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Fußballer unter Terrorismusverdacht„Das würde der nie, nie machen“

Ex-Fußballprofi Burak Karan soll als islamistischer Krieger in Syrien gefallen sein. Sein Freund Mustafa Kucukovic will das nicht glauben.

Burak Karan, der in Syrien unter nicht geklärten Umständen ums Leben kam. Bild: dpa
Interview von Christof Ruf

taz: Herr Kucukovic, mit Burak Karan ist ein guter Freund von Ihnen gestorben. Woher kannten Sie ihn?

Mustafa Kucukovic: Wir sind zusammen aufgewachsen, haben dann später im HSV-Internat ein Zimmer geteilt. Er war eher ein Bruder als ein Freund für mich.

Sie kennen auch Buraks Bruder.

Klar, der hat mich sofort angerufen, als er von Buraks Tod erfahren hat. Am Montag haben wir dann noch mal telefoniert, da war sein toter Bruder auf dem Titelblatt der Bild zu sehen. Und jetzt bekommt die Familie ständig Anrufe, in denen sie gefragt wird, ob Burak ein Terrorist war.

Zumindest haben manche Journalisten die Frage aufgeworfen, ob er für die Islamisten kämpfte.

Ein ehemaliger Nationalspieler, der Terrorist wird, das ist natürlich eine tolle Geschichte. Komisch nur, dass keiner, der ihn wirklich kennt, sich das im Geringsten vorstellen kann. Im letzten Satz hat ja selbst die Bild die Frage aufgeworfen, ob er nun ein Terrorist war. Oder ob er Spenden gesammelt hat und den Leuten nur helfen wollte. Das ist ein verdammt großer Unterschied, finde ich.

Bild: imago/contrast
Im Interview: Mustafa Kucukovic

Der 27-jährige Stürmer, derzeit beim Drittligisten Hansa Rostock unter Vertrag, wohnte als Jungprofi im Internat des Hamburger SV im gleichen Zimmer wie Burak Karan. Er hat 17-mal für deutsche Jugendnationalmannschaften gespielt.

Was für ein Mensch war Burak Karan?

Burak hat schon mal über die Stränge geschlagen, der war kein Engel, genauso wenig wie ich. Aber er war ein herzensguter Mensch, einer, der hilfsbereit war und immer Schwächeren geholfen hat.

Burak Karan

Der ehemalige deutsche Jugendnationalspieler wurde am 11. September 1987 in Wuppertal geboren. In seiner Jugend spielte er unter anderem für Bayer Leverkusen, Hertha BSC und den Hamburger SV. Für die Jugendauswahlmannschaften des DFB war er insgesamt sieben Mal aktiv. Als Profi trat er für die Zweitvertretungen von Hannover 96 und Alemannia Aachen an, bis er 2008 abrupt seine Karriere beendete.

Bild vermeldete auf dem Titel ihrer Montagsausgabe „Deutscher Nationalspieler in Syrien von Bombe zerfetzt“ und berichtete, dass Karan sich im syrischen Bürgerkrieg auf die Seite radikaler Islamisten geschlagen habe. Am 11.Oktober 2013 sei er bei einem Luftangriff syrischer Regierungstruppen auf das Dorf Asas nahe der türkischen Grenze getötet worden. Seitdem wird um das Andenken des Verstorbenen gerungen. Familie und enge Freunde bezweifeln Karans Wandlung zum Islamisten. Unterdessen versuchen deutsche Sicherheitsbehörden Karans Tod zweifelsfrei zu verifizieren.

So beschreiben ihn auch ehemalige Mitarbeiter des HSV-Jugendinternats.

So beschreibt ihn jeder, der ihn kennt, wirklich jeder. Ich habe in den letzten Tagen sehr viele Anrufe von ehemaligen Mitspielern aus der Bundesliga und der Nationalmannschaft bekommen, und keiner von denen kann sich vorstellen, dass Murat etwas mit al-Qaida zu tun hat. Mein Trainer hier in Rostock, Andreas Bergmann, hat Burak ja selbst in Hannover trainiert und hatte selbst ganz schön zu knapsen mit der Todesnachricht.

Verständlich.

Gerade hat Bergmann zu mir gesagt: „Er war ein schwieriger Typ, das bist du auch, aber ihr seid ehrlich, und auf euch beide kann man sich immer zu 100 Prozent verlassen.“ Wenn einem auf der Straße etwas passiert ist, ist er dazwischengegangen, so ein Mensch war das. Aber das geht gerade völlig unter.

Wie reagiert denn so einer, wenn er mitbekommt, dass in Syrien Hunderttausende sterben, ohne dass der Westen einschreitet?

Na, so wie auf der Straße, er tut etwas. Er hat hier ja Spenden für Syrien gesammelt, und sein Bruder sagt, dass er unten darauf aufpassen wollte, dass die auch in die richtigen Hände kommen. Burak hat auch da wieder mehr getan, als ich mich jemals trauen würde. Ich würde jedenfalls nicht da runterfahren.

Genau das irritiert offenbar viele. Was hat er in Syrien gemacht? Und warum gibt es Fotos, die ihn als bärtigen Mann mit Kalaschnikow zeigen?

Von mir gibt es auch Fotos und dumme Aussagen, über die ich nicht nachgedacht habe. Wenn er irgendwas Böses da unten geplant hätte, hätte er doch auch seine Frau und seine zwei Kinder nicht mitgenommen. Meine Güte, wenn du Terrorist bist, musst du doch in Kauf nehmen, dass du unschuldige Menschen mit umbringst. Und dann denke ich an Burak, diesen Gerechtigkeitsfanatiker. Das würde der nie, nie machen.

Sie reden von ihm immer noch in der Gegenwartsform.

Ich bin traurig. Ich kann das gar nicht beschreiben. Da kann man nicht mehr Fußball spielen. Was für ein Glück, dass am vergangenen Wochenende spielfrei war. Jetzt sagt man sich: Es muss weitergehen. Soll ja helfen, dieser Spruch.

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6 Kommentare

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  • N
    NameAlsGast

    ".. der war kein Engel ..", aber ein "herzensguter Mensch"?

    Wie geht das zusammen?

  • Kommentar entfernt. Bitte vermeiden Sie Unterstellungen.
  • C
    Contarius

    Ich kann Herrn Kucukovic verstehen, daß er aus seiner subjektiven Perspektive nichts auf seinen ehemaligen Kumpel kommen läßt. Aber man muß auch sagen, daß man so etwas immer wieder über Gewalttäter und Terroristen liest: der war ein herzensguter Mensch, der half Omas über die Straße und war für alle da. Und am Ende stellte sich heraus, daß die Person zwei Gesichter oder sich radikal geändert hatte. Ich befürchte, das wird auch bei Burak so gewesen sein.

  • R
    reblek

    "... der war kein Engel, genauso wenig wie ich..." - Wohl eher: genauso wie ich, nicht wahr?

  • G
    GÜNES

    Auch Menschen wie ich, einer Deutschen, ist es ein Alptraum was da in SYRIEN passiert, und ich kann es gut nachvollziehen, daß junge Leute wie er, ein Fußballspieler, Nägel mit Köpfen gemacht hat "um irgend etwas zu tun", sich sogar unter Einsatz seines Lebens gegen das Unrecht zu stellen, was in SYRIEN täglich, stündlich, geschieht - während die Welt bloß zusieht und bedauernd die Schultern zuckt, statt Assad gleich anfangs vor fast 3 Jahren zur Aufgabe zu z w i n g e n . Aber jetzt - jetzt ist längst alles aus dem Ruder und zu spät. Es ist ein schier endloser Alptraum - und das nicht nur für den jungen BURAK KARAN, der es nicht mehr mitansehen konnte und (aus meiner Sicht) sein Leben geopfert hat!

  • KM
    Kara Mustafa

    Eine schlechte Nachricht aus Syrien.

    But only bad news arevgood neews