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G20-Gipfel in BaliDiskussion über Krieg und Hunger

Beim G20-Gipfel drängen sich viele Themen auf. Die Verlängerung des Getreideabkommens und das Verurteilen nuklearer Drohungen wären ein Erfolg.

Ein Schiff mit ukrainischem Korn wird entladen Foto: Hassan Ammar/ap

Berlin taz | Lange ist spekuliert worden, ob Wladimir Putin zum diesjährigen Gipfel der wichtigsten Wirtschafts- und Schwellenlänger (G20) am Dienstag und Mittwoch auf die indonesische Insel Bali reist. Erst letzte Woche sagte Russlands Präsident seine persönliche Teilnahme ab und lässt sich jetzt dort von Außenminister Sergei Lawrow vertreten.

Statt Putin, der wegen seines Angriffskrieges gegen die Ukraine viel Kritik hätte einstecken müssen, gehören die Schlagzeilen längst Xi Jinping und Joe Biden, die direkt vor dem Gipfel dort erstmals als Präsidenten Chinas und der USA miteinander gesprochen haben.

Das G20-Format war infolge der globalen Finanzkrise 2008 geschaffen worden, um sich auf globaler Ebene über Wirtschafts- und Finanzfragen auszutauschen. Die Chefs von 19 Regierungen und der EU-Kommission sowie die wechselnden Gäste hatten dabei Sicherheitsfragen ursprünglich gar nicht auf der Agenda.

Doch der russische Krieg in der Ukraine drängte jetzt die vom Gastgeber Indonesien geplanten Themen globale Gesundheit und Energie in den Hintergrund. Deshalb nimmt nun auch erstmals der Präsident der Ukraine, Wolodimir Selenski, als Gast per Videoschalte teil.

China, Indien und Südafrika kritisieren Moskau bisher nicht

Er und die westlichen Vertreter wollen, dass der Gipfel geschlossen die russische Aggression verurteilt. Doch das ist unwahrscheinlich. Denn anders als bei Gipfeln der westlich orientierten Industrieländer (G7) sind die G20-Staaten viel heterogener und zum Teil geopolitische Rivalen, die nur selten Positionen teilen.

Denn auch wenn Putin jetzt fehlt, dürften sich jetzt China, Indien und Südafrika wie schon zuvor auf UN-Ebene weiterhin weigern, Russlands Ukrainekrieg zu verurteilen.

Die Beschlüsse der G20 sind unverbindlich, trotzdem sind jetzt zwei starke Signale zum Krieg denkbar, die den Gipfel zum Erfolg führen könnten. Das eine wäre ein deutliches Votum für die Verlängerung des Getreideabkommens. Es regelt den Export von Getreide und Dünger aus der Ukraine und Russland, wovon viele ärmere Länder zur Vermeidung von Hungerkrisen abhängig sind. Das Abkommen muss jetzt verlängert werden, sonst läuft es am 19. November aus.

Xi Jinpings widersprüchliche Kommunikation

Das zweite vom Gipfel erhoffte Signal wäre eine klare Zurückweisung eines möglichen Einsatzes von Atomwaffen und entsprechender Drohungen Moskaus. Bundeskanzler Olaf Scholz hat kürzlich in Peking zusammen mit Präsident Xi ein solches Statement abgegeben. Jetzt wäre es ein Erfolg, würden sich alle G20-Regierungen entsprechend erklären.

Doch dies scheint unwahrscheinlicher als ein Plädoyer für die Verlängerung des Getreiderabkommen. Denn selbst Xi, der am Montag gegenüber Biden die Warnung vor Atomdrohungen wiederholt haben soll, kommunizierte dies bisher nicht innerhalb Chinas und gegenüber Moskau.

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