Friedensgespräche mit Guerilla-Gruppe: Neue Kriegsangst in Kolumbien

Die letzte noch kämpfende Guerilla ELN hat ihre Waffenruhe beendet. Nun setzt die kolumbianische Regierung die Friedensgespräche aus.

Einige ELN-Rebellen übergeben 2013 ihre Waffen in Cali, Kolumbien

Die ELN ist mit ihren 2.000 Kämpfenden weit weniger zentralistisch aufgebaut, als es die Farc war Foto: dpa

BUENOS AIRES taz | Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos hat die Friedensgespräche mit der Guerillagruppe ELN ausgesetzt. Am Mittwoch rief Santos seine Verhandlungsdelegation aus der ecuadorianischen Hauptstadt Quito zurück. Seit Februar 2017 verhandeln dort Regierung und das Ejército de Liberación Nacional (ELN) über das Ende der bewaffneten Auseinandersetzungen und ein Friedensabkommen, das dem mit der ehemaligen Farc-Guerilla vereinbarten Abkommen ähneln soll.

Mit dem Rückruf seiner Delegation reagierte Santos auf mehrere Anschläge, die unmittelbar nach dem Ablauf einer vereinbarten Waffenruhe verübt worden waren. Zugleich forderte er die Streitkräfte zu einem entschlossenen Handeln auf. Den Rebellen wird vorgeworfen, an mehreren Orten Anschläge auf militärische Einrichtungen und eine Erdölpipeline verübt zu haben. Nach Angaben der Armee hat ein Scharfschütze der ELN in der Provinz Arauca einen Soldaten erschossen.

„Heute, Dienstag, um 24 Uhr endet die 101 Tage andauernde Waffenruhe“, hatte ELN-Verhandlungsführer Pablo Beltrán tags zuvor verkündet. Die ELN habe viel für eine Verlängerung der Feuerpause in die Waagschale geworfen, von Regierungsseite sei wenig geboten worden, so Beltrán. Stattdessen habe sich die Armee in den 101 Tagen „militärische Vorteile“ verschafft.

Dennoch scheint auch Beltrán von den Ereignissen überrascht worden zu sein. Kaum waren die Aktionen bekannt, versuchte der ELN-Verhandlungsführer die Wogen zu glätten. Die neuen Kampfhandlungen sollten kein Hindernis für die Fortsetzung der Gespräche sein, sagte er. Er hoffe auf eine Rückkehr der Regierung an den Verhandlungstisch, um eine politische Lösung des Konflikts zu erreichen.

Noch wenige Stunden vor Ablauf der Waffenruhe versicherte er, die ELN befinde sich weiterhin nur im „Verteidigungsmodus“. Die ELN ist mit ihren geschätzten 2.000 Kämpfenden weit weniger zentralistisch aufgebaut, als es die Farc war. Möglich, dass nicht jede ELN-Einheit die Einschätzungen des Verhandlungsführers teilt.

Über 100 Aktivisten ermordet

Bei der am vergangenen Montag begonnenen neuen Runde sollte es auch um eine Verlängerung der Waffenruhe gehen. „Unerklärlicherweise hat sich die ELN nicht nur verweigert, sondern ihre terroristischen Anschläge genau an dem Tag wieder aufgenommen, an dem die Verhandlungen in eine neue Runde eintreten sollten“, sagte Präsident Santos und schob damit der ELN die Verantwortung zu. Sowohl die Vereinten Nationen als auch die Katholische Kirche hatten sich als Garanten der Feuerpause für eine Verlängerung eingesetzt.

ELN-Delegationschef hofft auf die Rückkehr der Regierung an den Verhandlungstisch

Die Waffenruhe war im September, wenige Tage vor dem damaligen Papstbesuch in Kolumbien, von Armee und ELN vereinbart worden. Dabei verpflichtete sich die ELN, auf Anschläge und Entführungen zu verzichten. Im Gegenzug versprach die Regierung, den Schutz von Aktivisten sozialer Bewegungen zu verbessern.

Dass dies der Regierung nur wenig gelang, belegen die Zahlen der Vereinten Nationen. Nach UN-Angaben wurden 2017 über 100 Aktivisten ermordet, die meisten in Regionen, die die Farc-Guerilla im Rahmen des Friedensprozesses geräumt hatte.

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