Freihandelsabkommen mit den USA: Lecker Chlorhühnchen kommen
Die Industrielobby dominiert die Gespräche über den Freihandel zwischen EU und USA. Zahlreiche NGOs kritisieren die Intransparenz der Verhandlungen.
BRÜSSEL taz | Vergesst Prism und die Internetüberwachung, freut euch über neue Wachstumschancen: Unter diesem Motto hat die EU-Kommission eine Charmeoffensive zu dem umstrittenen Freihandelsabkommen mit den USA gestartet. Doch nach einem ersten Treffen in Brüssel zeigten sich Umweltschützer, Gewerkschafter und Menschenrechtler unzufrieden: Die Industrielobby dominiere die Agenda, die EU sei nicht zu Garantien im Verbraucherschutz bereit. „Der Chlorhühnchenstreit ist noch lange nicht gegessen“, sagte Jürgen Knirsch von Greenpeace.
Am Dienstagabend hatte sich die EU-Kommission mit mehr als 150 Vertretern von Nichtregierungsorganisationen (NGO) getroffen. Die Behörde habe sich die Sorgen der NGO-Vertreter zwar angehört, so Knirsch, jedoch nur ausweichend geantwortet.
Die Umwelt- und Verbraucherschützer hatten ihre Forderungen bereits im Juni, also rechtzeitig vor Beginn der Gespräche, formuliert. Das Importverbot für chlorbehandelte Hühnchen made in USA ist nur einer von vielen Knackpunkten. Die EU-Kommission kündigte zwar an, europäische Verbraucherschutzstandards zu wahren und das Vorsorgeprinzip zu achten, doch verbindliche Zusagen machte sie nicht.
Dabei waren bei der ersten Freihandelsrunde in der vergangenen Woche in Washington alle sensiblen Themen auf den Tisch gekommen – auch der Verbraucherschutz. Die ausweichenden Antworten nach dem Treffen nähren nun das Misstrauen der Experten. Man werde nur nachträglich informiert und habe keinen Einfluss auf die Verhandlungen, klagten die Vertreter der Zivilgesellschaft.
Kritik kam auch aus dem Europaparlament. Es sei „eine Farce“, wie die Industrie die Gespräche dominiere, kritisierte die grüne Abgeordnete Ska Keller: „Die eigentlichen Entscheidungen werden weiterhin hinter verschlossenen Türen getroffen.“
Grüne, Sozialdemokraten und Linke im EU-Parlament hatten für eine Verschiebung der Freihandelsrunde plädiert. Zuerst müssten die Spionagevorwürfe gegen die USA geklärt werden, forderten sie – vergeblich: Die EU feierte es sogar als „großen Erfolg“, dass die erste Runde wie geplant stattfand.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!