Galerietour in Charlottenburg: Mit einem Lächeln im Gesicht

Erleichterung und Freude, wieder Kunst zeigen zu können – die Berliner Galerien passen sich an die neue Normalität an.

Blick in die Ausstellung „Zoom in Zoom out“ bei Wentrup Foto: Trevor Good, courtesy Wentrup Gallery

Gute zwei Wochen haben die Galerien in Berlin wieder geöffnet, langsam stellt sich Normalität ein. Eine neue Art von Normalität ist es natürlich, eine die viel Unsicherheit mit sich bringt und von allen Beteiligten Improvisationsfähigkeit abverlangt. Im wirklichen Normalbetrieb planen Galerien ihr Ausstellungsprogramm mindestens ein Jahr im Voraus durch, nun muss immer wieder kurzerhand umdisponiert werden.

Keiner weiß, ob die großen Messen, die auf den Herbst verschoben wurden, tatsächlich stattfinden werden und ob die Galerien, falls ja, überhaupt mit dabei sein können. Die Teilnahme auf einer Messe ist eine kostspielige Angelegenheit, wer in den Monaten zuvor aufgrund der Coronakrise Verluste gemacht hat, kann sie sich womöglich nicht leisten. Oder hat gar nicht genügend passende Arbeiten zu verkaufen, weil vielleicht die Künstler*innen aus dem Galerieprogramm während des Lockdowns nicht wie sonst arbeiten konnten. Die Lage ist komplex und für einige gewiss existenzbedrohend.

Bei einer Tour durch Charlottenburger Galerien erscheint bei den Galerist*innen und deren Mitarbeiter*innen jedoch allesamt Erleichterung vorzuherrschen und die Freude darüber, endlich wieder Kunst zeigen zu können. Alles ist anders, aber man trägt es mit Fassung und mit einem Lächeln im Gesicht.

Krisengewinner Zoom

Da die Kulturbeilage taz Plan in unserer Printausgabe derzeit pausiert, erscheinen Texte nun vermehrt an dieser Stelle. Mehr Empfehlungen vom taz plan: www.taz.de/tazplan.

Wentrup

bis 18. Juni, Di.–Sa. 11–18 Uhr, Knesebeckstr. 95

Philipp Haverkampf

bis 30. Mai, Mi.–Fr. 11–18, Sa. 11–16 Uhr, Mommsenstr. 67

Anton Janizewski

bis 4. Juni, Sa. 14–18, So. 12–18 Uhr, Goethestr. 69

Bei Wentrup in der Knesebeckstraße läuft seit dem vergangenen Donnerstag die Gruppenausstellung „Zoom in Zoom out“, benannt nach dem Krisengewinner schlechthin, dem Videokonferenzanbieter Zoom. Zu sehen sind Arbeiten von Künstler*innen der Galerie, eine Accrochage, die augenscheinlich vor allem eins zeigen möchte: Wir sind wieder da, es geht weiter. Sogar so etwas Ähnliches wie eine Eröffnung gab es, beziehungsweise einen ersten Ausstellungstag, an dem zum Teil und zeitlich versetzt auch Künstler*innen anwesend waren.

In einer Welt ohne Covid-19 würden Wentrup aktuell die Ausstellung zum Gallery Weekend zeigen, eine erste Einzelausstellung mit Jan-Ole Schiemann war geplant. Das Debüt des Malers ist nun in den September verschoben – wie ja auch das Gallery Weekend. Zwei Arbeiten hängen als Vorgeschmack in der Gruppenausstellung, auf denen sich die Farben, Strukturen und Zeichen wie auf einem Graffiti überlagern. Direkt daneben eine riesige Zeichnung von Karl Haendel zweier sich berührender Hände. Sie stammen von derselben Person – alles erlaubt also.

Ein paar Gehminuten weiter südlich, in der Mommsenstraße hält Philipp Haverkampf eine Einzelausstellung von Marcel Eichner bereit. Soweit so geplant. Eichner, der mittlerweile in Spanien lebt und arbeitet, landete jedoch aus vieler Umständen zufällig in seiner alten Wohnung in Berlin, als der erste Lockdown kam, musste dort bleiben und begann in der Quarantäne zu malen, so wie er es auch sonst tut: mit einfachen Pinselstrichen, seine Umgebung, das Zimmer, den Blick aus dem Fenster, Blumen in der Vase, alltägliche Objekte.

Die für die Ausstellung eigentlich bestimmten Bilder konnten über die geschlossenen Grenzen nicht nach Berlin transportiert werden, zu sehen sind bei Haverkampf also stattdessen die in kurzer Zeit entstandenen neuen.

Hoffen auf Entspannung

In der Goethestraße hat Anton Janizewski indes die laufende Ausstellung bis Anfang Juni verlängert. Für eine junge, kleine Galerie wie seine sind Eröffnungen und die Begegnungen, die dort geschehen, vielleicht noch ein wenig wichtiger als für die großen, bereits etablierten. Er hofft, dass solche zumindest in kleinerer Form schon bald wieder stattfinden können.

Bis es soweit ist, bleibt zumindest Zeit die Gruppenausstellung der Künstlerinnen Emma Adler, Anna Ehrenstein und Anna Ley zu betrachten: Adlers humorvolle Installationen zu Sonnenstürmen und menschlichem Kontrollverlust, Ehrensteins Collagen zur kulturellen Bedingtheit von Feminismus und dessen Darstellung auf sozialen Medien und Leys Malerei menschenleerer Architekturen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Redakteurin für Berlin Kultur, freie Kulturjournalistin und Autorin. Für die taz schreibt sie vor allem über zeitgenössische Kunst, Musik und Mode. Für den taz Plan beobachtet sie als Kunstkolumnistin das Geschehen in den Berliner Galerien und Projekträumen.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.