Freihandelsabkommen EU-Kanada: „Die Bayern wollen Ceta nicht“
Aktivisten sammeln seit Monaten Unterschriften. Per Volksbegehren soll die Landesregierung gezwungen werden, gegen Ceta zu stimmen.
„Die Bayern wollen Ceta nicht“, sagt Hubert Weiger, der Vorsitzende des Bund Naturschutz (BN) in Bayern. Zu den Unterstützern des „Volksbegehrens gegen Ceta“ zählen auch die „Aktion Mehr Demokratie“, das Münchner Umweltinstitut und die Grünen. In keinem anderen Bundesland gibt es so viele Möglichkeiten der direkten Demokratie wie in Bayern. Damit wurde etwa das Rauchverbot in der Gastronomie durchgesetzt.
Ceta gilt als die „kleine Schwester“ des ebenfalls umstrittenen Freihandelsabkommens TTIP zwischen der EU und den USA. Befürworter hoffen dabei auf bessere Handelsmöglichkeiten und weniger Bürokratie. Gegner fürchten mehr Macht für Konzerne und geringere Schutzstandards etwa für Verbraucher.
Weiter unklar ist der Ceta-Fahrplan vonseiten der EU-Kommission. Diese erwägt, im Herbst weite Teile des Abkommens vorläufig in Kraft zu setzen. Zugleich gesteht Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zu, dass nationale Parlamente darüber abstimmen, wozu der Bundestag und möglicherweise der Bundesrat zählen. „Die Umsetzung von Ceta im Herbst muss durch zivilgesellschaftlichen Druck verhindert werden“, meint Richard Mergner vom BN.
Der Fahrplan der Ceta-Gegner in Bayern sieht so aus: Obwohl schon mehr als doppelt so viele Unterschriften gesammelt sind wie nötig, soll die Aktion noch bis Anfang August gehen. Dann wird das Volksbegehren in die Wege geleitet. Soll es erfolgreich sein, müssen sich innerhalb von zwei Wochen zehn Prozent der Wahlberechtigten in den Rathäusern dafür eintragen. Das sind knapp 1 Million Bürger.
Vor allem das Nichtraucher-Volksbegehren vor sechs Jahren hat gezeigt, dass so eine massive Mobilisierung der Menschen möglich ist. Sollten die benötigten Unterschriften beisammen sein, kommt es zu einem Volksentscheid, bei dem alle Bürger dem Begehren zustimmen oder es ablehnen. Dieses wird dann zu geltendem Recht – die Staatsregierung müsste in der Länderkammer gegen Ceta stimmen.
Auch das bayerische Innenministerium hält dieses Vorgehen im Prinzip für machbar. „Eine Bindung der Staatsregierung in EU-Angelegenheiten per Volksentscheid ist möglich“, sagt ein Sprecher zur taz. Mit diesem konkreten Fall seien allerdings „schwierigste Rechts- und Hoheitsfragen verknüpft“. Erst nach eingehender Prüfung könne gesagt werden, ob ein Anti-Ceta-Gesetz Bestand hätte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW