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Frauenrechte in FrankreichDas absolute Recht auf Abtreibung

Das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche ist von der französischen Nationalversammlung gestärkt worden. „Not-Situationen“ sind jetzt als Grund nicht mehr nötig.

Haben Pech gehabt: Abtreibungsgegnerinnen beim „Marsch für das Leben“. Bild: reuters

PARIS afp | Die französische Nationalversammlung hat für eine Stärkung des Rechts auf Abtreibung gestimmt. Die Abgeordneten votierten in der Nacht zu Mittwoch für eine Streichung einer Gesetzespassage, wonach eine Abtreibung lediglich erlaubt ist, wenn die Schwangerschaft eine Frau in eine „Not-Situation“ bringt.

In der Praxis hatte dieser Begriff das Recht auf Abtreibung zwar nicht eingeschränkt. Befürworter sehen die Streichung aber als einen wichtigen „symbolischen Fortschritt“ für die Rechte von Frauen.

In Frankreich wurden Abtreibungen 1975 nach erbitterten Debatten legalisiert. Dabei wurde der Begriff der „Not-Situation“ in das nach der damaligen Gesundheitsministerin Simone Veil benannte Gesetz aufgenommen. Die regierenden Sozialisten sehen dies als eine „veralteten Formulierung“ an.

Frauenrechtsministerin Najat Vallaud-Belkacem betonte, es gebe ein „absolutes Recht“ auf eine Abtreibung. Diese werde „nicht einfach nur unter Bedingungen toleriert“. In Frankreich werden jedes Jahr rund 220.000 Kinder abgetrieben.

Raus aus der Steinzeit

Die konservative Opposition stimmte in der Nationalversammlung mehrheitlich gegen eine Streichung des Begriffs der „Not-Situation“. Einige Abgeordnete stimmten aber dafür. Gegen die Stärkung des Rechts auf Abtreibung waren am Wochenende in Paris tausende Menschen auf die Straßen gegangen.

Die Gesetzesreform in Frankreich hatte auch vor dem Hintergrund einer in Spanien geplante Verschärfung des Abtreibungsrechts für Debatten gesorgt. Die konservative spanischen Regierung hatte kürzlich beschlossen, das erst 2010 eingeführte Recht auf Abtreibung erheblich einzuschränken.

Demnach soll ein Schwangerschaftsabbruch nur noch im Falle einer Vergewaltigung oder bei einer Gesundheitsgefährdung der werdenden Mutter erlaubt sein. Frankreichs Gesundheits- und Sozialministerin Marisol Touraine kritisierte am Dienstag, damit würden Frauen „zurück in die Steinzeit“ katapultiert.

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31 Kommentare

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  • G
    Geschöpfchen

    Abtreibung ist ein Zeichen für eine egoistische Gesellschaft. Mein Bauch gehört mir ist das Motto. Und das ungeborene kind? Man weiß doch mittlerweile, dass auch ungeborene Kinder fühlen.

    "Fötus" - ist das vielleicht eine bezeichnung für ein kleines Menschlein? Hört sich so an wie "Blindarm", den man, wenn er stört, wegmachen kann.

    Oh abstrakte Welt. Brave New World lässt grüßen.

    • @Geschöpfchen:

      und wenn das motto "dein bauch gehört mir" ist - was für eine gesellschaft ist das dann?

  • AA
    Augen auf

    Argumente zu finden die das Töten von Menschen rechtfertigen, seien es ungeborene Kinder oder vielleicht alte Menschen die zu Last fallen - das gilt heutzutage in manchen Kreisen als modern und fortschrittlich. Es finden sich auch immer schöne Umschreibungen - bei den Kindern heißt es Abtreibung und bei den Alten heißt es Sterbehilfe.

    Man ist ja auch wirklich bemüht einem eventuell aufkommenden schlechten Gewissen vorzubeugen.

    Und sollte Mann oder Frau sich eines Tages für diese Taten rechtfertigen müssen, dann war man halt Mitläufer...

     

    Mit freundlichen Grüßen

  • N
    nihi.list

    Wer uneingeschränkt/leichtfertig ja zur Abtreibung bis zum (beispielsweise) 6 Monat sagt, der muss auch uneingeschränkt ja sagen zur Verwendung von 6 Monate alten Föten als Organersatzteillager; der muss ja sagen zur gezielten Abtreibung von weiblichen Föten in entsprechenden Kulturen,...

     

    Entweder ein Fötus (oder früher Embryo) hat eine Art Bewusstsein, Schmerzempfinden und Lebensrecht oder eben nicht!

     

    Und wenn man es so betrachtet, sind meiner Meinung nach die (kirchlichen) Abtreibungsgegner wenigstens konsequent, im Gegensatz zu sehr vielen ihren Gegenspielern.

    • C
      cosmopol
      @nihi.list:

      Nö. Du argumentierst hier fundamentalistisch, wirfst einfach verschiedene Phänomene zusammen und behauptest eine ethische Gleichwertigkeit. In all diese Dinge spielen aber ganz unterschiedliche Sachen mit hinein.

       

      zB.:

      - ethischer Diskurs über das Klonen

      - Sexismus, traditionelles Patriarchat, Verbindung mit Gewalt gegen Frauen

       

      Bei ersteren inkonsequent ist zB der europäische Gerichtshof, weil er vor kirchlichen Lobbygruppen eingeknickt ist.

       

      Die gesetzliche Frist für Abtreibungen sind übrigens 3 Monate.

  • S
    simone

    "In Frankreich werden jedes Jahr rund 220.000 Kinder abgetrieben."

    Etwas unglücklich und pauschal ausgedrückt. Auch Konservative behaupten, bereits Zellhaufen wären heranwachsende Kinder und suggerieren damit, der Zellhaufen hätte dann bereits (Leid)Bewusstsein. Der nächste Schritt in deren abstrusen Logik ist, die abtreibenden Frauen als Mörderinnen zu beschimpfen. Feminismus und Frauenrechte werden anders formuliert.

  • T
    tzapatu

    Woher der Hass?

    Und warum müssen sie sich in ander Leute Leben einmischen?

    Wer sich entschließt, sein Ungeborenes zu verlieren, hat schon genug Probleme!

    Wer da "Mörder" ruft, sagt sehr viel über sich selber aus und gar nichts über die betroffenen Frauen.

    Das ist Privatsache und geht sie nichts an.

    Und es gibt mehr als einen Grund in dieser Welt ein Kind abzutreiben.

    Wenn hier irgendjemand ernsthaft daran was ändern möchte, dann bitte: machen sie die Welt lebenswerter.

    Zum Beispiel indem sie selber ein aufgeklärter liebenswerter Mensch werden.

    Wenn sie weniger Hass verbreiten, wäre das ein kleiner Anfang...

    • @tzapatu:

      Dem stimme ich zu.

      guter Beitrag.

  • H
    Horst

    Hmm, find ich schwierig. Das Thema tangiert mich nur, da ich keine Kinder ausversehen mit einem anderen Mann zeugen kann. Andererseits betrifft es mich als zukünftigen Arzt voll, da ich es falsch fänd eine Abtreibung durchzuführen ohne Indikation, dh. ohne medizinischen Grund menschliches Leben zu vernichten. Das widerstrebt mir voll und ganz.

    Außerdem sollte man auch mal die Fairneß beachten: Wenn Frauen einfach abtreiben können, aber leibliche Väter zum Unterhalt verpflichtet werden können, ist der Vater ungerechtfertigt diskriminiert. Aber diese Überlegung nur am Rande.

    • G
      Gast
      @Horst:

      Man kann ja auch Augenarzt werden,oder so...

    • C
      cosmopol
      @Horst:

      Wo ist bitte die Korrelation zwischen Unterhalt und Abtreibung?

       

      Abgesehen davon, dass Abtreibungen von spezialisierten Ärzt*innen durchgeführt werden – "vernichtet" werden befruchtete Eizellen. Aber vielleicht kommt dieser kleine, feine Unterschied im Medizinstudium noch dran...

  • C
    cyctologie

    Abtreibung ist Mord.

    keine diskussion dieser welt kann das ändern.

    vllt. gibt es rechtfertigungsgründe?

    aber 220.000 rechtfertigungsgründe pro jahr dürften sich schwer finden lassen.

    bei jeder anderen tötung eines menschen gelten nur NOTWEHR und NOTHILFE als rechtfertigungsgrund. genau so wie es das französische gesetz bisher vorsah.

    • C
      cosmopol
      @cyctologie:

      Nur, dass es da garnicht um "Menschentötung" geht, sondern um die Entfernung einer Zelle die das Potential hat mal ein Mensch zu werden. In dem Kontext sind Menstruation und Masturbation Massenmord, und keine Diskussion der Welt kann etwas daran ändern. ;)

      • C
        cosmopol
        @cosmopol:

        weil hier irgendwer sicher drauf anspringt, muss natürlich "Zellen" heißen. ;)

    • J
      JEMUS
      @cyctologie:

      Super zusammengefasst, danke.

  • H
    Heuchelei

    Frauenrechte bestehen aus Abtreibung nicht aus Nichtvergewaltigtwerden. Wer sowas nicht berichtet http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/dubai-vergewaltigte-oesterreicherin-wegen-sex-angeklagt-12762575.html

    sollte mit dem Wort Frauenrechte sparsam umgehen. Vergewaltigungen am herrmannplatz kosten übrigens 500 Eurp pro Nase falls die Frau Alkohol getrunken hatte und von Arabern vergewaltigt wurde. Da hat die taz auch kein Problem. Falls ihr das Wort dafür sucht, es heißt Heuchelei.

    • C
      cosmopol
      @Heuchelei:

      Heuchelei ist, hier ziemlich widerliche Anschuldigungen zu machen und 0 (Null) Indizien zu haben, dass diese zutreffen könnten. Was sie nicht tun, Nichtvergewaltigtwerden ist ein Frauen- wie Menschenrecht. Und was die rassistische Konnotation bzgl "von Arabern" angeht, schau dir mal die Geschichte der Vergewaltigungsprozesse in Deutschland an.

      • C
        @cosmopol
        @cosmopol:

        Zeig mir den Bericht der taz a la FAZ

        Ansonsten

        http://www.bz-berlin.de/tatorte/gericht/das-opfer-war-wehrlos-taeter-sind-frei-article1597894.html

        Kannst schnell noch mehr dazu googlen.

        Null Indizien?

        Die Geschichte der Vergewaltigungsprozesse in Deutschland schließt ein sich mal anzusehen von wem Vergewaltigungen ausgehen. Google mal Alice Schwarzer und warum man in NRW eine politisch gefärbte Kriminalitätsstatistik ohne Angabe zur Täterherkunft hat. Stichwort "90%". Ideologisch unpassende Indizien sind nicht "null Indizien". Fehlende oder halbe Berichterstattung zur Ungerechtigkeit zuhause bei gleichzeitigem Fingerzeig ins Ausland nennt man Heuchelei. Das ist schon richtig.

  • G
    Gast

    Schade, daß die Debatte so polarisiert geführt wird.

    Ich denke, Abtreibung sollte nicht das erste Mittel, sondern das letzte sein, wenn sich tatsächlich kein anderer zumutbarer Weg findet. Das sollte auch das Gesetz vermitteln. Genauso klar sollte aber sein, daß die Entscheidung über diese Zumutbarkeit letztlich allein bei der betroffenen Frau liegt.

  • BG
    Boris Gross

    So ist es richtig.

    Es geht niemanden etwas an außer die Frau die abtreiben läßt.

    • O
      Olli
      @Boris Gross:

      Vielleicht noch das ungeborene Kind?

      • C
        cosmopol
        @Olli:

        Die Bezeichnung trifft, außer bei einer sehr späten Abtreibung die nur in medizinischen Notfällen durchgeführt werden kann (oder nach deutschem Recht bei behinderten Kindern, was nicht ok ist, aber wozu ihr Anti-Abtreibungsfundis euch ja gerne ausschweigt) halt nicht zu.

  • J
    Jesus

    220.000 Abteribungen! Und das soll ein Recht sein? Was fuer ein Menschenbild ...

    • H
      Hill
      @Jesus:

      Dem liegt ein Menschenbild zugrunde, bei dem die Interessen einer bewusstseinsfähigen Frau mehr Gewicht haben als das fehlgeleitete Mitleid irgendwelcher Unbeteiligten, die aus irgendeinem Grund nicht zwischen ihrer persönlichen Gefühlslage und den Problemen anderer Menschen unterscheiden können. Und selbst wenn man einem Fötus Interessen unterstellen will, hat der Fötus das Problem, dass all seine Forderungen parasitärer Natur sind. Er könnte sich also für die Wohltätigkeit des Wirtes bedanken, sie aber nicht einfordern.

      • PA
        Parasitenfrauen abtreiben
        @Hill:

        Nach Deiner Logik lebt eine Ehefrau auch in einer parasitären Beziehung zum Mann. Cool, dann sollten wir doch auch die Lösung "Abtreibung" anstatt Unterhalt einführen ...

      • J
        JEMUS
        @Hill:

        Da niemand weiß, was Bewusstsein ist, gesschweige denn wie man es nachweist, eignet es sich kaum als Argument dafür, ob jemand leben darf oder nicht. Außerdem sind Föten "bewusstseinsfähig", auch wenn es fraglich ist, wann genau das Bewusstsein entsteht: Früher oder später werden sie es auf jeden Fall erhalten. Nach Ihrer "Logik" dürfte man sonst auch Ohnmächtige umbringen.

        Und einen Fötus als Parasiten zu bezeichen ist zwar witzig, aber geht doch an der Realität vorbei, schließlich hat die Frau ihn sich selbst beschafft. Wenn eine Frau nicht schwanger werden will soll sie halt keinen Sex haben. Wenn sie doch Sex hat muss sie mit dem Risiko des "Parasiten" leben.

        • C
          cosmopol
          @JEMUS:

          Ohnmächtige umbringen? Nein. Beide Worte enthalten falsche Unterstellungen. Aber, dass das hier das Mittel der Wahl ist sieht mensch dann ja auch am Parasitenvergleich. Zum Kotzen.

        • H
          Hill
          @JEMUS:

          Dem Ohnmächtigen dürfte es während seiner Ohnmacht tatsächlich egal sein, was mit ihm geschieht. Der Unterschied zum Fötus besteht darin, dass er vor seiner Ohnmacht eine Vorstellung von der Zukunft hat, die beeinhaltet, dass er nicht während einer Ohnmacht getötet werden will. Der Fötus hat noch gar keine Vorstellung.

          Einen Fötus als Parasiten zu bezeichnen ist nicht sonderlich witzig. Das Wort ist nur negativ belastet. In dem Moment, wo eine Frau diesen Fötus nicht in sich haben will, passt der Begriff meiner Meinung nach aber sehr gut.

      • M
        Marla
        @Hill:

        @Hill. Entlarvend, ein ungeborenes Kind wird (sachte codiert, aber dennoch deutlich) als Parasit bezeichnet.

        Wie selbstgerecht muss man sein, dieses Thema als erledigt, gelöst, ausdiskutiert zu betrachten. BeimThema Abtreibung wird es immer einen Konflikt geben. Gesellschaftlich, weil es eben unterschiedliche, aber völlig gleichwertige, Auffassungen dazu gibt. Und vor allem persönlich, weil jede Frau, die vor dieser Entscheidung steht, weiß, dass ein ungeborenes Wesen involviert ist.

        Die Gesellschaft kann nur unterstützen. Frauen helfen, auch in schwierigen Situation ein Kind zu bekommen, aber auch Frauen ermöglichen, diese schwere Entscheidung zu Fälle, ohne dabei aufgrund reaktionärer Gesetze ihr Leben zu riskieren. Und für Frauen natürlich auch im Nachhinein Unterstützung bieten.

        Wer allerdings so tut, als ob hier entweder ein Massenmord geschieht, oder als ob es nur um dir ambulante Entfernung eines lästigen Pickels geht, möge in der Diskussion schweigen.

        • C
          cosmopol
          @Marla:

          Der menschliche Körper übernimmt die "Entfernung eines lästigen Pickels" öfter auch mal selbst. Nennt sich Menstruation. Ist die jetzt auch kontrovers zu diskutieren?

    • @Jesus:

      Jesus , wieder mal auf Erden ? Tja , aus deinem Königreich wird wohl nichts werden . Fahre besser wieder zum Himmel auf .