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Fünf Fragen an Boris Pistorius„Ich muss gucken, ob Abschiebungen möglich sind“

Boris Pistorius, 58, ist seit 2013 niedersächsischer Innenminister und war zuvor Oberbürgermeister von Osnabrück. Er sitzt im Parteivorstand der Bundes-SPD.

taz: Herr Pistorius, hinterfragen Sie, ob Ihre Äußerungen und Entscheidungen den gesellschaftlichen Rechtsruck fördern könnten?

Boris Pistorius: Das mache ich jeden Tag. Ich bin impulsiv und gelegentlich spitze ich Aussagen auch zu, gerade wenn ich mich mit der AfD auseinandersetze. Aber im Umgang mit sensiblen Themen bemühe ich mich um Differenzierung, um dem Sachverhalt gerecht zu werden.

Wie kommt es dann, dass Sie fordern, dass man Abschiebungen von Straftätern nach ­Syrien prüfen muss?

Man kann das nicht einfach pauschal ablehnen. Wenn ich wahrhaftig und ehrlich Politik machen will, muss ich mich immer wieder mit der Situation in Syrien beschäftigen und gucken, ob Abschiebungen möglich sind.

Das auszusprechen, während in einem Land noch Bürgerkrieg herrscht, könnte auch der rechten Seite nützen.

Mir lag, als ich das gesagt habe, der Bericht des Auswärtigen Amtes noch nicht vor. Wenn ich den gekannt hätte, hätte ich noch klarer gesagt, dass Abschiebungen nach Syrien zum jetzigen Zeitpunkt ausgeschlossen sind. Aber jetzt, wo ich den Bericht gelesen habe, sage ich, das kommt aktuell überhaupt nicht infrage – auch auf Sicht nicht.

Gibt es in der Asylpolitik eine neue Härte, seitdem Horst Seehofer (CSU) Innenminister ist?

Allein die Äußerung, die Migration sei die Mutter aller Probleme, ist so weit neben der Spur, dass man darüber gar nicht mehr nachdenken muss. Das war rein wahlkampfgesteuert und hat in Bayern auch nicht verfangen. 37 Prozent sind für die CSU eine echte Klatsche. Jetzt im Augenblick scheint eine Beruhigung einzutreten, weil die Wahl vorbei ist. Man hört von Seehofer nichts mehr. Ich bin aber gespannt, was vor der Europawahl passiert.

Welche Folgen haben die verbalen Entgleisungen von Seehofer?

Sie sind Wasser auf die Mühlen derjenigen, die das Thema Flüchtlinge für alles missbrauchen.

Interview Andrea Maestro

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