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Fußballer Thomas Müller in VancouverDie Müller-Welle reiten

Der Neuzugang von den Vancouver Whitecaps erzielt in seinem zweiten Spiel den entscheidenden Treffer und hält den Hype um ihn im Schwung.

Leidenschaftlicher Jubelschrei: Thomas Müller feiert seinen Treffer zum 3:2 für Vancouver Foto: Darryl Dyck/The Canadian Press/ap

N atürlich hat es an Thomas Müller gelegen. Dass der Deutsche Lutz Pfannenstiel nach fast fünf Jahren Amtszeit als Sportdirektor von St. Louis City SC freigestellt wurde, ist mit der Müller-Brille betrachtet eng mit dessen zweitem Spiel in der Major League Soccer verknüpft. „Bayern-Ikone Müller schießt deutschen Manager aus dem Amt“, titelte etwa das Onlineportal des Münchner Merkurs am Dienstag. Am Sonntag hatte der 35-Jährige für die Vancouver Whitecaps eben gegen St. Louis City SC den entscheidenden Treffer erzielt.

Wer weiß denn schon von der miesen Saison, die Pfannenstiels Team hinter sich hat, weshalb die Playoffs eigentlich nicht mehr zu erreichen sind. Und für Pfannenstiel selbst, der schon auf sechs Kontinenten Fußballtätigkeiten nachgegangen ist, interessiert sich hierzulande ohnehin kaum einer. Von der Müller-Mania in Vancouver berichten dagegen gerade die Münchner Medien durchaus auch mit einer gewissen Besessenheit.

Über die Wirkmacht von Müller staunen unterdessen einige in der MLS. Denn sein Premierentreffer in der 14. Minute der Nachspielzeit zum 3:2 fiel für nicht wenige ein wenig zu drehbuchartig. Einen Elfmeterpfiff brauchte es dafür, der recht zweifelhaft war, weshalb die Vancouver Sun berichtete, dieser Vorfall habe wieder einmal eine Diskussion über die Qualität der Schiedsrichter losgetreten. Es wurden Stimmen aus den sozialen Netzwerken zitiert, die von einer korrupten Liga und einem Spielende sprachen, das sich doch alle gewünscht hätten. Der ehemalige Bundesligaprofi Roman Bürki, der für St. Louis das Tor hütet, berichtete, selbst Spieler von Vancouver hätten mit Blick auf den Elfmeter von einem „Witz“ gesprochen.

Fraglos ist es gut für das Geschäft der MLS, wenn die Euphorie um den neuen Star der Liga anhält. Sein Trikot ist derzeit besonders nachgefragt und war im zentralen MLS-Onlineshop in den letzten Wochen zeitweise nicht mehr zu haben. Nach Informationen der Sport Bild hat Müller dem kanadischen Klub in diesem Bereich Rekordverkaufszahlen in der Klubgeschichte beschert.

„Unbeschreibliches Gefühl“

Neben seiner stolzen Karriere kommen seine kumpelhafte Art und Witzeleien auch in Kanada bei vielen Fans gut an. Der Müller-Humor ist universell und höchst anschlussfähig. Vermutlich würde der ehemalige deutsche Nationalspieler bei Bedarf sich auch gut durch Saudi-Arabien oder Katar witzeln.

Sein Start in Kanada hätte wohl kaum besser laufen können. Wenig verwunderlich war es, dass Müller am Montag in die MLS-Mannschaft des Spieltags gewählt wurde. In seinem ersten Spiel hatte Müller bereits das von vielen so heiß ersehnte Tor erzielt, aber an die Aufhebung der Abseitsstellung traute sich dann doch niemand heran.

Als Müller Mitte August bei seiner Ankunft am Flughafen in Vancouver bereits von rund 800 Fans begeistert empfangen wurde, erklärte er: „Ich weiß, dass ich ein bisschen einen Hype ausgelöst habe. Davon wollen wir so lange wie möglich profitieren.“ So ließ er sich am Sonntag die Gelegenheit, aus elf Metern zu treffen, selbstverständlich nicht nehmen. In der Bundesliga überließ er in den vergangenen Jahren nach einigen Fehlschüssen lieber seinen Teamkollegen die leichteste Standardaufgabe. Entsprechend leidenschaftlich feierte er am Sonntag in Vancouver nun den späten Siegtreffer. Er erklärte: „Ich habe das entscheidende Tor direkt vor unseren tollen Fans gemacht. Ein unbeschreibliches Gefühl.“

So konnten die Whitecaps in der Western Conference Division ihren dritten Platz und eine gute Ausgangsposition für die Playoffs festigen. Als ehemaliger Bayern-Spieler kann Thomas Müller ohnehin nicht anders, als über den möglichen nächsten Titel nachzudenken, auch wenn dem Klub, der nur drei Jahre älter als Müller ist, in seiner Geschichte bislang noch nie ein solcher Erfolg beschieden war.

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taz-Sportredakteur
Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.
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