Fußball-WM-Vergabe 2030: Ein schriller Coup der Fifa
Der Fußballweltverband schickt die 48 WM-Teams im Jahr 2030 auf eine weite Reise über drei Kontinente: Südamerika, Afrika und Europa.
100 Jahre, nachdem die französische die mexikanische Nationalmannschaft mit 4:1 besiegte, wird das WM-Eröffnungsspiel 2030 erneut in Uruguay stattfinden. Da, „wo alles begann“, sagte Fifa-Chef Gianni Infantino, gehe es bei der Jubiläumsausgabe wieder los: „Im mythischen Estadio Centenario von Montevideo.“ Tatsächlich fand das Eröffnungsspiel der ersten Fußballweltmeisterschaft 1930 zwar im deutlich kleineren und zehn Jahre später abgerissenen Estadio Pocitos statt.
Das Nationalstadion war seinerzeit nicht rechtzeitig fertig worden. Doch der Glückseligkeit in dem kleinen südamerikanischen Land konnte diese kleine historische Ungenauigkeit nichts anhaben: „Uruguayische Champions!“, jubelte Staatspräsident Luis Lacalle Pou auf X.
„Einstimmig“ habe der Fifa-Rat entschieden, die WM 2030 in sechs Ländern und auf drei Kontinenten auszutragen, teilte der Weltverband am Mittwoch mit. Neben dem Eröffnungsspiel in Uruguay wird zu Beginn je einmal in Argentinien und Paraguay gekickt. Ursprünglich wollten die drei Nationen das Turnier gemeinsam mit Peru komplett austragen. Abgespeist wurden sie nun mit drei Vorrundenspielen.
„Zerstörung des Turniers“
Die restlichen 101 Spiele finden in Marokko, Portugal und Spanien statt. Was weder logistisch noch unter Nachhaltigkeitsaspekten sonderlich sinnvoll erscheint und laut dem einflussreichen Netzwerk von Fußballfans in Europa (FSE) der nächste Schritt in der „Zerstörung des großartigsten Turniers auf Erden“ ist, könnte für Saudi-Arabien eine gute Nachricht sein.
Denn durch die interkontinentalen Austragungen 2030 und 2026 (USA, Kanada, Mexiko) spricht nun nichts mehr dagegen, die WM 2034 trotz Katar im letzten Jahr erneut in Asien auszuspielen. Die Fifa hat sogar bereits festgelegt, dass sich nur Länder aus Asien und Ozeanien bewerben dürfen. Und da in Brisbane zwei Jahre zuvor die olympischen Sommerspiele stattfinden und außer Australien kein ozeanischer Staat infrage kommt, bleibt neben Saudi-Arabien wohl höchstens noch China übrig.
Doch während im Reich der Mitte auf einst große Ambitionen zuletzt wenig fußballerisches Engagement folgte, ist Saudi-Arabien spätestens seit diesem Sommer in aller Munde. Die knapp eine Milliarde Euro, die saudische Teams allein in Ablösesummen investiert haben sollen, lenkten erfolgreich davon ab, dass in dem Land autoritär geherrscht wird, Frauen kaum Rechte haben und unabhängige Presse verboten ist.
Der Erfolg der Katar-WM genau wie der sehr freundliche Empfang, den der saudische Staatsfonds nach seiner Mehrheitsübernahme beim englischen Traditionsklub Newcastle United erfahren hat, dürften Kronprinz Mohammed bin Salman darin bestärkt haben, dass die Methode Sportswashing funktioniert. Auch in Golf-, Box- und E-Sport haben sich die Saudis zuletzt eingekauft.
Eine Fußball-WM scheint da nur folgerichtig. Noch am selben Tag wie die Bekanntgabe der Sechs-Länder-WM kündigte der nationale Fußballverband seine Bewerbung für 2034 an: „Wir wollen unsere Fußballkultur feiern und unser Land mit der Welt teilen.“ Die asiatische Fußballkonföderation hat bereits ihre Unterstützung erklärt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen