Frauenfußball-WM 2027: Hoffnung auf Neustart
Der DFB will mit den Niederlanden und Belgien die WM 2027 ausrichten. Für den Verband könnte das eine Chance sein, verlorenen Boden gutzumachen.
E s soll also wieder eine Fußball-WM der Frauen in Deutschland stattfinden. Der DFB hat sich ebenso wie Belgien einer Initiative des niederländischen Fußballverbands angeschlossen und bewirbt sich als Mitausrichter für die WM 2027. Zum zweiten Mal also nach 2011 könnten WM-Spiele der Frauen in Deutschland stattfinden, sollte die Fifa der Dreierbewerbung den Zuschlag geben.
Gute neun Jahre sind vergangen seit der Heim-WM, die das Signal zum Aufbruch in eine helle Zukunft für den Fußball der Frauen sein sollte. Am Ende war es der Auftakt zu neun Jahren Stagnation. Die Frauenbundesliga hat kaum Strahlkraft. Frauenländerspiele schaffen es immer noch nicht ins Hauptabendprogramm des Fernsehens. Und Deutschland hat sich aus der Weltspitze verabschiedet.
Klar, die Fußball-WM hat 2011 als Event funktioniert. Die Leute haben die Stadien gefüllt und die meisten Besucher:innen haben sich an den Fanshops rund um das Stadion mit irgendwelchen Fanutensilien eingedeckt. Und doch hat das Turnier gezeigt, dass das Großereignis im eigenen Land allein nicht dafür sorgen konnte, den Frauenfußball voranzubringen. Dem DFB sollte das Desaster von 2011 Mahnung sein.
2011 ist der DFB als amtierender Weltmeister ins Turnier gegangen und hielt sich beinahe für unschlagbar. Die Heim-WM sollte zum Schaulaufen der Vorzeigenation im Frauenfußball werden. Das Aus im Viertelfinale gegen technisch überlegene Japanerinnen war ein erstes Warnsignal. Es wurde nicht wahrgenommen. Inzwischen hat es zwei weitere Viertelfinalniederlagen für die DFB-Auswahl bei internationalen Turnieren gegeben. 2017 scheiterten die Deutschen an Dänemark und bei der WM im vergangenen Jahr in Frankreich an Schweden. Die Olympischen Spiele werden ohne DFB-Auswahl stattfinden.
Neue Bescheidenheit
Dass es mittlerweile sportlich erheblichen Nachholbedarf gibt, das weiß auch Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg. Die würde sich gewiss freuen über ein Heim-Turnier, würde sich wahrscheinlich aber dagegen verwehren, wenn der Verband ihr Team so arrogant in den Wettbewerb schicken würde, wie man dies 2011 getan hat. „Dritte Plätze sind was für Männer“ stand seinerzeit auf den Plakaten, mit denen man für die WM warb – eine Anspielung auf die deutschen Männer, die bei ihrer Heim-WM 2006 Dritte geworden waren.
Natürlich werden die Stadien voll sein, sollte die WM wirklich an die drei Länder vergeben werden. Schön wäre es aber auch, wenn die Stadien der Liga bis dahin ein wenig voller würden, als sie es vor Beginn der Coronapandemie waren. In England schaffen es die Frauenteams der großen Premier-League-Klubs zumindest zu speziell beworbenen Spielen große Zuschauermengen in die Stadien zu locken. Dabei ist die englische Liga sportlich nicht besser als die Bundesliga. Auch in Spanien und Italien gibt es inzwischen Vorzeigeevents, mit denen große Arenen gefüllt werden, während etwa der FC Bayern sogar seine Champions-League-Spiele auf dem Trainingsgelände seiner Jugendmannschaften austrägt. Da geht mehr.
Und vielleicht kann eine Heim-WM da etwas bewirken. Sie sollte nicht Startsignal sein, sondern im besten Fall die Zielflagge markieren für die Entwicklung des Frauenfußballs zu einem nachhaltig wirtschaftenden Profisport. Ob allerdings die Niederlande, Deutschland und Belgien den Zuschlag erhalten, ist keineswegs sicher.
Die nächste WM findet in Australien und Neuseeland statt. In Südamerika hat die Fifa noch nie Station für eine WM der Frauen gemacht. In Afrika auch nicht. Und wenn ein Fifa-Turnier vergeben wird, spielt immer auch eine gute Portion Machtpolitik im Verband bei der Vergabe eine Rolle. Aber vielleicht hilft ja allein die Bewerbung dem Fußball der Frauen hierzulande. Auf geht’s DFB. Da geht was.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Repression gegen die linke Szene
Angst als politisches Kalkül
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen