Funke-Mediengruppe streicht Stellen: In Zukunft ohne euch
Der Regionalzeitungsverlag Funke will digitaler und effizienter werden. Dafür streicht er zunächst eine dreistellige Zahl an Stellen.
Die MitarbeiterInnen der Funke-Mediengruppe ahnten schon seit Dezember, dass etwas auf sie zukommt: Die Verlagsführung gab die Etatplanung für das kommende Jahr nicht frei, älteren Kollegen wurden Abfindungen angeboten, man fürchtete, dass Funke bald wohl das große Sparen einläuten würde. So erzählen es MitarbeiterInnen der Redaktionen. Dass dann aber so viele Leute gehen müssen, damit hatten die wenigsten gerechnet: Eine dreistellige Zahl von Stellen soll gestrichen werden, um einen zweistelligen Millionenbetrag einzusparen.
Betroffen sind alle Ressorts und Abteilungen, RedakteurInnen, AnzeigenverkäuferInnen, MediengestalterInnen. Wochenblätter werden verkleinert oder zusammengelegt, die Serviceredaktion an die Funke-Tochter Raufeld Medien ausgelagert. Die Druckerei in Essen soll geschlossen werden. Den 120 MitarbeiterInnen sollen Jobs in der 60 Kilometer entfernten Druckerei in Hagen angeboten werden.
Die Warsteiner Lokalredaktion der Westfalenpost mit fünf Mitarbeitern wird eingestellt, bei den drei Zeitungstiteln in Nordrhein-Westfalen will Funke rund 10 Prozent der Stellen streichen. In der Zentralredaktion in Berlin fällt gut jeder vierte Job weg: Von den 94 Angestellten müssen 22 gehen. Die Rechercheredaktion soll, so berichten es Mitglieder der Redaktion, aufgelöst und mit den verkleinerten Ressorts Politik und Wirtschaft zusammengelegt werden. Allein in Berlin dürfte Funke so etwa 3 Millionen Euro einsparen.
Funke nennt sein Sparvorhaben „Zukunftsprogramm Funke 2022“. Damit wolle der Verlag sich konsequenter auf digitale Produkte ausrichten, die Printtitel „stabilisieren“ und „Freiräume für Investitionen in neue Produkte“ schaffen, „durch Kosteneinsparung und Nutzen von Wachstumschancen im Newsmarkt“. So berichtet es Funke in einer Mitteilung.
„Überzogener Aktionismus“
Am Donnerstag informierten VerlagsvertreterInnen die Belegschaften. Die Angestellten reagierten entsetzt auf die radikalen Einschnitte. Die Geschäftsführung von Funke will sich schnell mit dem Betriebsrat zusammensetzen und über Abfindungen beraten. Der Deutsche Journalisten-Verband sprach dabei von „konfusem und völlig überzogenem Aktionismus“.
Zu Funke, ehemals WAZ, gehören zwölf Regionalzeitungen, darunter die Berliner Morgenpost, das Hamburger Abendblatt und mehrere Blätter in Nordrhein-Westfalen und Thüringen. In Thüringen hatte Funke bereits vor gut zwei Jahren rund 150 Stellen gestrichen.
Die Zentralredaktion in Berlin wurde 2015 gegründet. Dort werden die Mantelinhalte erarbeitet, die die Regionalmedien übernehmen – aus Funkes Sicht eine Effizienz- und Qualitätsmaßnahme. Daran hält Funke auch weiter fest: „Mehr denn je brauchen wir guten, verlässlichen Regional- und Lokaljournalismus. Wir dürfen uns aber nichts vormachen, seine Zukunft ist extrem gefährdet“, teilte Ove Saffe, der für das Zeitungsgeschäft verantwortliche Geschäftsführer von Funke, mit.
Bemerkbar macht sich das besonders in Thüringen, wo es immer schwerer wird, die Zeitung den AbonnentInnen zuzustellen. Daher werde der Verlag versuchen, den dortigen LeserInnen die E-Paper schmackhaft zu machen.
Zeitungmachen wird teurer
Die Kosten für die Zeitungszustellung hätten sich auch aufgrund staatlicher Maßnahmen drastisch erhöht, so Saffe weiter. Er spielt damit unter anderem auf die Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes für ZeitungszustellerInnen an. Der war anders als in den meisten Branchen erst Anfang 2018 voll in Kraft getreten. Die Zeitungszustellung werde dadurch schwieriger, so Saffe. Dazu kämen sinkende Auflagen und Werbeerlöse sowie steigende Papierpreise. „Der Schalter“ müsse jetzt „umgelegt“ werden.
Nicht bestätigen will der Verlag, dass er noch immer an der Übernahme der Springer-Printtitel leide. Die Funke-Gruppe hatte im Jahr 2013 einen großen Teil des Printgeschäfts von Axel Springer übernommen, darunter die Berliner Morgenpost und das Hamburger Abendblatt sowie Anzeigenblätter und Programmzeitschriften. Funke hatte dafür 920 Millionen Euro gezahlt. Schon damals mutmaßten Beobachter, dass der Regionalzeitungsverlag sich damit übernommen habe.
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