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"Garani Massaker"Neues Wikileaks-Video erwartet

Das Irak-Video "Collateral Murder" regte auf. Jetzt kündigte Wikileaks ein neues Militärvideo an, diesmal aus Afghanistan: Das "Garani-Massaker" mit mindestens 95 Toten, darunter viele Kinder.

Ein Dorf in Schrecken: Bei dem Luftangriff auf Garani starben 90 Kinder nach Angaben der afghanischen Regierung. Bild: dpa

Es war der 4. Mai 2009 im Westen Afghanistans, als die US-Luftwaffe nach eigenen Angaben am späten Nachmittag vier Angriffe mit F18-Kampfjets flog und später in der Dunkelheit drei weitere Angriffe mit B1-Bombern. "Es war wie am Jüngsten Tag. Wer kann das schon verkraften, so viele Tote zu sehen", beschreibt ein Arbeiter aus dem bombardierten Dorf Garani im Westen Afghanistans gegenüber Human Rights Watch den Angriff. Daraufhin forderte Präsident Karzai weitere US-Luftangriffe in Afghanistan zu unterlassen. US-Außenministerin Hillary Clinton wird sich später für den Angriff entschuldigen.

Es war kein guter Tag – weder für Afghanistan, noch das US-Militär. Schon bald könnte der 4. Mai die Öffentlichkeit wieder einholen, denn die Informantenplattform Wikileaks besitzt ein brisantes Video des Angriffs.

In einer Untersuchung gab das US-Militär an, man zielte auf eine Gruppe von 300 Taliban, die die Dorfbewohner von Garani bedrohten. Sicher ist, es war einer der tödlichsten Angriffe seit der Invasion in Afghanistan 2001 und es kam eine ungewöhnlich hohe Zahl von Kindern dabei ums Leben. Die afghanische Regierung spricht von 140 Toten, davon 92 Kinder. Das US-Militär sprach von bis zu 95 Getöteten.

Einiges erinnert an die Bombardierung der Tanklaster im September 2009. Auch in Garani handelte die US-Luftwaffe auf Anfrage – diesmal des Afghanischen Militärs. Wieder gab es eine hohe Anzahl toter Zivilisten und wieder war die internationale Kritik groß. Eines ist bei Garani aber anders: Es gibt ein Video, aufgenommen von einem der B1-Bomber am 4. Mai 2009.

Ein Video, das mehr Klarheit schaffen kann. Wie viele Opfer gab es? Was für eine Sprengkraft wurde eingesetzt und lassen sich die Personen als Taliban identifizieren? US-General David Petraeus kündigte in einem Interview mit dem Radiosender NPR Ende Mai 2009 an, man würde das Video bei einer Pressekonferenz vorführen. Man wolle beweisen, dass der Angriff angemessen gewesen sein.

Angekündigte Pressekonferenzen wurden verschoben, eine Zusammenfassung des Untersuchungsbericht wurde veröffentlicht, das Video wurde der Öffentlichkeit aber nie gezeigt. Auf Anfragen zum Grund des Herauszögern, reagierte das Pentagon ausweichend. "Das Video zeigt Elemente unserer Operation, die vom Gegner genutzt werden können, um unsere Taktiken zu verstehen“", teilte CENTCOM Sprecher Jack Hanzlik dem Wired Magazin im Juni 2009 mit.

Die Verantwortlichen waren zerstritten. Veröffentlichen und Transparenz zeigen oder würde man schlechte Presse ernten und den Einsatz noch unbeliebter machen? All das fiel zeitlich mit der Ernennung des neuen ISAF-Kommandeur Stanley A. McChrystal am 15. Juni 2009 zusammen, der für eine neue Einsatz- und Öffentlichkeitsstrategie plädierte. Weniger Opfer in der Zivilbevölkerung war eines seiner Vorhaben, die er in seiner Antrittsrede vor dem US-Senat als wichtig hervorhob.

Zeitgleich im Juni berichten zwei Offizielle des US-Militärs gegenüber der US-Zeitung McClatchy, dass das Video große Fehler bei dem Angriff aufzeigt. Auf den Aufnahmen sei zu erkennen, dass niemand untersucht hat, ob Frauen oder Kinder sich in dem bombardierten Gebäuden befinden. Die vorgegebenen Sicherheitsprozeduren seien nicht befolgt worden.

Ein brisantes Video, zurückgehalten vom US-Militär und doch fand es seinen Weg an die Öffentlichkeit. So geschah es mit einer Aufnahme der Militärs von einem Kampfhubschraubereinsatz in Bagdad am 12. Juli 2007. Fast drei Jahre später wurde die Aufnahme von der Informantenplattform Wikileaks unter dem Namen „Collateral Murder“ veröffentlicht und sorgte weltweit für eine Debatte über Strategie und Transparenz des Afghanistaneinsatzes.

Das könnte nun auch mit dem Garani-Video passieren. Wikileaks-Gründer Julian Assange kündigte am Mittwoch eine baldige Veröffentlichung dieses Videos an. Das US-Blog The Daily Beast bekam eine eMail von Assange zugespielt, die besagt, dass die letzten Vorbereitungen für eine Veröffentlichung getroffen werden. Er spricht vom "Garani Massaker" und dem "tödlichsten Angriff in Afghanistan, seit die USA in das Land einmarschierten".

Assange ist den letzten Tagen untergetaucht. Er befürchtet, von amerikanischen Geheimdiensten verfolgt zu werden. Erst letzte Woche wurde bekannt, dass die US-Behörden versuchen den Aufenthaltsort von Assange ausfindig zu machen. Man befürchtet ein nationales Risiko und vor allem: eine große Zahl weiterer brisanter Dokumente in den Händen von Wikileaks. Daniel Schmitt, Mitarbeiter von Wikileaks, sagte gegenüber der taz, dass auf die Veröffentlichung noch etwas gewartet werden müsse: "Soweit ich weiß, dauert es noch ein bisschen."

Dass der US-Soldat Bradley Manning das Irak-Video "Collateral Murder" der Informantenplattform zugespielt hat, ist bisher allerdings umstritten. Der mittlerweile verhaftete Manning vertraute sich einem befreundeten Hacker an, der ihn angeblich an die US-Behördern verpfiff. Sicher ist nur, dass bereits zum Zeitpunkt der Veröffentlichung von "Collateral Murder" von Wikileaks bekanntgegeben wurde, dass man bald ein weiteres brisantes Video aus dem Afghanistaneinsatz veröffentlichen werde. Vermutlich von der selben Quelle stammend.

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11 Kommentare

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  • D
    doctore

    Da sieht man was passiert, wenn das Militär mit SEINER Logik agiert. Wenn man Menschen Waffen in die Hand gibt und sie in den Krieg schickt. Unrecht, nicht gut zu machendes Unheil an Unschuldigen, Elend für die Hinterbliebenen und letztlich Traumata für die Täter selbst sind die Folgen. Am Anfang des Irakkrieges stand eine Lüge, wie bei jedem Krieg. Der Krieg im Irak bleibt ein völkerrechtliches Unrecht, und nun diese unglaublichen Wahrheiten, erschütternd. Mögen die hierfür Verantwortlichen ihrer gerechten Strafe nicht entgehen und mag die Zukunft uns mit mehr Weisheit ausstatten.

    Krieg ist kein Mittel zur Problemlösung. Sagt also nein, wenn man euch auffordert teil zu nehmen. Ein für alle mal: nein. Mischt Euch ein und schweigt nicht. Es ist die Glaubhaftigkeit unserer im Wesentlichen friedfertigen westlichen Zivilgesellschaft, die hier in unberechtigten Verruf gerät durch die nicht haltbaren Kriegsgründe und abscheulichen Kriegsgreuel. Das darf unsere Gesellschaft nicht mit sich machen lassen und es verlangt unsere eindeutige Positionierung gegen das Geschehene. Ansonsten verspielen wir auf lange Sicht unsere Glaubwürdigkeit in Bezug auf unsere Friedfertigkeit und Mitmenschlichkeit; denn Geschehene ist Öl auf das Feuer von denen, die alles Westliche als verwerflich brandmarken und als Feindbild ausmachen.

    Zulauf wird ihnen gewiss sein. Welch eine Idiotie in dieser militärischen Option steckt. Wenn man die Leichen zählt, wird man feststellen müssen, daß es nicht viel weniger sind als das zu bekämpfende Unrechtsstaatsgebilde selber produziert hat! Es lebe der Wille zur Friedfertigkeit und der lange Atem einer guten Diplomatie.

  • V
    vanHellen

    @Nemo:

     

    Offenbahr ist bei Ihnen schon einiges kaputtgespuelt worden in ihrer Wahrnehmung. Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass die Taliban (oder wer auch immer, "Taliban" ist ja nur ein Label, das wir benutzen, ums der dummen Masse einfacher verkaufen zu koennen) massenmordend durch die Botanik stiefelt, willkuerlich Koepfe abschnippelt und GLEICHZEITIG noch von den meissten Leute mit Unterkunft, Nahrung und Munition versorgt wird?

     

    Ihr Beitrag zeugt von zunehmender Kollateralschaedigung in den Koepfen derjenigen, die diesen Krieg eigentlich ablehnen muessten.

  • I
    ich

    Nun ja, noch ein paar solcher Videos und der Krieg wird wohl bald zu Ende sein. Welches Volk, das vorgibt gläubig zu sein und der Familie verpflichtet, kann so etwas ertragen, dass die eigene Armee Unschuldige Zivilisten töten? Wenn man in das bereits veröffentlichte Video reinschaut und sieht, dass man auf Menschen schießt, die einem unbewaffneten Verwundeten helfen wollen ist ein Verbrechen, welches eigentlich auch von den USA strafrechtlich verfolgt werden müsste. Wir können sehen wohin die Demokratie, Recht und Ordnung abdriften können. Die USA können kein Vorbild mehr für die Welt sein!

  • T
    Tost

    @Nemo

    Die Gräueltaten der Taliban kann man in der New York Times nachlesen, die des US-Militärs bei Wikileaks.

    Ist doch prima, eine ausgewogene Berichterstattung.

    Für die Verbrechen der Taliban braucht es kein Wikileaks, das kommt auch so in die Medien.

    Ich glaube daher eher du hast ein Wahrnehmungsproblem.

  • J
    Joseph

    "Das "Garani-Massaker" mit mindestens 95 Toten, darunter viele Kinder"...

     

    Dieser Satz im Teaser hört sich so an, als würde das neue Video beworben, finde das Wort mindestens ist irreführend. Kann auch missverstanden werden.

  • N
    Nemo

    gibts da auch videos über die alltäglichen (massen-)morde der taliban? ich mein so köpfe abschneiden, nur weil man nicht konform geht mit ihnen, oder mädchen töten, weil schule nix für sie ist, oder moscheen samt betenden gläubigen (frauen kinder männer) in die luft sprengen, weil die nicht den koran so auslegen wie sie, oder ... oder ... oder ...

    ihr "linken" und "allesversteher" habt ein wahrnehmungsproblem, dass auf euren ekelhaften uss/juden/"westen" hass beruht!

  • R
    Robert

    Na dann ist der Sommerurlaub für Völkerrechtler Norman Paech und die beiden Linken-Abgeordneten Groth und Höger ja gerettet.

     

    Sicherlich dürfte es möglich sein, bei einem der privaten humanitären Hilfskonvois netter Talibans teilzunehmen und auf das Unrecht hinzuweisen. Basar-Stimmung inklusive.

  • B
    buntspexxt

    @polytechniker:

    da gibt es eine einfache Lösung. Die Wau Holland Stiftung hat eine Adresse angegeben. Also ggf. Geld in einen Umschlag stecken.

  • K
    kiowas

    @polytechniker

    Da es auch ein deutsches Spendenkonto gibt, sollte das kein Problem sein. Einfach mal auf die Spendenseite bei wikileaks schauen.

  • P
    polytechniker

    @Tom

     

    Gerne würde ich etwas spenden.

     

    Allerdings verweise ich auf den heutigen Artikel

    "Bankdaten-Abkommen Swift -

    Auch Europol soll Zugriff erhalten".

     

    Ich will nicht meinen Namen auf einer amerikanischen "Terror-Unterstützer" Liste haben.

     

    Ja, sicher. Das ist auch eine Art von Kapitulation.

  • T
    Tom

    Gut, dass Sie Aktionen wie diese ankündigen und somit hoffentlich auch schon ohne zweites Video die Aufmerksamkeit vieler auf Wikileaks richten (am besten den Twitter-Account wikileaks beobachten!). Die Leute von Wikileaks benötigen nach wie vor Geld und jeder ist aufgerufen etwas zu spenden.