Frauen beim Fußball in Saudi-Arabien: Eine kleine Revolution
Den saudi-arabischen Frauen werden schrittweise Rechte eingeräumt: Sportunterricht, Autofahren, Kino. Und nun der Besuch von Fußballspielen.
Wenn am Freitag um 18 Uhr Ortszeit in Dschidda der Professional Saudi-League der Tabellenzweite Al-Ahli gegen Al-Batin im Prinz-Sultan-bin-Fahd-Stadion antritt, dürfen in der 25.000 Zuschauer fassenden Arena erstmals auch Frauen Platz nehmen. Das teilte das Informationsministerium am Montag mit. Bereits im Herbst hatte sich die Regierung grundsätzlich für diesen Schritt der Liberalisierung entschieden.
Die allgemeine Sportbehörde werde „die Stadien in Riad, Dammam und Dschidda sanieren, um ab 2018 Familien empfangen zu können“, teilte ein Behördensprecher den Arab News Ende Oktober mit. Ende September hatte man erstmals eine Ausnahmeregelung erlassen, damit Frauen die Feierlichkeiten zum Nationalfeiertag im König-Fahd-Stadion in der Hauptstadt Riad verfolgen konnten.
Die nun für die Fußballprofiliga beschlossene Lockerung ist vorerst noch ortsgebunden und gilt auch nicht für alle Begegnungen. Nach Angaben der Regierung dürfen Frauen in diesem Monat zwei weitere Spiele der ersten saudischen Liga besuchen, und zwar in der Hauptstadt Riad und in Dammam im Osten des Landes. Zudem sind mit der neuen Offenheit gewisse Restriktionen verknüpft: Frauen werden nur in Begleitung der Familie eingelassen und dürfen ausschließlich in speziell dafür eingerichtete Familienblöcke.
Der Staatsbeamte Abdul Rahman al-Qadheeb erklärte gegenüber den Arab News, man habe sich auf drei Stadien beschränkt, um zu evaluieren, wie die Entscheidung am besten umgesetzt und auf andere Stadien dann erweitert werden kann. Bereits im Jahr 2013 hatte der Präsident des Nationalen Fußballverbands SAFF, Ahmed Eid, angekündigt, Frauen dürften künftig in das neue gebaute Fußballstadion von Dschiddah. Nachdem er sich aber immenser Kritik im Lande ausgesetzt sah, erklärte er, lediglich seine private Meinung kundgetan zu haben.
Erzkonservative religiöse Machteliten
Nun ist Mohammed bin Salman seit seiner Ernennung zum saudi-arabischen Kronprinzen im vergangenen Juni dabei, seinen angekündigten Reformkurs umzusetzen, und stößt nicht nur die erzkonservativen religiösen Machteliten im Lande vor den Kopf. Mit einer aggressiven außenpolitischen Ausrichtung insbesondere gegen Katar hat er sich auch jenseits von Saudi-Arabien Feinde gemacht.
Im Sommer erlaubte das saudi-arabische Bildungsministerium die Teilnahme von Mädchen am Sportunterricht staatlicher Schulen, wenig später folgte die Aufhebung des Autofahrverbots für Frauen. Und auch das Verbot von Kinos ist mittlerweile aufgehoben.
Der Schach-Weltverband Fide feierte jüngst die „historische Einigung“, dass bei der Blitzschach-WM (26. bis 30. Dezember) in Saudi-Arabien die Spielerinnen von den Bekleidungsvorschriften ausgenommen wurden und beim Wettkampf kein Kopftuch tragen mussten. Noch ein Jahr zuvor hatte ein islamischer Großmufti Schach in Saudi-Arabien für „verboten“ erklärt. (Lesen Sie hier einen Kommentar zum Thema)
Keine Visa für Israelis
Aber auch bei dieser ersten Schach-WM in Saudi-Arabien fiel das Nebeneinander von Liberalisierung und Repression auf. Denn der israelischen Delegation wurde der Zugang zum Turnier verweigert. Saudi-Arabien hat Israel nie anerkannt, so wurden den sieben israelischen Schachspielern die Visa verweigert.
Auch im Iran wird den Frauen noch der Zutritt zu den Stadien verweigert. Eine Diskriminierung, die nach den Statuten des Internationalen Olympischen Komitees und des Weltfußballverbands Fifa ohnehin schon lange sanktioniert werden müssten. Laut IOC-Charta etwa dürfen nur Länder an Olympischen Spielen teilnehmen, in denen es keine Diskriminierung gibt.
Vor Konsequenzen haben sich die großen Sportverbände aber auch aufgrund der großen Geldzuflüsse in den Sport etwa aus Katar und Saudi-Arabien gescheut.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung