piwik no script img

G-7-Protestcamp verbotenDer Kampf um die Wies’n

Hochwassergefahr nennen die Behörden für ihr Verbot des G-7-Protestcamps als Begründung. Der Wiesenbesitzer hatte schon vorher Ärger.

So schön: Innenstadtansicht Garmisch - noch ohne Demonstranten. Foto: (dpa)

BERLIN taz | 7.000 Quadratmeter saftiges Grün: Ruhig und unbestellt liegt die Wiese von Herrn R. am Ortsrand von Garmisch-Partenkirchen. Momentan aber ist dieser Flecken das umkämpfteste Terrain des 25.000-Einwohner-Städtchens und sogar weit darüber hinaus.

Rund 1.000 Gegner des G-7-Gipfels wollten auf der Wiese ihre Zelte aufschlagen. Monatelang waren die Protestler durch die Gemeinde gezogen, um nach Campflächen zu suchen: Einzig Herr R. sagte zu. Mit der Absage der Gemeinde wegen angeblicher Hochwassergefahr stehen die Protestler nun wieder am Anfang – nur anderthalb Wochen vorm Gipfelstart.

Herr R., 48 Jahre, lebt seit Langem im Ort. Oberhalb von Garmisch betreibt der dreifache Familienvater einen Berggasthof, die Gamshütte. Der Kaiserschmarrn soll köstlich sein. Am Dienstag weist R. Anfragen ab: Man solle sich in Sachen Camp-Absage an das Protestbündnis wenden.

Seinen vollen Namen will R. nicht mehr in der Zeitung lesen. Denn seit durchsickerte, dass er den Gipfelgegnern seine Wiese verpachtete, steht er im Ort unter Beschuss – und Polizeischutz. Benachbarte Landwirte befürchten das Zertrampeln ihrer Felder, Anwohner die Randale der Protestler. Die Behörden sollen im Vorfeld Bauern nahegelegt haben, den Gegner keine Felder zu überlassen: So könne man zur Gipfelzeit etwa Gülle auf die Wiesen schütten. R. aber sagte zu.

Ort „möglicherweise falsch gewählt“

Die Gemeinde stoppte ihn nun formell. Die Wiese liege im Überschwemmungsgebiet der Loisach, erklärte Sprecher Florian Nähbauer der taz. „Bereits bei verhältnismäßig kleinen Ereignissen ufert der Fluss aus.“ Teilweise betrage die Flusstiefe nur zehn Zentimeter. Nähbauer verweist auf Hochwasser in den letzten beiden Jahren. Aktuell seien Überschwemmungen „von bis zu einem halben Meter“ möglich.

Jörg Jovy, Grünen-Chef in Garmisch-Partenkirchen, hält das nicht nur für einen Vorwand. „Die Wiese liegt tatsächlich in der Hochwasserzone.“ Völlig unklar aber sei, ob in anderthalb Wochen tatsächlich eine Gefährdung vorliege, so Jovy. „Das Amt hätte daher doch erst mal genehmigen können und nur bei wirklich akuter Gefährdung absagen müssen.“ Wenn es anderweitig keinen Ort für demokratische Proteste gebe, kritisiert der Grüne, sei die Region für den Gipfel „möglicherweise falsch gewählt“.

Wiesenverpachter R. hatte den Gipfel als „größenwahnsinnige“ Inszenierung kritisiert. Er gebe „den anderen Leuten eine Bühne“. Möglicherweise hatte R. aber noch ein anderes Motiv: Revanche. Denn gerade erst ließen die Bayerischen Staatsforste den Pachtvertrag seiner Gamshütte auslaufen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Die tun mir fast ein Bisschen Leid die "Elmauer" - aber wer so wählt - der darf sich über die Heimsuchung der schwarzen Angela nicht wundern.

     

    No beds hald fleissig, dass guad ausgehn mög...

  • Jeder fühlt sich eben so vom Hochwasser bedroht wie es eben die Umgebung ergibt.