Fußball aus der Mode: "Weiße Zelte"
Die Berliner Designerin Claudia Weiler hält die neuen Trikots des Nationalteams für eine modische Katastrophe.
Es ist heute eine Premiere - und das gegen Ende der Qualifikationsspiele für die Fußball-Europameisterschaft 2008 in Österreich und der Schweiz: Die deutsche Nationalmannschaft trägt beim Spiel gegen Zypern (20.15 Uhr, ZDF) zum ersten Mal die neuen EM-Trikots. Sportlich betrachtet kann selbst das neue Leibchen der Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw keinen Strich mehr durch die Rechnung machen, denn die Deutschen sind bereits vor diesem und dem letzten Spiel gegen Wales am Mittwoch für die EM qualifiziert. Jedoch könnte es heute Abend zu modischen Irritationen führen.
taz: Frau Weiler, finden Sie das neue Trikot der Fußballnationalmannschaft schick?
Claudia Weiler: Nein. Das ist ein Trikot ohne Sinn und Verstand. Auch mein Freund, der ein richtiger Fan ist, sagt: "Grauenhaft."
CLAUDIA WEILER ist Modedesignerin in Berlin-Kreuzberg. Ihr Label heißt "Killerbeast".
Joachim Löw findet aber, das Vorderteil sei ein richtiger Blickfang?
Für das Werbelogo, das drauf ist, vielleicht. Da soll wohl der Rubel rollen. Dieser schwarze Balken soll wahrscheinlich Bewegung und Dynamik darstellen, aber das ist nicht gelungen. Er erinnert mich eher an schwarze Balken auf Fotos, die den Abgebildeten unkenntlich machen. Aber vielleicht ist das ja die Botschaft: "Augen zu und durch".
Hat Ihnen schon einmal ein Fußballtrikot gefallen?
Nur eins: Das von der Fußball-Weltmeisterschaft 1954, das war echt super, richtig modisch. Aber seitdem - und seit der Fußball in der Geldmaschinerie drinsteckt - müssen die Fußballer immer in weißen Säcken mit Logos drauf rumlaufen.
Weiße Säcke?
Diese Trikots haben keinen Schnitt. Sie scheinen aus dem Grundriss eines T-Shirts geschneidert zu sein.
Könnten Fußballtrikots Ihrer Meinung nach überhaupt schicker sein?
Im Prinzip schon. Man könnte einfach knappe weiße kurzärmelige Shirts nehmen, auf denen sonst nix drauf ist. Es muss doch auch schlimm für die Jungs sein, die sich mit ihren Frisuren ganz arg bemühen, attraktiv auszusehen, und dann aber weiße Zelte tragen müssen.
Was schlagen Sie vor?
Man müsste Fußballtrikots mit mehr Fantasie gestalten. Die Fußballer könnten sich doch ein bisschen selbst auf den Arm nehmen. Zum Beispiel indem man ihre Spitznamen auf dem Trikot irgendwie darstellt. Bei Schweini etwa denke ich an ein lustiges Schweinchen als Konterfei mit einer Augenklappe. Ich vermisse den Spaß auf Fußballtrikots.
INTERVIEW VON JUTTA HEESS
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!