Frauenfußballteam FC Vatikan: Mariahilf!
Bei einem Freundschaftsspiel der Frauenfußballerinnen des Vatikans in Wien kommt es zum Eklat – und zur Spielabsage.
„My body, my rules“ steht auf den Rücken dreier Spielerinnen des FC Mariahilfs, auf ihren Rücken ist ein Uterus aufgemalt. Mit hochgezogenen Trikotsn stehen sie mit dieser Botschaft da, während die Hymne des Vatikans läuft. Es ist früher Samstagnachmittag im Wiener Stadtteil Simmering, in wenigen Minuten soll hier das erste Länderspiel der vatikanischen Frauennationalmannschaft steigen. Doch daraus wird nichts. Die Spielerinnen des Kirchenstaats verlassen auf Wunsch ihres Betreuerteams das Feld und kurze Zeit später den Sportplatz. „Solche Botschaften haben im Sport nichts verloren“, sagt Trainer Gianfranco Guadagnoli danach. „Wir sind zutiefst enttäuscht.“
Der FC Mariahilf spielt im Südwesten der österreichischen Hauptstadt, die Frauensektion wurde in der abgelaufenen Saison Vierter in der drittklassigen Landesliga. Zum Aufeinandertreffen mit dem Vatikan sollte es im Rahmen der 20-Jahr-Feier des Klubs kommen. „Das alles war viel Arbeit“, sagt Trainer Alfred Gierlinger. „Es ist sehr schade, dass das so geendet hat.“ Er sitzt auf einer Bierbank, unweit der Grillstation, die anlässlich des Festes aufgebaut wurde. Es gibt Grillhähnchen und Spanferkel, daneben auch vegane Würstchen und Gemüse. Knapp 150 Leute sind gekommen, um mit dem FC Mariahilf Geburtstag zu feiern und das Spiel zu sehen.
Den Gegner hatte Gierlinger selbst eingeladen. Nachdem er in den Medien die Gründung der Mannschaft im Vatikan vernommen hatte, trat Gierlinger mit Guadagnoli per Mail in Kontakt – ziemlich genau ein Jahr ist das nun her. Ursprünglich wollte Gierlinger mit seinen Spielerinnen nach Rom reisen, um dort zu spielen. Doch sein Gegenüber hatte andere Ideen. „Wir wollten einmal im Ausland spielen“, sagte er in Wien. „Das war eine schöne Gelegenheit.“ Nachdem auch der Wiener Kardinal, Christoph Schönborn, erklärte, dass der FC Mariahilf ein „seriöser Verein“ sei, stand dem Jubiläumsspiel nichts mehr im Wege.
Parallel dazu beginnen auch Diskussionen unter den Spielerinnen in Wien. Ihr Inhalt ist politischer. Viele von ihnen können mit der katholischen Kirche und ihren Positionen nicht viel anfangen. „Der Vatikan steht für Homo- und Transphobie und ist gegen die weibliche Selbstbestimmung über den Körper““, sagt die Spielerin Franziska Wallner. „Aber in den letzten Wochen habe ich mir das schön geredet. Die Spielerinnen sind ja immerhin die Arbeiterinnen des Vatikans. Das war naiv, das sehe ich jetzt.“ Nachdem die Kirche keinen Würdenträgerinnen zulässt, sind die Spielerinnen tatsächlich entweder Angestellte im Vatikan oder ihre Angehörigen.
„Against Homophobia“
Dennoch bleibt das Spiel bis zum Schluss umstritten. Die Eckfahnen werden durch Regenbogenfahnen ersetzt, Fans bringen am Begrenzungszaun des Feldes ein „Against Homophobia“-Transparent an. All das scheint zunächst kein Problem zu sein. Bis es schließlich zur Protestaktion während der Hymne kommt. Zunächst verlangt der katholische Trainer Guadagnoli den Spielverweis der drei Spielerinnen, schließlich auch das Abhängen des Transparentes und der Eckfahnen. Die Verantwortlichen des FC Mariahilf befolgen die Order, aber es hilft nichts. Der Vatikan tritt ab. „Ich finde die Aktion der Spielerinnen völlig falsch“, sagt Gierlinger. „Aber deswegen hätte man das Spiel nicht platzen lassen müssen.“
Aktivistin des FC Mariahilf
Die Vertreter der Kirche sehen das anders. Es wären nicht nur die Botschaften an sich gewesen, die gestört hatten, sagte Gianfranco Guadagnoli, sondern auch, dass die Bilder um die Welt gegangen wären. „In Zeiten von Social Media ist alles möglich.“ Solche Fotos hat der vatikanische Abgang tatsächlich verhindert. Doch die Aufregung war umso größer. Der öffentlich-rechtliche ORF und der Privatsender Puls4 wollten Bilder vom Spiel erst im Laufe der Woche zeigen, zogen die Berichterstattung nun aber vor.
Und die drei Spielerinnen? Sie mussten nach ihrem Ausschluss in die Kabine – und blieben vorerst dort. Erst nachdem der ORF um eine Stellungnahme bittet und der Vereinsobmann auf sie einredet, kommen sie heraus. Sichtlich mitgenommen vom Geschehenen steht eine davon dem Kamerateam Rede und Antwort.
„Wir wollten das Fest nicht kaputtmachen“, sagt sie. „Aber ein harmonisches Fußballspiel konnte ich mit meinen Werten nicht vereinbaren.“
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