Freiheit für Valentin: Solidarität mit Antifa-Ultra
Jusos und Grüne Jugend fordern die Freilassung von Valentin: Der linke Werder-Ultra sitzt in U-Haft, weil er einen Hooligan verprügelt haben soll.
Am 19. April war eine Gruppe Ultras von der Polizei vom Osterdeich in die Verdener Straße getrieben worden, wo vor der Kneipe „Verdener Eck“ mehrere rechte Hooligans standen. Es kam zu heftigen Auseinandersetzungen. Im Zuge dessen soll Valentin mit acht weiteren Verdächtigen einen Hooligan angegriffen haben, den die Polizei allerdings nicht der rechten Szene zuordnet.
Das sehen die UnterstützerInnen Valentins anders. Der Vorfall ist für sie Teil des langen politischen Konfliktes zwischen linksgerichteten Ultras und den rechten Hooligan-Gruppierungen wie der „Standarte“ in Bremen.
Seit Jahren ist den Rechten die Antidiskriminierungsarbeit in der Ostkurve ein Dorn im Auge. 2007 kam es zu einem brutalen Angriff auf eine Party anti-rassistischer Ultras im Ostkurvensaal – mit milden Strafen für die Angreifer. Am Tag des Nordderbys hatten laut taz-Informationen vor den Auseinandersetzungen am Verdener Eck rechte Hooligans linke Ultras in der Stadt angegriffen.
Über Deutschland hinaus kam es für Valentin wegen dieses Hintergrunds zu Solidaritätsaktionen linker Ultra-Gruppen und AntifaschistInnen – durch Graffitis, Transparente oder Plakate in Schweden, Frankreich und sogar in Israel. Bei einer Etappe der Tour de France war „Free Valentin“ auf die Straße gemalt und auch bei einem Konzert der Band „Feine Sahne Fischfilet“ wehte ein Transparent auf der Bühne. Die Band trägt auch zu einer Soli-CD bei, die derzeit entsteht.
Horst Wesemann, der Anwalt von Valentin, begrüßt die Unterstützungsmaßnahmen. Es gebe Valentin das Gefühl, nicht allein zu sein. „Ob damit im Hinblick auf den Haftbefehl Wirkung erzielt werden kann, ist vielleicht zweifelhaft“, so Wesemann. „Es macht einen Unterschied, ob jemand nur wegen seiner politischen Betätigung verhaftet wird oder jemandem wie in diesem Fall konkrete Straftaten vorgeworfen werden. Aber ich weiß von anderen Situationen, dass die Ultras wesentlich härter angefasst werden als die Rechten.“
Die Freilassung Valentins fordern mittlerweile auch die Jusos und die Grüne Jugend aus Bremen und Niedersachsen. In einem Appell an Polizeipräsident Lutz Müller und Innensenator Ulrich Mäuer (SPD) heißt es: Es könne nicht sein, dass „die Polizei ausgerechnet die Menschen verfolgt und wegsperrt, die sich gegen gewalttätige Nazis und Hooligans selbst verteidigen müssen“. Den Hooligans werde „signalisiert, dass sie freie Bahn haben und offenbar nach wie vor keine Repression befürchten müssen“.
Polizeipräsident Lutz Müller reagierte darauf am Freitag: „Auch mir ist sehr viel daran gelegen, Faschismus, Rassismus, Homophobie, Sexismus und Antisemitismus entschieden und aktiv entgegenzuwirken. Aber gewaltfrei“, heißt es in einem Antwortschreiben. Die Polizei unterliege bei ihren Maßnahmen „engen rechtsstaatlichen Grenzen, die nach außen manchmal schwer vermittelbar sind.“ Müller bot den UnterzeichnerInnen des Briefes ein persönliches Gespräch mit ihm und Senator Mäurer an.
„So etwas kommentiere ich nicht“, sagte hingegen Staatsanwaltschaft-Sprecher Frank Passade zu den Freilassung-Fordeungen. Die Gründe für die Haft lägen im dringenden Tatverdacht und der Wiederholungsgefahr. „Es gibt überhaupt keinen Anlass ihn freizulassen, auch wenn das irgendwelche politischen Kräfte fordern“, so Passade zur taz.
Die Gewalt am Verdener Eck sei von den Ultras ausgegangen, „auch wenn es dem ein oder anderen nicht in den Kram passt“. Bei der Staatsanwaltschaft gebe es derzeit kein Verfahren gegen einen Hooligan. Dies sei „keine Frage von links und rechts“.
Die Unterstützer Valentins rufen nun am 15. August, dem ersten Bundesliga-Spieltag, zu einer Demo in Bremen auf: „Gegen Neonazis und Repression“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Berliner Sparliste
Erhöht doch die Einnahmen!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid