Friedensorganisation zu Waffenexporten: Plumpe Wahlkampftaktik
Die „Aktion Aufschrei“ geißelt die Rüstungspolitik der Bundesregierung als „heuchlerisch“. Kritisiert wird vor allem der Panzerdeal mit Saudi-Arabien.
BERLIN taz | Die Forderung zum Antikriegstag am kommenden Sonntag war deutlich: Den sofortigen Stopp aller Waffenlieferungen in die Konfliktregion rund um Syrien forderte die Kampagne „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel“ am Donnerstag in Berlin. Und auch die Kritik an der Rüstungspolitik der Bundesregierung war deutlich.
Der Genehmigungswert deutscher Waffentransfers in die Golfregion habe sich innerhalb eines Jahres von 570 Millionen Euro (2011) auf 1,42 Milliarden Euro (2012) mehr als verdoppelt, kritisierten die KampagnensprecherInnen Jürgen Grässlin und Christine Hoffmann. Anstatt Krisenstaaten mit Waffen zu unterstützen, fordert Grässlin, sollten mehr Geflüchtete aus Krisengebieten und insbesondere aus Syrien aufgenommen werden.
Zwar habe Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vorvergangene Woche die Rüstungsexporte etwa nach Ägypten aussetzen lassen - doch sei dieser Schritt deutlich zu spät gekommen. „Jetzt, da das Kind in den Brunnen gefallen ist, setzt Merkel einen Exportstopp für Waffen. Heuchlerischer und verlogener kann Politik nicht sein“, sagt Grässlin. Er vermutet dahinter plumpe Wahlkampftaktik.
Dass der „Panzler-Deal“ mit Saudi-Arabien, der 2011 und 2012 für große öffentliche Empörung sorgte, nun womöglich eben deshalb ausfällt, mochte der Politikwissenschaftler Peter Grottian zwar nicht bestätigen. Er sprach aber von einer Inszenierung: Demnach habe der Chef des deutschen Rüstungsunternehmens Krauss-Maffei-Wegmann (KMW), Frank Haun, die Nachricht generiert, der Deal - mehrere hundert Panzer des Typs Leopard 2 will die saudische Regierung von dem Rüstungsbetrieb KMW kaufen - könnte kippen.
Regierung in Riad verärgert
Prompt berichtete auch das Handelsblatt im Juli, das Geschäft mit den Saudis könnte platzen. Die Regierung in Riad wolle nicht länger warten und ärgere sich zudem über die Kritik vieler Deutscher an dem Rüstungsgeschäft. Mit der Nachricht, dass der Waffendeal platzen könnte, wolle Haun die Regierung unter Druck setzen und zur Zustimmung bewegen, sagt Grottian.
Nach seinen Informationen sei Haun von der saudischen Regierung dazu angehalten worden, Druck auf die Verantwortlichen in Berlin auszuüben. Haun sollte „die Genehmigung des Deals und damit die Lieferung der Panzer vorantreiben“.
Die Nachricht, die spanische Tochter des US-Rüstungsbauers General Dynamics, Santa Barbara, würde womöglich den Leopard 2 in Lizenz bauen, heizte die Diskussion noch weiter an. Grottian bewertet den Vorstoß von Santa Barbara als reines Wettbewerbsspielchen. Für Haun sei es aber ein weiteres Druckmittel gegen die Bundesregierung gewesen.
Auch die Kampagne geht davon aus, dass zumindest bis zur Bundestagswahl am 22. September keine Entscheidung in der Sache bekannt werden wird. Auch die Friedensaktivisten kündigten an, den Druck auf die Politik bis zur Wahl mit Aktionen weiter steigern zu wollen, unter anderem seien Demos und Lesungen geplant.
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