Frauenmord und PKK: Für wen bin ich?
Die Identität des wegen Mordes an den drei PKK-Frauen Festgenommenen wirft Rätsel auf. Ist der Fall eine interne Abrechnung oder ein Geheimdienstkomplott?
PARIS taz | Die Pariser Staatsanwaltschaft hat gegen einen aus der Türkei stammenden 30-jährigen Mann ein Verfahren wegen dreifachen Mordes eingeleitet. Ömer G. steht dringend im Verdacht, am 9. Januar drei Frauen der kurdischen Arbeiterpartei (PKK) in Paris erschossen zu haben oder zumindest an der Bluttat beteiligt gewesen zu sein.
Er soll gelegentlich für eines er drei Opfer als Fahrer gearbeitet haben. Zusammen mit einem anderen Verdächtigen wurde er bereits in der vergangenen Woche festgenommen. Dieser zweite Mann wurde schon zu Wochenbeginn wieder auf freien Fuß gesetzt. Ömer G. aber verwickelte sich bei der Befragung durch die Polizei in Widersprüche.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wurden danach im Verlauf einer Hausdurchsuchung bei ihm auf einer Tasche Spuren von Schießpulver gefunden. Laut Angaben der Zeitung Le Parisien verfügen die Ermittler, die sich rasch auf den Bekanntenkreis der drei Opfer konzentriert haben, über weitere belastende Indizien gegen ihn.
Video-Überwachungskameras sollen Ömer G. angeblich kurz vor der Tat beim Betreten des Gebäudes im Norden der französischen Hauptstadt gefilmt haben. Aufgrund des dringenden Tatverdachts gegen ihn befindet er sich in Untersuchungshaft.
Kein Kurde
Konfusion herrscht noch zu seiner Herkunft. Ursprünglich wurde gemeldet, er sei selbst Kurde und PKK-Mitglied. Und sofort war von einer „internen Abrechnung“ unter Kurden im PKK-Milieu die Rede. Erst nach seiner Verhaftung wurde bekannt, dass Ömer G. kein Kurde ist.
Er stammt aus der Region Sivas und soll, wie das kurdische Pariser Informationszentrum in Erfahrung gebracht haben will, einer türkischen Familie angehören, deren Beziehungen zur extremen Rechten bekannt seien. Er habe seit Längerem in Europa gelebt und sich in Paris einer kurdischen Vereinigung angeschlossen und sehr hilfsbereit gezeigt. Ein PKK-Sprecher dementiert, dass der Tatverdächtige seiner Organisation angehört habe. Keinerlei Informationen liegen bisher zu seinem möglichen Tatmotiv vor.
Da es sich bei den drei Opfern um politische Aktivistinnen der verbotenen PKK handelt, ist die Kriminalpolizei zusammen mit der Antiterrorismuseinheit mit der Aufklärung des Mordanschlags betraut. Denn dieser könnte möglicherweise im Zusammenhang mit den Gesprächen zwischen den türkischen Behörden und dem inhaftierten PKK-Chef Öcalan stehen.
Kurdische Organisationen kritisieren, dass die französische Justiz sich so schnell auf die auch von der türkischen Regierungspartei AKP gelieferte Version einer internen Abrechnung unter Kurden konzentriere und ein von türkischen Extremisten oder Agenten organisiertes Komplott ausschließe.
Die Föderation der kurdischen Vereine in Frankreich (Feyka) protestierte in einem Kommuniqué, es sei unzulässig, dass die französischen Behörden Ankara laufend über den Stand der Ermittlungen informiert hätten, obschon doch türkische Geheimdienste ebenfalls als mögliche Täter gelten müssten. Dafür liegen allerdings in Paris zurzeit keine Anhaltspunkte vor.
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