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Frauenfeindlichkeit bei OlympiaKeine Gleichberechtigung

Gastkommentar von Rameza Monir

Bei Olympia in Paris häufen sich frauenfeindliche Vorfälle. Vorurteile und Misstrauen gegenüber Frauen im Sport sind noch tief verwurzelt.

Die ägyptische Fechterin Nada Hafez Foto: Andrew Medichini/ap

B ei den Olympischen Sommerspielen reiht sich eine Irritation an die nächste, was Frauenrechte angeht. Zunächst sorgte die Ankündigung für Aufruhr, dass Frauen mit Hidschab von den Wettbewerben ausgeschlossen werden. Diese Regelung greift in die persönliche Freiheit und religiöse Überzeugung der Athletinnen ein und zwingt sie, zwischen ihrer sportlichen Karriere und ihrer religiösen Identität zu wählen.

Auch die Skepsis wegen der Teilnahme der ägyptischen Fechterin Nada Hafez, die im siebten Monat schwanger ist, zeigt, wie Frauen in ihren körperlichen Zuständen und Entscheidungen fremdbestimmt werden. Anstatt ihre Stärke und Entschlossenheit zu würdigen, wurde ihre Teilnahme zum Gegenstand öffentlicher Debatten und Kritik. Hafez verteidigte ihre Teilnahme: „Es gibt viele andere internationale Sportlerinnen, die schwanger so lange aktiv waren. Es gibt keine medizinischen Hindernisse, sie zu stoppen“, schrieb sie.

Zusätzlich zeigen die Vorwürfe gegen die algerische Boxerin Imane ­Khelif, sie sei „trans“ oder ein Mann, wie tief verwurzelt Vorurteile und Misstrauen gegenüber Frauen im Sport sein können. Solche Anschuldigungen untergraben nicht nur die Integrität der betroffenen Sportlerinnen, sondern auch das Vertrauen in einen fairen und respektvollen Umgang miteinander. Die Fahne der Gleichberechtigung wird hochgehalten, und dennoch kommt es zu solchen Diskriminierungen bei Olympia.

Hat nicht jede Frau das Recht, sich so zu kleiden, wie sie es möchte? Hat sie nicht das Recht, über ihren eigenen Körper zu bestimmen? Ist sie nicht fähig dazu, ihre eigenen Grenzen zu setzen und zu entscheiden, was sie für sich selbst als richtig empfindet?

Rameza Monir

ist 28 Jahre alt und hat Politikwissenschaften studiert. Sie ist im SPD-Ortsverein der nordhessischen Stadt Fritzlar als stellvertretende Vorsitzende aktiv.

Diese aktuellen Beispiele zeigen, dass die Olympischen Spiele noch weit davon entfernt sind, ein inklusives und gleichberechtigtes Umfeld für alle Athletinnen zu bieten. Die Fremdbestimmung von Frauen bleibt ein dringliches Problem, das angegangen werden muss, um den Geist der Olympischen Spiele wirklich zu verwirklichen.

Rameza Monir ist 28 Jahre alt und hat Politikwissenschaften studiert. Sie ist im SPD-Ortsverein der nordhessischen Stadt Fritzlar als stellvertretende Vorsitzende aktiv.

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9 Kommentare

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  • „… religiösen Identität zu wählen“



    Die Erfindung (der Verhüllungspflicht) durch „Unterdrückungs-Männer“ als religiöse Identität zu bezeichnen, ist so eine Sache für sich.Da sollte das Thema Gleichberechtigung eher von anderer Seite aufgerollt werden.



    Ob Embryoschutz beim Fechten wichtig ist, kann man von außen schlecht beurteilen.



    Das Problem „Frau oder nicht“ ist eine ganz diffizile Angelegenheit (Caster Semenya führt noch immer ihren Kampf gegen Verunglimpfung), wurde aber von Frauen (Konkurrentinnen) befördert.

  • Ach ja, das mit dem Hidschab scheint nicht zu stimmen. Heute sah ich beim Speedklettern eine verhüllte Teilnehmerin.

  • Apropos Schwangerschaft: "Schwangere dürfen keinen Schwimmunterricht erteilen."



    www.gew-berlin.de/...o-Mutterschutz.pdf

  • Waaas, die ist hochschwanger? Und ficht bei Olypia? Wow, sämtliche Hüte ab --- tolle Person!!! Das haut mich aus den Puschen! Die sollte auf jeden Fall stolz auf sich sein!

  • Ich war ja aufgrund des Artikels auf alles gefasst, aber nicht auf diese drei Beispiele, die man getrost auch komplett anders herum interpretieren kann und vor allem auch überhaupt nichts mit Gleichberechtigung zu tun haben.

    Die Diskussion zu Hidschab mal weggelassen, die es mit konträren Standpunkten schon sehr lange gibt:

    Ob es einen unfairen Vorteil beim Boxen gibt, hätte das IOC vorher klären müssen und hat das leider nicht getan. Leid Tragende sind nun die verdächtigen Boxerinnen und ihre Gegnerinnen.

    Eine Fechterin im siebten Monat aus dem Rennen zu nehmen, ist sicher aufgrund von ärztlichem Ratschlag erfolgt. Leistungssportler gehen immer aufs Ganze, die sind so gepolt. Und oft rettet sie der Mannschaftsarzt oder der Kampfrichter vor sich selbst, bei Männern und Frauen.

  • Sind das jetzt alle Vorfälle? Ich kann den ersten Fall - das Kopftuch - nachvollziehen. Wobei ich hier nicht verfolgt habe, wie das in Frankreich diskutiert wurde. Dort nimmt man die Trennung Staat/Kirche ja ernster.

    Die beiden anderen Fälle sind m.E. keine guten Beispiele

    Es gibt die medizinische Empfehlung im 1 und 3 Triemester nicht zu fliegen. Es gibt die medizinische Empfehlung an schwangere Frauen, den Körper nicht an die Belastungsgrenze zu bringen - z.B. beim laufen. Die Frage, ob eine im 7. Monat schwangere Frau dahermedizinisch in der Lage ist, an einer Olympiade teilzunehmen, liegt da irgendwie auf der Hand. Es bestätigt allein mein Vorurteil gegen das Fechten: Scheinbar ist der Sport nicht anstrengend, wenn die Frage so abwegig ist.

    Zum Thema Intersexualität geht es darum, dass die anderen Frauen nicht benachteiligt werden. Da gab es mittlerweile auch einen pro/contra Artikel in der taz. So ganz klar ist das also auch nicht.

  • Wie sich Leute beim Sport anziehen, sollte Ihnen überlassen werden - solange sie sich dadurch keinen regelwidrigen Vorteil verschaffen. Ich denke, Leuten das Tragen eines Hidschab zu verbieten, ist deswegen Blödsinn.

    Die anderen Beispiele liegen aber anders.



    Schwanger zum Fechten? Naja, das kann die Person ja gerne so machen. Aber was soll die Kontrahentin denken? Kann man mit vollem Elan die Körpermitte der Gegnerin angreifen, wenn man weiß, dass dort ein ungeborenes Kind lebt? Ich denke, die Diskussion hat nicht so viel mit Fremdbestimmung zu tun, sondern eher mit sportlicher Fairness.

    Stichwort Mann/Frau. Naja, in den allermeisten Lebensbereichen sollte es jedem wurstegal sein, was andere Leute für ein Geschlecht haben. Soll sich gerne jeder selbst aussuchen oder bewusst darauf verzichten. Aber ich finde, im Sport muss man darüber sprechen dürfen. In den meisten Sportarten haben weibliche Topsportlerinnen keine Chance gegen männliche Topsportlerinnen. Deshalb ja die Trennung. Damit alle Spaß haben können. Wenn es nun stichhaltige Anzeichen dafür gibt, dass jemand die biologischen Vorteile des Mannseins in einem Frauenwettkampf einsetzt, muss man darüber brainstormen dürfen.

  • "Zunächst sorgte die Ankündigung für Aufruhr, dass Frauen mit Hidschab von den Wettbewerben ausgeschlossen werden."



    Meines Wissens sind Frauen mit Hidschab nicht von den Wettbewerben ausgeschlossen. Beim französischen IOC-Team gehört der Hidschab nicht zum vorgeschriebenen Outfit. Vielleicht meint die Autorin das. Diese Einschränkung gilt allerdings auch für jedes andere Kleidungsstück. Kippa geht auch nicht.

  • Ein Olympia-Artikel, der Sport und Politisches vereint. Statt Lifestyle-Zeilen und Allgemein-Plaudereien. Danke.

    Gleichwohl macht es sich Rameza Monir womöglich etwas leicht. Bei Sport machen Muskelaufbau und Testosteronlevel nun einmal einen messbaren und bekannten großen Unterschied, v.a. bei Oberarmmuskeln und Schnelligkeit.



    Wie man das löst, da gibt es mehrere Optionen. Dass man, wenn man denn eigene Frauenwettkämpfe hat, die Frage zumindest stellen kann, welche Option davon am fairsten ist, ist aber nicht so einfach abzusprechen. Nur weil frau einen Aspekt ins Absolute hebt.