piwik no script img

Fritz Kuhns Pläne für Stuttgart„Da muss mehr Tempo ran“

Während die CDU im Südwesten eine weitere Niederlage verkraften muss, präsentiert der neue Stuttgarter OBM seine Pläne. Es geht vor allem um Krippen und Feinstaub.

„Ich bin einer für ganz Stuttgart“: Fritz Kuhn über seinen neuen Job. Bild: dpa

STUTTGART dpa | Wenige Stunden nach seinem spektakulären Wahlsieg in Stuttgart hat der Grünen-Politiker Fritz Kuhn erste Pläne für seine Amtszeit als Oberbürgermeister vorgestellt. Die CDU muss in Baden-Württemberg dagegen nach der Schlappe bei der Landtagswahl 2011 eine weitere herbe Niederlage verkraften.

Er plane, rasch den Ausbau der Kinderkrippen voranzutreiben und den Feinstaub zu begrenzen, sagte Kuhn am Montag in Stuttgart. „Da muss mehr Tempo ran.“ Unter anderem will der frühere Grünen-Fraktionschef im Bundestag die bisher beschlossene Versorgung von 46 Prozent bei der Kleinkindbetreuung bis 2014 noch verbessern.

Der 57-jährige Kuhn hatte am Sonntag den zweiten Wahlgang der OB-Wahl klar mit 52,9 Prozent der Stimmen gewonnen. Sein schärfster Konkurrent, der parteilose, von CDU, FDP und Freien Wählern unterstützte Unternehmer Sebastian Turner, kam nur auf 45,3 Prozent. Die CDU hatte bei der Kommunalwahl 2009 bereits die Position der stärksten Fraktion im Stuttgarter Gemeinderat an die Grünen abgeben müssen. Bei der Landtagswahl im vergangenen Jahr verlor sie nach fast 60 Jahren die Macht an Grün-Rot.

Der Politikwissenschaftler Oscar Gabriel sieht die CDU in ihrer Hochburg Baden-Württemberg vor einer langen Durststrecke. Während die Christdemokraten nicht aus dem Schatten von Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus herauskämen, sei es den Grünen in der Landesregierung gelungen, Vorbehalte konservativer Wähler zu zerstreuen. „Da wird es für die CDU langfristig sehr schwer werden, wieder eine Alternative aufzubauen“, sagte der Stuttgarter Professor.

Noch schlechter sehe es hingegen für die SPD aus, die jetzt überhaupt erstmal wieder ihren Platz finden müsse. Bei der OB-Wahl in der Landeshauptstadt war die SPD-Kandidatin Bettina Wilhelm im ersten Wahlgang mit 15,1 Prozent abgeschlagen auf dem dritten Platz gelandet und hatte ihre Kandidatur dann zurückgezogen. „Es zeichnet sich deutlich ab, dass sich die politischen Auseinandersetzungen in Baden-Württemberg in erster Linie zwischen der CDU und den Grünen abspielen werden“, sagte der Wahlforscher.

Der überzeugendere Kandidat

Für die Grünen ist nach dem Einzug von Winfried Kretschmann ins Amt des Ministerpräsidenten eine weitere Sensation perfekt. Der Realo Fritz Kuhn sei selbst für viele konservative Wähler in Stuttgart der überzeugendere Kandidat gewesen als der parteilose und politisch unerfahrene Werbeunternehmer Sebastian Turner, erklärte Experte Gabriel.

Grünen-Parteichef Cem Özdemir, der in Stuttgart mit dem Wahlsieger feierte, will nun den Schwung aus Baden-Württemberg mit in den kommenden Bundestagswahlkampf mitnehmen. „Für uns heißt es, dass man schauen muss, warum die Grünen hier so stark sind, obwohl wir im Bund ja gerade eine schwierige Phase durchmachen durch die Zuspitzung Steinbrück versus Merkel“, sagte Özdemir.

Der frühere Grünen-Bundesvorsitzende Kuhn will sich nun ganz auf Stuttgart konzentrieren. „Ich bin einer für ganz Stuttgart“, sagte er am Sonntagabend im Rathaus. Er freue sich, dass die „Schmähkampagne“ seines Konkurrenten nicht gefruchtet habe. Turner hatte dem Grünen im Endspurt des Wahlkampfs vorgehalten, er wolle überall Tempo 30 und eine City-Maut. Turner selbst sagte, er könne bisher keine Fehler in seinem Wahlkampf erkennen.

In Stuttgart waren 413.000 Menschen zur Wahl aufgerufen. Bei einer Wahlbeteiligung von 47,2 Prozent (erster Wahlgang: 46,7 Prozent) bestimmten sie aus neun Kandidaten den Nachfolger von Wolfgang Schuster (CDU), der nach 16 Jahren im Amt nicht noch einmal antreten wollte. Kuhn übernimmt am 7. Januar 2013 das OB-Amt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • S
    Stuttgart1848

    Bei einer Wahlbeteiligung von 47% der Wahlberechtigten und bei ca. 20% Einwohnern denen das Wahlrecht wegen der fehlenden Staatsbürgerschaft (welch ein Unsinn) vorenthalten wird, wurde Herr Kuhn von gerade mal 20% der Erwachsenen Stuttgarter gewählt und spricht arrogant von Hegemonie der Grünen!

    Die Halbhöhenlage darf nun mit ihren SVUs Tempo 40 fahren. Viel Erfolg!

  • WB
    Wolfgang Banse

    Noch nicht im Amt,aber schon Pläne

    Fritz Kuhn gewähter OB der Landeshausptstadt ist noch nicht im Amt als Ob ,schon legt er los,was er in Gang setzen möchte,was Kripen und die Begrenzung des Feinstaubs anbetrifft.

    Das Gesicht der landeshaptsatdt Stuttgart wird sich verändern.es wird nicht nur grüner sondern auch heller werden.

    Zu letzt lebte er in Frohnau in Berlin,die man auch als gartenstadt bezeichnen kann.wenn mal ein Prediger in einer Evangelischen kirche fehlen sollte,so kann man gelassen auf Fritz Kuhn zu gehen.In der Johanneskirche zu Frohnau hat er bereits im Rahmen der dort jährlich stattfindenden Abendprdigten gepredigt.Fritz Kuhn,ein Nann nicht nur was das Politische anbetrifft.

  • R
    reblek

    "Während die CDU im Südwesten eine weitere Niederlage verkraften muss, präsentiert der neue Stuttgarter OBM seine Pläne." - Allüberall wird "Oberbürgermeister" abgekürzt als "OB" geschrieben. Da muss erst jemand kommen, der immer mindestens in der zweiten Reihe der sogenannten Grünen gestanden hat, um mit "OBM" geadelt zu werden. Und dass Kuhn mit Sicherheit weder das Rad noch sonstwas neu erfinden und schon gar nicht irgendetwas Tolles generieren wird, werden die nächsten Jahre zeigen. Oder wie ist das mit dem genialen Entwürfen von Palmer und Co.?

  • A
    andreas

    Die Grünen sind die neue CDU, die neue Partei der Bürgerlichen. Passt auch zu der Tatsache, dass ihre Wähler das höchste Durchschnittseinkommen aller Parteien haben. Das wächst zusammen, was zusammen gehört.

    Der vermeintlich "kleine Mann/Frau" hat noch nie grün gewählt...

  • F
    Funaki

    Das Wort Sensation ist hier wohl nicht angebracht. Vor 16 Jahren hätte Rezzo Schlauch bereits gewonnen, hätte der chancenlose SPD-Bewerber seine Kandidatur im 2. Wahlgang zurück gezogen. Vor 8 Jahren hätte dann Ute Kumpf von der SPD gewonnen, hätte nicht Boris Palmer die Wiederwahl von Schuster im 2. Wahlgang empfohlen. Die Kandidatin der SPD, die übrigens von der Presse vor der Wahl konsequent als Außenseiterin dargestellt wurde (vergl. Zuspitzung Steinbrück - Merkel), sprach sich dieses Mal für Kuhn aus. Eigentlich alles wenig überraschend.

  • N
    neubau

    Die letzte Hoffnung auf den Sargnagel für Stuttgart 21 - wie gut Turner ankam, konnte man ja bei Merkels Besuch sehen.

     

    Bei einer Wahlbeteiligung von unter 50% fragt man sich aber doch ein wenig, ob das Demokratie ist oder das Hobby einiger, die immer noch daran glauben, Wahlen könnten etwas ändern.