Frauen-Fußball: Wie Wolfsburg den Sprung der Bayern verhindern will
Die Bundesliga legt ihr Topspiel auf Freitagnachmittag. Das sorgt für Kritik. Denn es steht eine Vorentscheidung über die Meisterschaft an.
Sydney Lohmann hat nicht vergessen, wie amateurhaft bei ihrem Wechsel zum FC Bayern München vor acht Jahren alles anfing. Als die Fußballerinnen allenfalls ein Anhängsel waren. Ausgelagert vor den Toren der Stadt, weil nirgendwo ein passender Sportplatz für die Frauen zu finden war. „Damals haben wir noch in Aschheim trainiert, hatten nur eine Kabine und keinen Kraftraum“, erzählte die deutsche Nationalspielerin in einer digitalen Pressekonferenz. Seitdem sei es aber in Riesenschritten vorangegangen.
„Die Infrastruktur und die Bedingungen wurden mit den Jahren immer besser. Das macht den Verein attraktiv, deshalb sind auch gute Spielerinnen zu uns gekommen und geblieben. International sind wir top dabei.“ Und national ja sowieso. Für den FC Bayern werden mit dem Topspiel der Bundesliga gegen den VfL Wolfsburg (Freitag 16.55 Uhr/ZDF) die Wochen der Wahrheit eingeläutet. Bei einem Sieg hätte der Meister sechs Punkte Vorsprung vor dem Pokalsieger. Dann bliebe nur Eintracht Frankfurt als letzter Verfolger.
Auf die Bayern warten danach gleich die Champions-League-Viertelfinals gegen den Rekordgewinner Olympique Lyon (18. und 26. März), dazwischen liegt das DFB-Pokalhalbfinale gegen die TSG Hoffenheim (22. März). Mittelfeldspielerin Lohmann, die überzeugend die verletzte Europameisterin Georgia Stanway vertritt, blickt mit Vorfreude auf die vielen Höhepunkte. „Jede von uns hat Bock auf diese Spiele. Es geht Schlag auf Schlag. Die Dreifachbelastung wird kein Nachteil für uns sein“, versichert die 24-Jährige, die seltsamerweise von Bundestrainer Christian Wück für die jüngsten Länderspiele nicht berücksichtigt wurde. Dabei würde eine solche Dampfmacherin auch den DFB-Frauen gut zu Gesicht stehen. Lohmann begreift das als „Extramotivation“.
Tommy Stroot, Trainer des VfL Wolfsburg
Sie lehnte im vergangenen Jahr aus Überzeugung attraktive Auslandsangebote ab („ich habe als Kind schon das Bayern-Trikot getragen und an der Säbener Straße Unterschriften gesammelt“), nun haben gerade Topstürmerin Klara Bühl und Toptalent Alara Şehitler neue Verträge unterschrieben. „Die Verlängerungen sind nicht nur für Bayern, sondern auch die Liga ein wichtiges Statement“, sagte Bayern-Trainer Alexander Straus, wohl wissend, dass der Konkurrent Wolfsburg erneut Leistungsträgerinnen verliert: Torhüterin Merle Frohms oder Flügelstürmerin Jule Brand werden wohl ins Ausland wechseln, nachdem der VfL bereits vergangenen Sommer mit Dominique Janssen, Lena Oberdorf und Ewa Pajor eine komplette Achse an Topkräften verlor.
Wolfsburg: Spielstärke trotz vieler Abgänge
Umso erstaunlicher, dass die „Wölfinnen“ sich wieder oben festgebissen haben. Und sie gewannen gegen die Bayern fünf der letzten zehn Duelle, darunter neben dem Pokalfinale (2:0) den Vergleich in der Hinrunde (2:0). Vor keinem Gegner hegen die Münchnerinnen so viel Respekt. „Wolfsburg ist eine Mentalitätsmannschaft“, warnt Lohmann. „Das macht sie extrem gefährlich.“ Wolfsburgs Trainer Tommy Stroot freut sich auf die Möglichkeit, mit einem Sieg gegen Bayern gleichzuziehen. „Das ist eine Ausgangskonstellation, die hätte ich definitiv vor der Saison so unterschrieben.“
Was ihn allerdings stört, ist die Ansetzung: Immer wieder würden solche Partien zu Zeiten angepfiffen, die „eines Topspiels wirklich nicht würdig“ seien, klagte der 36-Jährige, der eine Anstoßzeit um kurz vor 17 Uhr als „alles andere als optimal“, bezeichnete. Das gilt übrigens auch für den Spielort, weil die Bayern in dieser Saison für alle Heimspiele strikt auf ihrem nur 2.500 Plätze bietenden Campus bleiben. Ein professioneller Rahmen für Topspiele sieht anders aus. Dabei haben es doch Giulia Gwinn und ihre Mitspielerinnen vergangenen Sonntag genossen, beim 1. FC Köln vor mehr als 35.000 Zuschauern anzutreten.
Dass nicht mal für den Champions-League-Kracher gegen Lyon der Umzug in die Allianz-Arena erfolgt, ist eigentlich ein Unding. Bei den bisherigen vier Partien in Fröttmaning – die letzte im Oktober 2023 gegen Eintracht Frankfurt (0:0) – kamen zwar nie genügend Besucher, um die hohen Betriebskosten zu decken, dennoch passt die Haltung der FCB-Bosse nicht zur Entwicklung der eigenen Fußballerinnen, wo doch ansonsten alles so professionell geworden ist.
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