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Friedensprozess in KolumbienMesse der Versöhnung geplant

Kolumbien bereitet sich auf den Besuch des Papstes vor. Die Regierung und die Guerilla ELN haben zum ersten Mal eine Waffenruhe vereinbart.

Frische Kreuze für den Papst: Renovierungsarbeiten in Villavicencio, Kolumbien Foto: dpa

Buenos Aires taz | Kolumbien putzt sich heraus. Am Mittwoch kommt Papst Franziskus für fünf Tage ins Land. Schon jetzt hängen allerorten die Willkommensplakate und werden die Stühle für die großen Messen zurechtgerückt. „Habemus Papa – Fritas y al vapor“, steht auf einem Schild in der Hafenstadt Cartagena neben einem grüßenden Franziskus. Papa heißt im Spanischen nicht nur Papst, sondern auch Kartoffel und verkauft sich frittiert ebenso gut wie in Dampf gekocht.

Der Argentinier Jorge Bergoglio kennt das Wortspiel. Als „Pilger der Hoffnung und des Friedens“ werde er nach Kolumbien reisen, hatte er am Montag per Video verkündet. Der Höhepunkt wird die Messe am Freitag in Villavicencio sein, zu der 6.000 Opfer des über 50 Jahre währenden Krieges eingeladen sind, der noch immer nicht umfassend beendet ist. Erwartet wird, dass der Papst während der Messe nicht nur zu Frieden und Versöhnung aufruft, sondern auch, dass sich zwei Opfer und zwei Täter in einem symbolischen Akt versöhnen.

Er hoffe, sein Besuch werde „wie eine geschwisterliche Umarmung für jeden von euch sein“, so Franziskus in seiner Videobotschaft. Für Präsident Juan Manuel Santos kommt er genau richtig. „Der Papst besucht uns zu einem einzigartigen Zeitpunkt in unserer Geschichte. Wir schlagen das Kapitel des absurden Konflikts zu und schauen mit Hoffnung in die Zukunft“, sagte Santos. Er setzt darauf, dass die versöhnlichen Worte des Papstes die KritikerInnen seiner Friedenspolitik in die Defensive drängen.

Schon vor seiner Zeit als Papst war Jorge Bergoglio mehrfach nach Kolumbien gereist, zuletzt als Erzbischof von Buenos Aires. Und im Dezember 2016 saßen ihm Juan Manuel Santos und Álvaro Uribe gemeinsam im Vatikan gegenüber. Der ehemalige Präsident Uribe ist der schärfste Widersacher des im November 2016 zwischen der Farc-Guerilla und der Regierung geschlossenen Friedensabkommens. Mit Argusaugen werden Uribe und sein rechtes Lager Franziskus’ Auftreten verfolgen. Ob es zu einer Begegnung der beiden kommt, ist nicht bekannt.

Noch kein Durchbruch in Sicht

„Der Besuch von Franziskus ist eine Chance, die Hoffnung auf Versöhnung zu bekräftigen“, kommentierte die ELN, die zweitgrößte und weiterhin aktive Guerilla, die Visite. Für die Besuchszeit haben Regierung und ELN zum ersten Mal eine Waffenruhe vereinbart.

Sollte diese eingehalten werden, stehen die Chancen gut, dass diese auch von Oktober bis Mitte Januar gelten wird. Santos selbst hatte die Waffenruhe angekündigt und sie als vorläufigen Erfolg verbucht. Denn der bevorstehende Papstbesuch hatte zwar die seit Februar in Ecuador laufenden Verhandlungen zwischen Regierung und ELN über ein Friedensabkommen beschleunigt, aber noch keinen Durchbruch gebracht.

Eine geschwisterliche Umarmung für jeden von euch

Papst Franziskus über seinen Besuch

Anders bei der Farc. Nachdem im August unter UN-Aufsicht die Waffenabgabe der Guerilla abgeschlossen wurde, hielt die Farc Anfang September ihren Gründungskongress als politische Partei ab. Als Fuerza Alternativa Revolucionaria del Común (Alternative Revolutionäre Kraft des Volkes) firmieren sie zwar weiterhin unter dem Kürzel Farc, treten aber 2018 erstmals als politische Partei bei den Kongresswahlen an. Über Kandidaten soll im November entschieden werden.

Treffen wird sich der Papst auch mit Vertretern der katholischen Kirche Venezuelas. Kolumbien ist durch die Migration Tausender VenezolanerInnen über die gemeinsame Grenze unmittelbar von den Folgen der politischen und sozialen Krise in Venezuela betroffen. Die bisherigen Vermittlungsbemühungen des Papstes zwischen der chavistischen Regierung und der rechten Opposition haben vor allem der Regierung zu einem Zeitgewinn verholfen. Deshalb steht Venezuelas Rechte dem Vatikan eher kritisch gegenüber.

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