Friedensverhandlungen in Nahost: Amnestie für 26 Palästinenser
Mit den Freilassungen kommt Netanjahu seinen Zusagen aus den Friedensgesprächen nach. Doch in der Regierung stoßen sie auf Widerstand.
JERUSALEM taz | Die Amnestie für gut zwei Dutzend palästinensische Gefangene wirft einen dunklen Schatten auf Israels Regierungskoalition. Wie Katz und Maus schleichen Justizministerin Zipi Livni und Wirtschaftsminister Naftali Bennett umeinander herum. Es sei eine extrem ernsthafte Angelegenheit, findet der nationalreligiöse Bennett, wenn „Terroristen entlassen werden, um Zipi Livni das dubiose Privileg zu sichern, mit (PLO-Friedensunterhändler Saeb) Erikat zu verhandeln“.
Die zweite Amnestie in der Nacht zum Mittwoch ist Teil der seit August stattfindenden Friedensverhandlungen zwischen Israel und der PLO. Bennett scheiterte daran, die Entlassung von 26 Langzeithäftlingen per Gesetz zu verhindern.
Von der zu Beginn der Verhandlungen gesetzten Frist bleiben noch sechs Monate. Die Amnestie von 104 palästinensischen Häftlingen, die in vier Stufen entlassen werden sollen, ist Israels Joker, um die PLO bei der Stange zu halten. Solange die Gespräche andauern, ist das Risiko geringer, dass es zu neuer Gewalt kommt. Außerdem wird der palästinensische Präsident Mahmud Abbas den Ausgang der Verhandlungen abwarten, bevor er den Kampf gegen die Besatzung auf internationaler Bühne fortsetzt.
Noch hofft Livni, die im Auftrag Israels die Verhandlungen führt, ihr Ziel zu erreichen. Nur wenige Informationen sickern an die Öffentlichkeit. „Die Palästinenser verhärten ihre Position“, berichtete Ehud Yaari von Channel 2 diese Woche. Zu den Forderungen gehöre die freie Wahl für die Flüchtlinge, nach Israel, Palästina oder in ein Drittland zu ziehen. Ferner forderten die Palästinenser freie Verfügung über das Grundwasser, Zugang zum Toten Meer, die Kontrolle der Grenzübergänge und des Luftraums, Ostjerusalem, eine Passage zwischen dem Gazastreifen und dem Westjordanland sowie einen Landtausch von nicht mehr als 1,9 Prozent.
Truppenabzug in drei Jahren
Mehr Kompromissbereitschaft, so bestätigte auch der israelische Hörfunk, signalisierten die Palästinenser in der Frage einer weiteren Zwischenlösung. Yaaris Informationen zufolge soll der Abzug der israelischen Truppen aus dem Westjordanland innerhalb von drei Jahren stattfinden. Ein endgültiger Friedensvertrag soll sechs Monate später unterzeichnet werden.
Sollten sich die Dokumente, die Channel 2 vorliegen, als richtig erweisen, signalisiert Israel Bereitschaft zu einer militärischen Präsenz entlang des Jordans nur „für eine vereinbarte Frist“. Neu ist auch der Vorschlag einer finanziellen Wiedergutmachung für palästinensischen Boden anstelle eines Gebietstauschs.
Um die nationalreligiösen Koalitionspartner trotz umstrittener Amnestie in der Regierung zu halten, stimmte Regierungschef Benjamin Netanjahu der Ausschreibung für weitere 1.200 Wohneinheiten im besetzten Westjordanland zu. Den Palästinensern versprach US-Außenminister John Kerry, Schirmherr der Verhandlungen, weitere finanzielle Zuwendungen in Höhe von 600 Millionen Dollar.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Kretschmer als MP von Linkes Gnaden
Neuwahlen hätten der Demokratie weniger geschadet
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht macht BND für Irrtum verantwortlich
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient