Freihandelsabkommen mit USA: Gabriel doch gegen TTIP-Stopp
Frankreich will die Verhandlungen offiziell beenden. Doch der deutsche Wirtschaftsminister zieht nicht mit, sondern relativiert seine Kritik.
Paris/Berlin taz | Deutschland redet, Frankreich handelt: So lassen sich die jüngsten Entwicklungen bei TTIP, dem geplanten Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA, zusammenfassen. Der französische Außenhandels-Staatssekretär Matthias Fekl hat sich am Dienstag für einen definitiven Abbruch der Verhandlungen ausgesprochen. „Beim Treffen der Handelsminister in Bratislava Ende September werde ich im Namen Frankreichs ein Ende der TTIP-Verhandlungen beantragen“, sagte Fekl im RMC-Radio.
Er hatte sich in der Vergangenheit mehrfach sehr kritisch zum Stand der EU-Diskussionen mit Washington geäußert und dabei auch mit einer Beendigung der Verhandlungen gedroht. Das war jeweils als taktischer Druckversuch interpretiert worden. Doch nun scheint Paris Ernst zu machen, um den Abschluss eines Abkommens auf einer mehrheitlich negativen Basis zu verhindern.
Deutschland hingegen wird sich dieser Forderung nicht anschließen. Ein formaler Abbruch der TTIP-Verhandlungen sei „unnötig“, erklärte Bundeswirtschaftsminister und SPD-Chef Sigmar Gabriel. Zur Begründung sagte er: „Ich glaube, dass die Amerikaner TTIP aktiv beendet haben – durch schlichte Nichtbereitschaft, auf die Europäer zuzugehen.“
Doch während Gabriel am Wochenende noch davon gesprochen hatte, dass TTIP „de facto gescheitert“ sei, gab er dem Abkommen am Dienstag plötzlich doch wieder eine Chance. „Eine Einigung in diesem Jahr ist eine reine Fiktion“, erklärte Gabriel. Nach der US-Wahl könne das Freihandelsabkommen aber durchaus „wieder auf die Tagesordnung“ kommen, so der Wirtschaftsminister, möglicherweise mit einem „neuen Verhandlungsmandat“.
Für seine vermeintliche Absage an TTIP war Gabriel am Montag von Wirtschaftsvertretern und aus der CDU heftig kritisiert worden. Ganz anders in Frankreich: Dort wird die Absage an ein Abkommen, das namentlich beim Schutz der europäischen Konsumenten und Wirtschaftsinteressen viele Fragen aufwirft, weitgehend gebilligt. Auch im konservativen Lager, wo man grundsätzlich Globalisierung und Liberalisierung begrüßt, stößt TTIP in der bisherigen Fassung auf Ablehnung. Völlig dagegen sind die radikale Linke und die nationalistische Rechte (FN und andere). Selbst beim ursprünglich begeisterten Arbeitgeberverband Medef wächst die Skepsis.
Verfassungsbeschwerde gegen Ceta
Einig sind sich Gabriel und sein französischer Kollege hingegen bei Ceta, dem bereits fertig ausgehandelten Abkommen zwischen der EU und Kanada. „Das ist ein Anti-TTIP“, sagte Fekl. „Frankreich unterstützt dieses Abkommen.“ Auch Gabriel warb erneut für Ceta und betonte, dass sich die Europäer dabei in den entscheidenden Punkten durchsetzen konnten.
„Ich glaube, dass die Amerikaner TTIP aktiv beendet haben“
Das sehen viele Bürger allerdings anders: Mehr als 125.000 Menschen haben sich einer Verfassungsbeschwerde der Organisationen Foodwatch, Campact und Mehr Demokratie angeschlossen, teilten diese am Dienstag mit. Die Klageschrift wird an diesem Mittwoch in Karlsruhe eingereicht. Nach Auffassung der Kläger verstößt Ceta in vier Punkten gegen das Grundgesetz.
So sollten etwa europäisch-kanadische Ausschüsse durch Ceta so weitreichende Befugnisse erhalten, dass sie den Vertrag unter Umgehung der Parlamente auslegen und verändern können. Die in dem Abkommen geplanten Investitionsgerichte würden außerdem eine unzulässige Paralleljustiz mit Sonderrechten für kanadische Investoren einrichten.
Leser*innenkommentare
Ricky-13
taz: "Ein formaler Abbruch der TTIP-Verhandlungen sei „unnötig“, erklärte Bundeswirtschaftsminister und SPD-Chef Sigmar Gabriel. [...] Doch während Gabriel am Wochenende noch davon gesprochen hatte, dass TTIP „de facto gescheitert“ sei, gab er dem Abkommen am Dienstag plötzlich doch wieder eine Chance."
Vielleicht ist Gabriel jetzt auf den Bericht der Bertelsmann Stiftung gestoßen und hat diesen "süßen Schokoladenbericht" geschluckt.
"Eine repräsentative Bevölkerungsumfrage des Pew-Instituts in Zusammenarbeit mit der Bertelsmann Foundation ergab, dass auf beiden Seiten des Atlantiks erhebliche Wissenslücken und ein hohes Maß an Skepsis gegenüber TTIP bestehen. Um mögliche Effekte eines Freihandelsabkommens auf Wachstum und Beschäftigung in EU und USA zu ermitteln, beauftragte die Bertelsmann Stiftung das ifo-Institut mit makroökonomischen Analysen. Die modellhaften Berechnungen zeigen positive Effekte in Deutschland, in allen anderen europäischen Staaten und den USA ." [Quelle: Bertelsmann Stiftung, 28.05.2014]
Das ist doch richtig lustig, die Bertelsmann Stiftung beauftragte das ifo-Institut; also zwei „Vereine“ die schon bei der Agenda 2010 ihre Finger mit im Spiel hatten. Wer sich nicht daran erinnert was die Agenda 2010 ist, der kann ja einmal in DIE ZEIT vom 26. Oktober 2010 schauen: „Die Agenda 2010, (…) , das sind gesenkte Lohnnebenkosten, liberalisierte Zeitarbeit, Minijobs, Privatrente und das Herzstück der Reform: Hartz IV, die Verschmelzung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe auf dem niedrigen Niveau der Sozialhilfe."
Wer hätte auch gedacht, dass das ifo-Institut doch tatsächlich positive Effekte für Deutschland herausbekommt und die Bertelsmann Stiftung in ihrer positiven Meinung über TTIP bestätigt? Also, alles ganz toll mit TTIP? Man fragt sich aber schon: Wollen die uns eigentlich verarschen oder sind wir Bürger vielleicht wirklich schon so dämlich, dass wir uns so einen Bären aufbinden lassen und dieses Spiel nicht durchschauen?
IL WU
Warum sollten uns diese Institute denn belügen? Wenn die sagen, dass TTIP Wirtschaftswachstum bringt, wird es wohl stimmen. Die CDU sagt ja auch das dem so ist, und die werden die Bevölkerung ja wohl erst recht nicht belügen, oder?
Denken Sie doch bitte mal logisch.
:)
34420 (Profil gelöscht)
Gast
Vielleicht wäre mal eine SPD-Wahlergebnisumfrage mit Preisverleihung für den/die Sieger mit der genauesten Vorhersage fällig? Also
So manche tippen für Mecklenburg-Vorpommes auf ca 40 % - für die AfD!
Vielleicht wird wenigstens das Heulen unterhaltsam?
IL WU
@34420 (Profil gelöscht) hoffentlich
Frank N. Stein
TTIP Kritiker sind alle reiche, hysterische Idioten!
TTIP ist gefährlich für Europa!
TTIP ist faktische gescheitert!
Die TTIP Verhandlungen müssen weitergehen.
Alles vom selben Mann innerhalb eines Jahres.
Der entweder überhaupt keinen Plan hat oder uns alle für Vollidioten hält.
Oder beides.
Joel Klein
Dass von diesem unfähigen Zweckopportunisten keine mutige Position für länger als 24 Stunden zu erwarten war, war wohl jedem klar. Er hat eben nicht halb soviel Rückgrat wie ein Pudding - und dessen appetitliches Aussehen geht ihm obendrein auch noch ab...