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Frankreichs Präsident und „Gelbwesten“Macron sagt „weiter so“

Seit fünf Monaten gehen die Gelbwesten in Frankreich auf die Straße. Nun äußert der Präsident sich zu ihren Forderungen und macht Zugeständnisse.

Präsident Emmanuel Macron will an den geplanten Reformen festhalten Foto: ap

Paris afp/dpa | Trotz fünfmonatiger Sozialproteste der „Gelbwesten“ und einer monatelangen Bürgerdebatte will Frankreichs Präsident Emmanuel Macron seine Reformpolitik fortsetzen. Er werde die „Umwandlung“ des Landes weiter vorantreiben, sagte Macron am Donnerstag vor Journalisten und Kabinettsmitgliedern.

Als Zugeständnisse an die Protestbewegung kündigte er unter anderem erleichterte Referenden an sowie eine mögliche Rückkehr zur Vermögensteuer, die er weitgehend abgeschafft hatte. Die Maßnahme werde im kommenden Jahr überprüft, sagte er im Elysée-Palast.

Auch wolle er die Einkommensteuer „deutlich“ senken. Es gehe um Erleichterungen „für diejenigen, die arbeiten“, sagte Macron. Bis zum Jahr 2022 sollten keine Krankenhäuser und Schulen im Land geschlossen werden. Eine Schließung der Elitehochschule ENA, über die zuvor spekuliert worden war, lehnt der Präsident dagegen ab.

Macron versprach, es nicht bei wirtschaftlichen Veränderungen zu belassen – auch politisch solle sich etwas tun: Die Zahl der Abgeordneten im Parlament solle reduziert werden, erklärte er. Zugleich solle das Wahlsystem so angepasst werden, dass es die unterschiedlichen Parteien im Land besser widerspiegele. „Wir können besser werden“, sagte er über das Parlament. Es könne „effizienter“ werden. Konkret sagte Macron, einige Sitze in der Nationalversammlung – dem Unterhaus des französischen Parlaments – sollten durch ein Proporzsystem besetzt werden.

Der seit knapp zwei Jahren amtierende Macron hatte mit der Bürgerdebatte auf die Dauerproteste der „Gelbwesten“ reagiert. Die Demonstrationen der „Gelbwesten“ hatten die bisher größte politische Krise in Macrons Amtszeit ausgelöst.

Macrons Auftritt war wegen des Großbrandes der Pariser Kathedrale Notre-Dame um gut eine Woche verschoben worden.

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4 Kommentare

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  • Er werde die „Umwandlung“ des Landes weiter vorantreiben, sagte Macron

    Ja. Macron ist der Gerd Schröder Frankreichs. Die Steuern senken und dann die indirekten Steuern erhöhen und die Staatsbetriebe privatisieren, die Macht der Gewerkschaften, wo es sie noch gibt, reduzieren, die Konkurrenz an Parteien und Politikern traktieren und terrorisieren. Was Macron Modernisieren nennt, ist ein Versuch, eine neue Republik mit Dauerregenten Macron zu installieren, bin gespannt, ob er noch eine dritte Amtszeit für sich selbst einführen will. Dass französische Präsidenten mächtig sind, ist ihm egal, er will mehr. Seine von PR-Leuten erfundene Partei hat eigentlich keine Substanz und kriegt nun die Wut ab, die sich bildet, wenn so eine PR-Schrott mit der Realität abgeglichen wird. Und wieder ist es im Kern doch so, dass arme Arbeitnehmer in Frankreich am stärksten benachteiligt sind - bei Macron noch mehr, er bietet nicht mal mehr ideologische Motive an, sondern er hat nichts zum Anbieten. Und der französische Staat braucht hohe Steuereinnahmen, wenn er irgendwo Steuern senkt, muss er das Geld woanders weg nehmen. Wo wird er das wohl tun?

    • @Andreas_2020:

      Und nachdem MAcron in Frankreich den Gerd gemacht hat, wird man hierzulande nach der Wiederherstellung des Wettbewerbsvorteils schreien (tut man bei den Unternehmenssteuern schon jetzt). Und so dreht sich die Spirale...

  • www.welt.de/wirtsc...u-teilen.html,WELT online, 14.01.2018



    „…Ein reiches Land wie Deutschland muss lernen, seinen Wohlstand mit anderen Ländern zu teilen und Innovationen dafür zu nutzen, das Klima zu retten.““



    www.faz.net/aktuel...eren-15611872.html, Forderungen in Milliardenhöhe : Frankreichs Banken haben in Italien am meisten zu verlieren,-Aktualisiert am 28.05.2018-19:06 Frankreichs Banken haben mit Abstand die meisten Kredite in Italien ausstehen. Kein Wunder also, dass Präsident Macron in Sachen EU-Einlagensicherung auf die Tube drückt. Die französische Großbank hat in ihrem Geschäftsbericht 2017 das Italien-Risiko auf 154,3 Milliarden Euro beziffert, davon rund 17 Milliarden Euro gegenüber der öffentlichen Hand.



    Warum Frankreich zur Gefahr für Europa wird! Veröffentlicht am 02.06.2016, | www.welt.de/wirtsc...r-Europa-wird.html,

    • @Vordenker112:

      Wenn irgend etwas eine Gefahr für Europa darstellt, dann ist es Deutschland. Ständig auf der Bremse, wenn es um Verbesserungen bei der Bekämpfung der kommenden Klimakatastrophe (den Kohleinvestoren zuliebe), blockieren von notwendigen Investitionen mit der von ihr massgeblich durchgedrückten Austeritätspolitik, usw. usf.

      Aber den Rahm abschöpfen und sich auch noch als "Exportweltmeister" brüsten... auf den Rücken derer, die durch HartzIV prekarisierten.

      Nicht, dass Macron mir sympathisch wäre. Aber ein Analogon zum Länderfinanzausgleich brauchen wir in der EU, wenn uns der ganze Kram nicht um die Ohren fliegen soll /tut es gerade).