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Führungsfrau über Kinder und Karriere"Fürs Fensterputzen gibt's kein Lob"

Kinder und Karriere unter einen Hut zu bringen ist anstrengend, lohnt sich aber, sagt Andrea Rohmeder. Entscheidend sind Partner und Arbeitgeber, die mithelfen.

Kinderbetreuung ist essenziell für arbeitende Paare. Bild: dpa
Simone Schmollack
Interview von Simone Schmollack

taz: Frau Rohmeder, in Ihrem Unternehmen Nokia Siemens Networks beraten Sie Kolleginnen, die Mütter werden. Warum?

Andrea Rohmeder: Ich bin nicht die "Mütterbeauftragte" der Firma. Aber ich gelte als "best practice": Ich habe drei kleine Kinder, arbeite Vollzeit und in einer Leitungsfunktion. Nach jeder Geburt bin ich schnell wieder ins Büro zurückgekehrt. Erst beim dritten Kind war ich ein Jahr in Elternzeit.

Viele Mütter in Deutschland steigen mehrere Jahre aus dem Beruf aus und arbeiten später Teilzeit.

privat
Im Interview: ANDREA ROHMEDER

Die 41-Jährige ist Kommunikationsleiterin für Software bei Nokia Siemens Networks in München. Rohmeder hat drei Söhne, die 5, 4 und 2 Jahre alt sind.

Das ist ein großes Problem, in erster Linie für die Frauen. Teilzeitjobs sind ja meist anspruchsloser und bieten keinerlei Karrierechancen. Das kam für mich überhaupt nicht in Frage. Ich habe mir nach jeder Elternzeit immer wieder eine gute Position zurückerobert. Das ist auch eine Investition in die Zukunft: Ich werde noch 25 Jahre arbeiten, das kann ich mir nur auf einer interessanten Stelle vorstellen.

Raten Sie allen Frauen zur Vollzeit?

Es gibt kein Rezept, wie und in welchem Zeitrahmen Frauen arbeiten sollen. Das muss Jede für sich selbst entscheiden. Ich erzähle den Frauen, die zu mir kommen, immer nur davon, wie ich es mache.

Wie machen Sie es?

Ohne meinen Mann ginge es nicht. Der Partner muss in jedem Fall mitziehen. Mein Mann ist selbstständig und arbeitet sogar mehr, als eine Vollzeitstelle hergeben würde. Wir sind durchorganisiert: Mein Mann bringt die beiden Großen jeden Morgen in den Kindergarten und holt sie dort ab, er fährt sie zum Fußball und zum Schwimmen. Ich nehme den Kleinen mit in die Krippe. Wenn ein Kind krank ist, schauen wir beide in unsere Kalender, und es geht derjenige von uns zum Kinderarzt, der weniger Termine hat.

Sie könnten sich doch auch eine Nanny leisten.

Wir hatten sogar zwei Nannys, aber nicht lange. Eine weitere Person bringt zusätzlich Unruhe in die Familie, für uns war das eher stressiger als entlastender.

Warum sollen Mütter überhaupt arbeiten?

Ich habe meine Zeit mit den Kindern immer sehr genossen. Aber jedes Mal habe ich nach einer Weile gemerkt, dass mir das nicht reicht. Ich wollte wieder die Bestätigung bekommen für etwas, das ich gut gemacht habe, außerhalb meines Heims. Für geputzte Fenster erntet man kein Lob. Außerdem schrumpft die Hausarbeit die Zeit mit dem Kind. Mütter zu Hause haben nicht unbedingt mehr vom Kind als berufstätige Mütter. Und Mütter in Teilzeitjobs sind vor allem günstig für die Männer. Die Frauen arbeiten ein paar Stunden, kümmern sich aber trotzdem allein um Haushalt und Kinder.

Viele berufstätige Mütter beklagen, dass ihnen für sich selbst wenig Zeit bleibt.

Das ist richtig, das erlebe ich an mir auch. Abends bin ich oft so geschafft, dass ich nicht mal ans Kinoprogramm denken kann. Trotzdem glaube ich, dass es für die Paarbeziehung besser ist, wenn nicht nur der Mann arbeitet. Wer rausgeht, hat was zu erzählen. Außerdem ist es eine Frage der Eigenständigkeit. Viele Beziehungen gehen heute in die Brüche, und dann steht die Frau ohne Absicherung und ohne Rente da.

Wie sieht ein familienfreundliches Unternehmen aus?

Mit dem Unternehmen, in dem ich arbeite, habe ich großes Glück. Es gibt eine Betriebskita, und ich kann flexibel arbeiten, auch ab und zu von zu Hause aus. Hauptsache, ich erfülle meine Aufgaben und Ziele und bin erreichbar. In eine Abwesenheitsmail können wir schreiben: Ich arbeite heute von zu Hause, weil mein Kind krank ist. Bitte rufen Sie mich auf meinem Mobiltelefon an.

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7 Kommentare

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  • N
    Nina

    Ich vermisse hier ganz stark die Männer, die mal ein, zwei Jahre zu Hause bleiben. Dann wüssten Sie, wie schwer das ist. Kinder bekommen immerhin beide. Ich wehre mich entschieden gegen dieses immer noch bestehende falsche Bild, dass die Frau zu Hause bleibt, auf Karriere und Privatleben verzichtet, damit der Mann sein Leben weiterleben kann, als wäre nix passiert. Mal am Wochenende um die Kinder kümmern, super. Nein, wenn ihr Männer euch schon über sogenannte Karrierefrauen oder Emanzen beschwert, macht es doch einfach mal nach! Ich für meinen

    Teil habe unter solchen Umständen keine Lust, KInder zu bekommen. Ist auch nicht nötig, die Weltbevölkerung liegt am Montag bei 7 Milliarden, aussterben werden wir schon nicht. Dieser Vermehrungsinstinkt ist also überflüssig.

  • P
    Petra

    Ein Trauerspiel. Warum soll man die Kindererziehung anderen (fremden) Menschen überlassen anstatt sich selbst zu kümmern? Ich finde Kindererziehung sehr anspruchsvoll und einen Haushalt mit 3 Kindern zu managen ist sehr herausvordernd. Wenn man diese Aufgaben erfolgreich bewältigt stellen sich Zufriedenheit zumindest bei mir von ganz alleine ein. Da brauch ich kein Schulterklopfen und Lob von Arbeitskollegen oder meinem Chef, der mich ja doch nur zu (noch) höheren Leistungen anspornen will. Wenn ich meine grauen Zellen stärker beanspruchen will, so habe ich privat eine viel freiere Hand als im Erwerbsleben. Ein anspruchsvolles Umfeld mit dazu gehörigen Sozialkontakten muss ich mir natürlich privat Selber schaffen und wird mir nicht automatisch per Arbeitgeber mit geliefert. Ich habe eine viel höhere Achtung der Leistung der Mütter zu Hause, als der "Tussis" in den Büros und Konzernen. Leider brauchen mittlerweile scheinbar zu viele Frauen die Ausstrahlung eines internationalen Konzerns oder den Flair einer Gruppenzugehörigkeit des Arbeitgebers um sich in diesem Schein oder in dieser Ausstrahlung selbst "groß" und wertvoll zu empfinden. So geht das Land mangels Kinder weiter den Bach runter und die Gesellschaft entmenschlicht sich noch mehr. Strahlende Kinderaugen sind selten geworden. Männer die mit solchen Tussis das Risiko einer Familie eingehen auch.

  • KV
    Königin von Saba

    Man bemerke Folgendes:

    Ihr Mann ist selbstständig und bringt die Kinder früh weg und holt sie am Nachmittag wieder.

    Für Vollzeit-Arbeitende ist das aus meiner Erfahrung unmöglich.

    Wer hast schon das Glück, dass er zu Hause genauso ausgestattet ist, wie auf Arbeit und zu Hause so arbeiten kann, wie im Büro.

    Ich leider nicht.

     

    best practice! Ich hätte gerne eine Gegenüberstellung zu worst practice. Wo Arbeitgeber, Partner und Kindertagesstätte nicht mitspielen. Genau daneben- damit man es sieht.

     

    Der Finger muss in die Wunde gelegt werden.

  • KT
    Klaus Treaupheaup

    Himmel, lese ich Kinder und Karriere erwarte ich verdammt nochmal Systemkritik! Warum gibt es denn fürs Fenster putzen kein Lob? Warum hat so manch einer die Bestätigung durch eine Herde karrieregestörter Bürohängste so nötig? Natürlich hagelt es extra Lob, wenn neben der Führungsposition auch noch 3 Kinder durchgeboxt wurden. Vielleicht sollte man noch nen paar Finger amputieren. Dann heißt es: Hört, hört! Nokia, Kinder einen Mann und das alles mit nur 2 Fingern. GUT GEMACHT! Ich putz meine Fenster ja regelmäßig selbst. Da behält man den Durchblick!

  • P
    PeterPan

    Ich bin mit der Aussage, dass Mütter in Teilzeitjobs gut für die Männer wären, weil diese sich ausschließlich um den Haushalt kümmern nicht einverstanden. Meine Frau arbeitet auch in Teilzeit, das entbindet mich aber keineswegs davon, mich morgens vor der Arbeit, nach der Arbeit und vor allem an den Wochenenden auch im Haushalt einzubringen. Mit dem intrinsischen, verallgemeinernden Männerbild bin ich daher in keiner Weise einverstanden. Abgesehen davon kann ich auch nicht nachvollziehen, dass es per se problematisch oder automatisch für die Frau in einer Beziehung negativ sein soll, wenn etwas für den Mann gut ist. Diese Polarisierung auf der Methaebene erscheint mir überaus kontraproduktiv und latent männerfeindlich. Ich denke nicht, dass wir auf dieser Diskursebene weiterkommen, weil der Dualismus zwischen Mann und Frau meiner Ansicht nach mittlerweile von den herrschenden Konsummächten in hohem Maße für deren Zwecke instrumentalisiert wird. Ich habe eine 3,5 jährigen Sohn und gewinne immer mehr den Eindruck, dass kleine Jungen in unserer Gesellschaft mehr und mehr unerwünscht sind einfach aufgrund der Tatsache, dass sie eben kleine Jungen sind. Ich glaube, dass dies mit derlei Metadiskursen zusammenhängt, wie ich sie so eben kritisiert habe.

    "Etwas ist positiv für einen Menschen mit männlichem Geschlecht - also nach 2000 Jahren Patriachat geht das ja gar nicht, da müssen wir sofort mal schauen, wie dies aufgrund eines matriachalischen Revancheprinzips softort ins negative zu verkehren ist..."

    Über derlei Affekte sollte zumindest mal im stillen Kämmerlein nachgedacht werden, weil das mit Gleichberechtigung eher weniger zu tun hat.

    Im übrigen loben meine Frau und ich uns sehr wohl, wenn der Einen auffällt, dass der Andere beispielsweise das Wohnzimmer geputzt hat. Kleine auch verbale Anerkennungen sind gut für die Partnerschaft...

  • A
    aleister

    ah ja...und was wollte uns die Autorin mit diesem Artikel jetzt sagen?

  • P
    Peter

    Nicht "nur" Arbeitgeber und Partner müssen mitziehen (so wenig selbstverständlich beides in vielen Fällen leider bereits ist), die ganze Gesellschaft und Arbeitswelt sind familienfeindlich und menschenfeindlich organisiert.

     

    Dass Kinder grundsätzlich im Zweifels immer nur das "Problem" der beiden leiblichen Eltern sind, geht generell nicht klar. Wie überaus dramatisch das ist, wird im Fall von behinderten Kindern nur besonders deutlich, es gilt aber für alle.

    Nicht umsonst sagen so viele "ohne Oma und Opa ginge bei uns gar nichts"

     

    Es müssen nicht unbedingt Oma und Opa sein, es können auch die Nachbarn oder die Freunnde sein, man könnte den Eltern (und auch allen anderen) generell mehr Zeit geben, indem man von diesen unsäglichen Vollzeitarbeitszeiten mal radikal nach unten abrückt, und jeder auch von 20 oder 30 Stunden gut leben könnte, man könnte in Richtung bedingungsloses Grundeinkommen denken usw. usf.

     

    Die Möglichkeiten sind da so zahlreich und der Ist-Zustand ist so erbärmlich, dass eine Aussage wie "Arbeitgeber und Partner müssen halt mitziehen" schon fast erschreckend naiv und affirmativ ist. Was damit im Grunde gesagt werden soll, ist doch, dass dann aber auch alles in Ordnung wäre; wer's dann immer noch nicht hinkriegt, ist dann eben selber schuld.

    Ist es aber nicht. Nichts ist in Ordnung.