühere Ukraine-Transit.

Solche Projekte schweißen zusammen und erhöhen gleichzeitig den Problemberg, den die Türkei in der letzten Zeit gegenüber Brüssel und Washington aufgehäuft hat. Neben dem russischen Gas bauen russische Firmen jetzt auch noch ein erstes Atomkraftwerk an der türkischen Mittelmeerküste. Die Abhängigkeit der Türkei von russischer Energie wächst damit signifikant. Und parallel dazu wächst auch die Rüstungszusammenarbeit zwischen den beiden autoritär regierten Staaten.

Nicht nur hat die Türkei mit dem Kauf des russischen Raketenabwehrsystems S-400 einen wichtigen Schritt weg von der Nato gemacht, es sind auch weitere gemeinsame russisch-türkische Rüstungsprojekte im Gespräch. Ebenfalls nicht zu unterschätzen sind die russischen Touristen in der Türkei. Mit knapp 7 Millionen Besuchern im Jahr stellen sie längst das größte Kontingent.

Putin hat Erdoğan in Syrien mitspielen lassen, und bei dem Treffen der beiden Präsidenten am Dienstag in Istanbul wurde auch über eine gemeinsame Politik in Libyen beraten. Im Vergleich dazu kommen aus Washington nur Sanktionsdrohungen und aus der EU so gut wie gar nichts. Wenn Europa nicht bald aufwacht, ist die Türkei vollends in Putins Schoß gelandet.

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3 Kommentare

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  • „Die Abhängigkeit der Türkei von russischer Energie wächst damit signifikant. Und parallel dazu wächst auch die Rüstungszusammenarbeit zwischen den beiden autoritär regierten Staaten“



    Dass sich Erdo in Abhängigkeit , von wem auch immer, begibt, ist wohl eher nicht zu befürchten. Dazu fühlt er selbst sich viel zu sehr als „der Größte“ (wie schon das Bild zeigt!). Wenn die Zusammenarbeit im Rüstungs- und jedem anderen Bereich ihm zu wenige Vorteile bringt, schwenkt er eiskalt um. Aber auch Putin wird ihn nicht sich unterordnen können. Betreffs Syrien ist er bei seiner von Putin abweichenden Linie geblieben.

  • Die www.dailysabah.com hat die deutsche Website mit Weil's VW-Absage an jenem Tag stehen lassen, nur auf Englisch, Russisch und Arabisch wird noch angeboten. Im internen Ranking der Türkei sind die Deutschen damit zehn Plätze angestiegen und VW ist von Platz eins im Image auf dem Weg zum letzten Platz für Autos. Die Franzosen waren nicht so clever, daß zu nutzen. Stattdessen hat Macron die Franzosen ebenfalls von ihrer Chance auf den ersten Platz in der Türkei befreit. Billig sind solche Politikernummern nie. Nur die Südkoreaner, die Russen und Chinesen haben einen klugen Kopf bewahrt. Zurecht wächst ihre Wirtschaftsregion und unsere teuren Kindsköpfe wollen nicht einmal jetzt das Porzellan retten. Es geht nicht darum eine große oder kleine Passatfabrik in der Türkei zu bauen, es geht darum sie morgen zu bauen, so lange es noch geht und der Höflichkeit wegen darf sie auch etwas größer sein. Ansonsten fliegt das alte Werk in Emden ohne Recycling in die Mülltonne. Noch hat das Wissen von da seinen Wert. Die Türken haben sich für Verbrennungsmotoren entschieden, sie wollen ein wachsender Kunde für Öl sein. In älteren Generation kennt man den Passat noch. Bei den jüngeren Türken sind auch Kia und Hyundai angesagt, selbst Renault befindet sich mittlerweile Dank Gohsn im



    Aufstieg in diese Qualitätsklasse, sein Schachzug mit Mitsubishi wird sich für Renault langfristig noch sehr lohnen. Vielleicht kommt also der Kia Optima oder der Hyundai i 40 in Mansia. Die Koreaner könnten die Europäer in der Türkei von der Spitze verdrängen. Auch Samsung baut Kraftwerke und Daewoo jetzt auch U-Boote, wie das neue KSS-III.

  • RS
    Ria Sauter

    Europa muss aufpassen? Ich vermute mal , Erdogan macht das was er möchte und seinen Interessen dient. Europa kann da wenig tun.