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Friedrich Merz kandidiert als CDU-ChefEiner geht noch

Zum dritten Mal wirft der Ex-Unionsfraktionschef seinen Hut in den Ring im Kampf um die Spitze seiner Partei. Ralph Brinkhaus wird dagegen nicht antreten.

Foto: dpa

Berlin/Meschede/Mannheim/saarbrücken dpa | Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz will für den CDU-Vorsitz kandidieren. Das erfuhr dpa am Samstag aus Parteikreisen. Zudem sagte der Vorsitzende von Merz' Kreisverband Hochsauerland, Matthias Kerkhoff, am Samstag, Merz werde am Montagabend bei einer Kreisvorstandssitzung sprechen und die Bewerbung begründen. Seine Nominierung durch den Kreisvorstand gilt dann als Formsache.

Der Wirtschaftsexperte nimmt damit bereits zum dritten Mal Anlauf auf das Vorsitzendenamt, nachdem die jetzt nur noch geschäftsführende Kanzlerin Angela Merkel 2018 ihren Rückzug vom Parteivorsitz angekündigt hatte. Zuerst hatte die Bild-Zeitung berichtet.

Am Freitag hatten der Außenpolitiker Norbert Röttgen und der geschäftsführende Kanzleramtschef Helge Braun ihre Kandidaturen für den CDU-Vorsitz bekanntgegeben.

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus, der ebenfalls als möglicher Kandidat für die Nachfolge des bei der Bundestagswahl als Kanzlerkandidat gescheiterten CDU-Vorsitzenden Armin Laschet galt, verzichtete nach einem Bericht der Neuen Westfälischen auf eine Kandidatur. Während einer Sitzung seines Kreisverbandes Gütersloh am Freitagabend habe Brinkhaus nicht um einen Vorschlag seines Heimatverbandes gebeten. „Ralph Brinkhaus war der Sitzung zugeschaltet und hat nach intensiver Abwägung seinen Hut nicht in den Ring geworfen“, sagte Kreisverbandschef Raphael Tigges der Zeitung.

Röttgen und Braun hatten eine inhaltliche Neupositionierung der Partei nach ihrem Debakel bei der Bundestagswahl gefordert. Sie mahnten zu Geschlossenheit, auch mit der Schwesterpartei CSU. Zudem kündigten sie an, die Parteizentrale zu modernisieren. Der geschäftsführende Gesundheitsminister Jens Spahn hatte angekündigt, er werde auf eine erneute Kandidatur verzichten.

CDU-Bundesvize Strobl beklagt Egoshooterei

Unterdessen hat CDU-Bundesvize Thomas Strobl das Verhalten seiner Partei vor und nach der Bundestagswahl scharf kritisiert. „Wir hatten keine Themen – wenigstens keine, die bei den Menschen angekommen sind“, sagte er zum Bundestagswahlkampf am Samstag beim CDU-Landesparteitag in Mannheim. „Auch nach der Bundestagswahl haben wir es maximal schlecht gemacht.“ Es hätte durchaus eine kleine Chance für ein Jamaika-Bündnis mit FDP und Grüne geben können. Aber als man alles aus den Vorsondierungsgesprächen an Medien durchgestochen habe, habe man sich als ernsthafter Partner für die Bundesregierung selbst verabschiedet.

„Ich kann euch gar nicht sagen, wie ich diese Egoshooterei, diese Selbstdarstellerei, diese ewige Durchstecherei satt habe“, sagte Strobl unter Applaus. Wenn sich das nicht ändere, „wird's halt nix“.

Im Anschluss an seine Rede wurde Thomas Strobl allerdings mit deutlichen Stimmverlusten als Vorsitzender der CDU in Baden-Württemberg wiedergewählt. Er 66,5 Prozent der Stimmen. 185 Delegierte votierten mit Ja, 93 mit Nein. Einen Gegenkandidaten gab es nicht. Damit schnitt er deutlich schlechter ab als 2019 (83,3 Prozent), 2017 (82 Prozent), 2015 (97,86 Prozent) und 2013 (87,3 Prozent).

Tobias Hans als Saar-CDU-Chef wiedergewählt

Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans bleibt für weitere zwei Jahre Vorsitzender der Landes-CDU. Er erhielt am Samstag auf einem Parteitag in Saarbrücken 286 von 300 Delegiertenstimmen (96,2 Prozent). Elf Delegierte votierten mit Nein, drei enthielten sich. Hans wurde bereits am Freitagabend von seiner Partei zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl am 27. März 2022 mit einer Zustimmung von 96,6 Prozent gewählt. Er ist seit 2018 Ministerpräsident einer großen Koalition im Saarland.

Hans forderte, nach der verlorenen Bundestagswahl „mit breiter Brust“ in den Landtagswahlkampf zu gehen. „Wir wollen uns nicht abkoppeln von der Bundespartei, wir wollen Motor sein“. Die Saarland-Wahl solle zu einem Signal für die Bundespartei werden. „Wir sind nicht am Boden, wir kommen wieder, und der Anfang wird gemacht am 27. März“. Gleichzeitig sieht er in der Bundespartei „erheblichen programmatischen Klärungsbedarf“. Die Partei müsse sich neu aufstellen. „Das klappt am besten, wenn wir die Wahl im März gewinnen“, so Hans.

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18 Kommentare

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  • Als alter weißer Mann mit Halbglatze, ausgestattet mit Implantaten und Gefäßchirurgie, begrüße ich ausdrücklich diese Kandidatur. Wir sind die schweigende Mehrheit (müssen bloß noch die Weiber überzeugen). Aber Spaß beiseite. Bei der CDU ist jetzt der Fall eingetreten, wo keiner will und man ermüdet murmelt, okay, dann mach du es doch, du alter Angeber, hast es ja oft genug versucht.



    Eine so sentimentale wie machtbewusste Partei wie die CDU sehnt sich vermutlich eher nach einem Volvo samt Labrador als nach Röttgens ab und zu klare Analysen, die stören nur bei der Sahnetorte. Aber vielleicht muss ich mich da korrigieren: Die CDU ist längst viel moderner als viele von uns es wahrhaben wollen. Viele waren z.B. bei der Flüchtlingsarbeit engagiert, sind aufgeschlossen und liberal, auch der letzte Minister für Entwicklungszusammenarbeit war in Ordnung. Die CDU befindet sich in einer Sackgasse, keiner aus diesem Karussel der Verlierer löst auch nur den Hauch von Aufbrauchstimmung aus, von der krass konservativen Fraktion mal abgesehen.



    Gegen diese real-existierende obere CDU wirkt Söders CSU geradezu locker und lösungsorientiert (bei hohen Infektionszahlen in Bayern). Es gibt übrigens ein lustiges Video von Merz, direkt aus dem Wald, aus der Zeit vor seiner ersten Kandidatur zum Bundestag (vermutlich nicht zu deiner Erheiterung gedacht, Jim Hawkins).



    Dieser Black-Rock-Angestellte verkörpert die schwarze Null, nein, er ist eine schwarze Null. Was zynisch ist, denn er sagt ja nichts anderes, als dass der Staat sich zurückhalten soll, während die Reichen ihre Profite unkontrolliert einfahren können, wie schon während der Pandemie von gewissen Kollegen des Herrn demonstriert.



    Braun wäre der Mann fürs Hinterzimmer, er sieht aus wie mein erster Zahnarzt, der hatte dasselbe Lächeln, hinter dem ich puren Sadismus vermutete - und ich war damals noch kein Masochist.

  • "Der Wirtschaftsexperte"?

    Naja, vielleicht in diesem [1] Sinne.

    [1] www.goodreads.com/...litary-music-is-to

    • @tomás zerolo:

      Geht schonn klar.

      Allet geht auf Merz sein Deckel. Woll!

  • Ein Horrorfilm a la CDU: Friedrich Merz als ewiger Wiedergänger und Röttgen und Braun als Bettücher. Die Preview nur mit Parteimitgliedern, danach wird das dann ein Kultfilm bei den AFDlern.

  • Ich kann mir Friedrich Merz schon als CDU-Vorsitzenden vorstellen. Die anderen beiden, Röttgen und Braun sind dagegen etwas „daab“ würde man sagen. In 4 oder 8 Jahren wenn die Union wieder stärkste Partei ist und die Regierung anführt wird eh Brinkhaus Kanzler oder jemand der im Moment noch nicht auf dem Schirm ist.

    • @Der Cleo Patra:

      Ihre Kommentare bewahren einen vor dem Gefühl, bei der taz in einer Blase zu schweben. Adenauer war übrigens noch wesentlich älter als Merz und ähnlich attraktiv. Die wirkliche Frage ist nicht, welche Parteien gerade oben schwimmen und sich gegenseitig Klötze gegen die Beine werfen, um zu Kompromissen zu gelangen, die wiederum wenig lösungsorientiert ausschauen - sondern ob diese Demokratie ohne drastische Reformen (bei Steuerrecht, Renten, direkte Demokratie) überhaupt überlebt und wir nicht bald im selben Schlamassel landen wie die Briten, Italiener und Französinnen.

  • Frage:



    Was hat die DDR und die CDU gemeinsam?

    • @HoboSapiens:

      Das, was passiert, wenn man Dinge zu lange liegenlässt: Braune Bananen.

    • @HoboSapiens:

      Beide völlig zukunftsfrei.

  • Jung & divers - die CDU hat aus der Wahlschlappe gelernt. Das hatten wir nach 16 Jahre lernen, dass Klimaschutz wichtig ist, nicht anders erwartet.

  • Nichts könnte der Linken besseres passieren als eine Merz CDU. Wäre für die ganze Parteienlandschaft auch im Hinblick auf die AfD besser die Mitte würde sich etwas entzerren.

    • @Šarru-kīnu:

      „Die Linke“ ist eh Geschichte.

  • Oh Herr, ich weiß, ich bin nicht deine beste Arbeit. Dennoch gewähre mir die Bitte, diesen Hobbypiloten nicht in diese Position kommen zu lassen.

    Ihn jeden Tag in den Medien zu sehen, das würde ich nicht ertragen.

    • @Jim Hawkins:

      Merz wäre definitiv eine menschliche Katastrophe, einziger Vorteil wäre, daß eher Linke Wähler von der CDU abrücken würden. Aber ein negativer Effekt wäre, daß er Wähler aus dem rechten Spektrum auf diese Partei Vereinen könnte. Tja leider fürchte ich, wir kommen um Merz nicht herum, also abwarten wie es sich auswirkt und wie sich die neue Regierung so anstellt.

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @Jim Hawkins:

      Der „Herr“ hat Bitten stets gewährt.



      Ich hoffe, dass er Sie erhört.

      • @95820 (Profil gelöscht):

        Ihr Wort in Gottes Gehörgang!

  • Die Erneuerung der CDU. OMG.