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Funkstille zwischen Netanjahu und Arafat

■ Israels Premier hat die Palästinenser zu sehr an die Wand gedrückt

Berlin (taz) – Seit Beginn des Friedensprozesses im Nahen Osten träumen die Palästinenser davon, einen israelischen de Gaulle zum Verhandlungspartner zu haben. Und beinahe schien es so, als hätten sie in Jitzhak Rabin einen solchen gefunden. Als strategischer Kopf und knochenharter Militär hatte er eine Wende eingeleitet, die den Israelis Sicherheit und den Palästinensern Land und Freiheit versprach. Doch nach der Ermordung Rabins und der Abwahl von Schimon Peres im vergangenen Jahr wurde den Palästinensern ein Verhandlungspartner vor die Nase gesetzt, der eigentlich gar keine Verhandlungen wollte.

Das Hebron-Abkommen, das der neue Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nur auf massiven Druck der USA zum Abschluß brachte, hatte Politiker in aller Welt kurzfristig aufatmen lassen. Land gegen Frieden: Netanjanhu schien seinen eigenen ideologischen Rubikon überschritten zu haben. Die USA hatten sich noch einmal als halbwegs ehrlicher Makler aus der Affäre gezogen. Doch mit der Baugenehmigung für die Siedlung Har Homa in Ost-Jerusalem und einem Rückzug von nur neun Prozent des Territoriums der Westbank vollführte Netanjahu postwendend die Rolle rückwärts. Innenpolitisch mit der Affäre Bar On belastet, suchte der angeschlagene Ministerpräsident Rückendeckung im eigenen Lager. Die aber können nur die rechtsgerichteten Koalitionspartner und die Falken im eigenen Likud bieten.

Jede weitere Räumung der noch besetzten Gebiete wird auf den entschiedenen Widerstand dieser Partner stoßen. Netanjahu muß sich nicht einmal als Falke outen, um mit diesem Argument den Friedensprozeß ins Aus zu manövrieren. Das US-Veto im Sicherheitsrat gegen die Verurteilung der israelischen Siedlungspolitik hat zusätzlich Öl ins Feuer gegossen.

Man muß kein Hellseher sein, um die Wut des PLO-Chefs zu verstehen, der sich schlicht über den Tisch gezogen fühlt und und sich weigert, Telefonanrufe seines israelischen Partners entgegenzunehmen. Arafat spielt nicht mehr den Beleidigten, er ist beleidigt. Wenn König Hussein von Jordanien, einer der besonnensten Regenten im Nahen Osten und engster Verbündeter Israels, an Netanjahu schreibt, er habe „keinen Funken Vertrauen mehr“ in ihn, dann ist ein Maß an politischer Verstimmung erreicht, das alle Alarmglocken schrillen läßt.

Arafat steht mit dem Rücken zur Wand. Wenn die Bulldozer in Har Homa auffahren, könnte es wieder Tote und Verletzte geben, vor allem auf seiten der Palästinenser. Denn die israelische Armee ist auf einen Aufruhr weitaus besser vorbereitet als nach der Tunnelöffnung im vergangenen September. Eine bewaffnete Konfrontation aber, sei sie nun von Arafat in Kauf genommen oder bewußt herbeigeführt, liefert Netanjahu das Argument, jedweden weiteren Rückzug aus den besetzten Gebieten und die Verhandlungen über den endgültigen Status der Palästinensergebiete, die am 17. März beginnen sollen, auf unbestimmte Zeit auszusetzen. Arafat könnte dann nur noch das Scheitern des Friedensprozesses eingestehen, mit unabwägbaren Konsequenzen für sein eigenes politisches Schicksal. Die Palästinenser werden sich radikalisieren und die Reihen der Islamisten füllen. Dann wird es auch für einen israelischen de Gaulle zu spät sein. Georg Baltissen

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