G20-Gipfel ohne Chinas Staatschef: Warum Xi nicht kommt
Chinas Staatschef kommt nicht zum G20-Gipfel am Wochenende in Indien. Das Verhältnis ist angespannt. Gönnt Peking Delhi keinen Erfolg?
Und am Montag teilte Peking mit, dass China in diesem Jahr nicht von Xi Jinping beim Gipfel vertreten sein werde. Peking schickt stattdessen nur Ministerpräsident Li Qiang zu dem Treffen der Gruppe wichtiger Wirtschaftsnationen. Es ist das erste Mal, dass ein chinesischer Staatschef ein G20-Treffen ausfallen lässt.
Das Verhältnis zwischen China und Indien ist angespannt. Delhi wehrte sich dieser Tage gegen den jüngsten Affront Pekings: eine neue Landkarte, die sowohl den indischen Bundesstaat Arunachal Pradesh als auch die umstrittene Hochebene Aksai Chin als Territorium der Volksrepublik markiert. Auf beide Gebiete erhebt Peking seit längerem Anspruch.
Die Veröffentlichung gilt in Indien als bewusste Provokation durch China. Außenminister Subrahmanyam Jaishankar konterte in indischen Medien, „absurde Ansprüche auf indisches Gebiet machen es nicht zu chinesischem“. Satellitenbilder geben zudem Hinweise auf Bauten Chinas in Aksai Chin.
Es schleicht sich das Gefühl ein, dass Peking Delhi keinen Erfolg mit einem G20-Gipfel gönnen möchte. Aus diplomatischen Kreisen war im Vorfeld von Haarspaltereien von China gegenüber Indien zu hören. China selbst hat außerdem wenig Grund, sich auf den Gipfel zu freuen: Mehrere Teilnehmerstaaten haben sogenannte De-Risking-Strategien angekündigt, darunter auch Deutschland. Ziel ist es, Handelsbeziehungen zu diversifizieren. Auf der Suche nach alternativen Handelspartnern zu China könnte Indien gestärkt aus der Entwicklung hervorgehen.
Die Rivalität der beiden Atommächte hatte Indiens Regierungschef Narendra Modi vor der Coronapandemie mit einer diplomatischen Charmeoffensive zu entschärfen versucht. Stattdessen spitzte sich das Verhältnis weiter zu. Die Spannungen äußern sich immer wieder in teils tödlichen Grenzstreitigkeiten im Himalaja.
China provoziert regelmäßig mit Karten, in denen es umstrittene Gebiete und Teile anderer Staaten für sich beansprucht. Insbesondere Taiwan wird in ihnen als chinesisches Gebiet ausgewiesen. Aber auch Nepal, Malaysia, Vietnam, Taiwan und Indonesien kritisierten die Karte. Erstaunlich war, dass Russlands Führung bislang schwieg, obwohl auch russische Territorien als chinesisch deklariert worden waren.
Auch Putin hat abgesagt
Im Vorfeld des G20-Gipfels war bereits vermutet worden, dass Chinas Präsident Xi Jinping, 70, dem Treffen fernbleiben würde. US-Amtskollege Joe Biden, 80, zeigte sich enttäuscht, Xi nicht in Indien treffen zu können. Modi und Biden wollen den Gipfel hingegen für bilaterale Gespräche nutzen.
Zuvor hatte auch Russlands Staatschef Wladimir Putin, 70, abgesagt, gegen den ein internationaler Haftbefehl vorliegt. Er war im August auch dem BRICS-Gipfel in Südafrika ferngeblieben, bei dem sowohl Indien als auch China anwesend waren. In Südafrika drohte ihm die Festnahme.
Wie aussagekräftig ein Treffen der übrigen G20-Mitglieder ohne Teilnahme der Regierungschefs der Riesen Russland und China ist, wird diskutiert. Hintergrund ist auch, dass sich sowohl Russland und China als auch Indien um alternative internationale Foren bemühen, die ohne Beteiligung des Westens auskommen.
Berichten zufolge soll auch der Präsident Mexikos nur eine Vertretung schicken. Andererseits werden Bangladeschs Premierministerin Sheikh Hasina, der Präsident der Komoren Azali Assoumani, der den Vorsitz der Afrikanischen Union innehat, sowie Lee Hsien Loong, Premierminister von Singapur, als Gäste erwartet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel demoliert beduinisches Dorf
Das Ende von Umm al-Hiran
Lang geplantes Ende der Ampelkoalition
Seine feuchten Augen
Etgar Keret über Boykotte und Literatur
„Wir erleben gerade Dummheit, durch die Bank“
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Telefonat mit Putin
Falsche Nummer
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen