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Frauen im KongoVergewaltigt mit vorgehaltener Waffe

Ab sechs Jahren aufwärts mussten Mädchen in Minova im November 2012 damit rechnen, von Regierungssoldaten missbraucht zu werden, schreibt ein UN-Bericht.

Ein Opfer von Gewalt aus der Nähe von Minova. Das Foto ist von 2007, seitdem hat sich die Lage für Frauen nicht verbessert. Bild: reuters

BERLIN taz | Kongolesische Regierungstruppen haben verbreitet Plünderungen und sexuelle Kriegsverbrechen begangen. Ein am Mittwoch veröffentlichter Bericht des UN-Menschenrechtskommissariats und der UN-Mission im Kongo bestätigt und präzisiert entsprechende Vorwürfe. „Die Verantwortlichen für diese Verbrechen müssen wissen, dass sie verfolgt werden“, erklärte UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay. „Es bleibt noch viel zu tun, um den Opfern Gerechtigkeit zu verschaffen und das Vertrauen der lokalen Bevölkerung in die kongolesische Justiz wiederherzustellen.“

Der UN-Bericht behandelt die Intensivierung des Krieges im Ostkongo im November 2012, als die Rebellenarmee M23 (Bewegung des 23. März) elf Tage die Provinzhauptstadt Goma kontrollierte. 6.000 bis 8.000 Soldaten der Regierungsarmee FARDC waren damals ins Landesinnere geflohen, bevor sie sich in den Kleinstädten Minova und Bweremana sammelten. Schon bei der Flucht aus Goma am 19. November töteten die Soldaten zwei Menschen, so der UN-Bericht.

Minova sowie mindestens acht Dörfer und zwei Flüchtlingslager im Umland hätten sie schließlich „systematisch geplündert“. „In und um Minova“ seien zwischen dem 20. und 30. November mindestens 135 Fälle sexueller Gewalt durch die Soldaten gegen die Zivilbevölkerung erwiesen, zumeist in der Nacht zum 23. November.

„Die meisten dokumentierten Fälle folgten einem ähnlichen Muster“, so der UN-Bericht. „FARDC-Soldaten drangen in Häuser ein, meistens in Gruppen von drei bis sechs, bedrohten die Bewohner und plünderten, was sie finden konnten.

Einer oder zwei der Soldaten ging mit dem Plündergut weg und mindestens einer schob Wache, während die restlichen FARDC-Soldaten Frauen und Mädchen im Haus vergewaltigten. Opfer wurden mit dem Tode bedroht, falls sie schrien; manche wurden mit vorgehaltener Waffe vergewaltigt. Die meisten wurden von mehr als einem Soldaten vergewaltigt.“ 33 Fälle betreffen Minderjährige, darunter Mädchen im Alter von sechs Jahren.

„Mindestens 126" Vergewaltigungen

In einem früheren Teilbericht hatte die UNO von „mindestens 126“ Vergewaltigungen in Minova gesprochen. Die UN-Mission im Kongo stellte daraufhin ihre Zusammenarbeit mit zwei Armeebataillonen ein. Als deren Kommandeure und Vizekommandeure suspendiert wurden, nahm die UNO die Zusammenarbeit wieder auf. Pikantes Detail: Eines der Bataillone wurde 2010 von US-Militärausbildern als Elitebataillon trainiert.

Der UN-Bericht nennt auch Verbrechen der M23-Rebellen. Sie hätten in Goma und Sake mindestens 11 Menschen hingerichtet, es seien 59 Fälle sexueller Gewalt nachgewiesen. 49 davon wurden in Gomas Militärkaserne Katindo verübt – an Frauen geflohener Regierungssoldaten.

Die Veröffentlichung des UN-Berichts ist ein weiteres Signal für eine härtere Gangart der UNO gegenüber Kongos Regierung, nachdem die beginnende Entsendung einer neuen Interventionsbrigade bereits für die Rebellen ein Warnsignal ist. Bisher hatten UN-Stellen die M23 wiederholt härter kritisiert als die Regierungsarmee, obwohl Letzterer mehr Verbrechen nachgewiesen sind.

Die Strafverfolgung mutmaßlicher Täter durch Kongos Justiz ist eher symbolisch. Laut UN-Bericht sind wegen Minova elf FARDC-Soldaten verhaftet worden, darunter nur zwei wegen Vergewaltigung und zwei wegen Mordes.

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7 Kommentare

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  • A
    aujau

    @magy: danke fuer die info.

  • M
    magy

    11.05.2013 14:33 UHR

    von aujau:

    Was koennen wir tun?

     

    danke, das Sie fragen hier Internetseiten mit Kontakt ist in english. Dort wird die meiste Hilfe dringend gebraucht, der Staat tut ja nichts

    http://www.panzihospital.org/

    http://www.panzihospital.org/contact/press

    http://www.panzihospital.org/archives/1531

     

    Hinterfragen und fragen wie Sie helfen können. Ich hoffe Sie meinen es ernst.

  • A
    aujau

    Was koennen wir tun?

  • G
    Geschlechtskonstruktion

    Sehr geehrte Frau/Herr Doroina,

     

    würden sie die Geschichte der zwischenmenschlichen Kommunikation betrachten, so würden sie feststellen, dass verschiedenste Formen der zwischenmenschlichen Kommunikation niemals verschwunden sind.

     

    Zum Glück wird in diesem Artikel, welcher von einem Mann* verfasst wurde, eine bestimmte Kommunikationspraxis der öffentlichkeit zugänglich gemacht. Dies wird hoffentlich dazu beitragen, die so genannte Weltgemeinschaft zu mobilisieren, damit den betroffenen Menschen Hilfe zukommen kann. Ich persönlich denke, dass dieser sogenannte männliche Autor für die unversehrtheit von Leib und Leben aller Menschen einzusetzen versucht. Weshalb viele Menschen ein solches Leiden nicht zu sehen im stande sind und den Betroffenen somit jeglichen Schutz verwähren, vermag ich nicht nachzuvollziehen! Zudem verstehe ich nicht, welche Rolle für sie das biologische Geschlecht bei derartigen Handlungen spielt!

     

    *(biologisches Geschlecht, d.h. dieser Mensch ist im Besitz eines Phallus)

  • M
    magy

    Doroina, sorry, das ist alles was Sie dazu zu sagen haben zu all dem Leid das diese Frauen, diese Mädchen, die Kleinkinder im Alter von 2 bis 4 Jahren zu Tausenden erleben und ertragen mußten ?

     

    Jede Vergewaltigung ist ein entsetzliches Erlebnis, wo immer sie in der Welt geschieht. Aber einen ganzen Landstrich über so viele Jahre zu terrorisieren ist nochmal eine andere Dimension.

  • D
    Doroina

    Was ist eigentlich mit den Männern los???????

     

    Kongo, Indien, Pakistan, Deutschland, USA, Großbritannien, Irland, Österreich, Belgien, Südafrika, .....

  • M
    magy

    Wie sollen die Menschen in Kongo Vertrauen in die Regierung und deren Justiz haben können. Justiz wird doch von der Regierung gegängelt. Die eigene Armee Kabilas hat geraubt, gemordet, vergewaltigt und keinem ist was passiert. Darum konnten die Soldaten Kabilas oder all die Rebellengruppen die Frauen und Kinder als Freiwild benutzen, ihre Abartigkeiten ausleben,und wenn es gerade so viel Spaß macht zerhacken wir sie auch gleich noch.. Aber vorher verstümmeln die noch die Frauen im Genitalbereich mit Gewehrschüssen, mit heißem Plastik, aufschneiden der Scheide bis zum geht nicht mehr weiter, hacken mit der Machete irgendwo zwischen den Beinen drauf. Ich sage das so brutal, weil es so brutal war, weil es sonst keinen berührt. Diese Frauen und Mädchen sind für immer gezeichnet außen wie innen, können viele davon keine Kinder mehr bekommen, die aber für afrik. Frauen wichtig sind, weil sie sonst wertlos sind.

    Wer hilft denn den Frauen und Mädchen die von ihren Vergewaltigern geschwängert wurden, abgesehen von ihren seel. Verletzungen.

    Welch ein Ergebnis, das ein paar Hanseln verhaftet wurden, wo doch TAUSENDE über sie hergefallen sind über so viele Jahre. Da kann es sein, das man die paar Hanseln (Bauernopfer)sogar einsperrt und was ist mit den Oberen, die gehen wie immer straffrei aus oder kaufen sich frei mit dem Geld aus illegalem Handel ?

    Diese sog. Friedensrichter, die wegen der Vergewaltigungen dort unterwegs sind, ist doch eine reine Lachnummer. Würde die Justiz funktionieren, könnte man Sammelklagen machen. Aber die Herrschaften kennen arbeiten ja nicht. Wenn die vor solchen Anklagen so lange diskutieren, wie es allgemein dort üblich ist, wird nie eine Verhandlung stattfinden können. Schmieren kann man sie nicht damit sie in Bewegung kommen, weil die Opfer nichts mehr haben, außer ihr nacktes, beschissenes Leben mit einem Kind im Arm das sie täglich daran erinnert was geschah..

     

    Also sind sie in ihrem Ganzen Elend allein gelassen, mit ihren schweren Verletzungen, Verstümmelungen, finanziellen Drama und den Kindern der Vergewaltiger.

     

    Die weltweite Gleichgültigkeit gegenüber dem Kongo und all der Vergewaltigten (auch Männer)schreit zum Himmel.